Eigentlich klingt es fast unglaublich: Trump will den Panamakanal und Grönland den USA einverleiben. Und Kanada soll freiwillig der 51. Bundesstaat der Vereinigten Staaten werden.
Was vor ein paar Monaten noch als Wahlkampfgewäsch abgetan werden konnte, muss man jetzt als ernst gemeinte Überlegung eines amtierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika zur Kenntnis nehmen.
Tatsächlich sind die Überlegungen bezüglich des Panamakanals und Grönlands aus geopolitischer Sicht gar nicht so abwegig.
China verfolgt seit Jahren eine klare Strategie, sich weltweit strategisch wichtige Häfen zu sichern. Ein Beispiel dafür ist der Hafen von Piräus in der EU, an dem China über die Reederei COSCO einen 67-prozentigen Anteil hält.
China hat auch in den letzten Jahren massiv in die Infrastruktur rund um den Panamakanal investiert. So betreibt ein chinesisches Unternehmen etwa den Containerterminal im Hafen von Balboa, der am Pazifikende des Kanals liegt.
Die Pläne der Chinesen, einen Konkurrenzkanal in Nicaragua zu bauen, wurden allerdings vorerst auf Eis gelegt. Ein Kanal in chinesischer Hand würde die politische Lage in Südamerika grundlegend verändern.
Für die USA wäre der Worstcase jedoch eine Blockade des Panamakanals – sei es durch China oder andere Akteure – im Falle einer Krise im Pazifik, beispielsweise im Zusammenhang mit Taiwan. Eine solche Blockade könnte die Mobilität der US-Navy und den Handel massiv beeinträchtigen und hätte weitreichende geopolitische Folgen.
Was Grönland anbelangt, so sind die USA seit 1941 militärisch präsent, dank eines Abkommens mit der dänischen Exilregierung während der Besetzung Dänemarks durch die Deutschen. Die Insel war wichtig für das Erfassen von Wetterdaten für die Aliierten und ein Hub für Militärmaschinen auf dem Weg nach Europa.
Auch nach dem Krieg blieb Grönland für die USA von starkem geopolitischen Interesse. Während des Kalten Krieges errichteten die USA die Thule Air Base im Norden der Insel, die bis heute eine strategisch wichtige Basis für die Verteidigung Nordamerikas darstellt. Noch immer ist eine strategische Partnerschaft zwischen den USA und Grönland in Kraft.
Das wirft die Frage auf: Ist Europa überhaupt in der Lage, die strategisch wichtige und rohstoffreiche Insel im Nordatlantik eigenständig (ohne den Natopartner USA) gegen einen potenziellen Gegner wie Russland zu verteidigen und gleichzeitig die Interessen des Westens in der Arktis zu schützen – oder bleibt dies ohne die Unterstützung der USA illusorisch?
Allerdings hat die Sache für Trump einen kleinen Haken – die Grönländer verspüren wohl kaum Lust, sich den USA anzuschliessen. Eine Mehrheit von 60% ist aktuell wieder bereit, der EU beizutreten. (1973 stimmten 70% der Grönländer gegen einen Beitritt Dänemarks und ein paar Jahre später 53% der inzwischen autonomen Grönländer für einen Austritt aus der EWG.) Das wahrscheinlichste Szenario: Die Grönländer werden sich vollständig von Dänemark lösen und selbstständig bleiben. Unter dem Schutzschirm der USA.
(Kanada – Schwamm drüber, Punkt. Noch immer ist King Charles III der Souverän Kanadas)
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Kurz vor Weihnachten habe ich auf X geschrieben:
2025 Yalta Conference: Putin, Trump, and Xi Jinping carve up the world, with Russia securing Ukraine, the USA gaining control of the Panama Canal and Greenland, and China annexing Taiwan.
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Trumps Aura von Macht und Entschlossenheit könnte jedoch schon in wenigen Monaten verblassen. Sollte die Ukraine fallen, wäre das zweifellos eine schwere Niederlage für die USA und ihren Präsidenten.
Putin scheint vom neuen Präsidenten ohnehin kaum beeindruckt zu sein. Er hat sämtliche Ideen Trumps schlicht und einfach zurückgewiesen. Angesichts der tatsächlichen Lage auf dem Schlachtfeld sieht er offenbar keinen Anlass, Zugeständnisse machen zu müssen.
Das entsprach sicherlich nicht Trumps Vorstellungen, als er verkündete, er könne ein Friedensabkommen in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden erreichen, letzte Woche verlängert um ein halbes Jahr.
Er sah sich als Dealmaker, als gefeierten Staatsmann, der Putin zu einem Abkommen bewegt und die Welt vor den Schrecken eines weiteren endlosen Krieges bewahrt.
Er will als Sieger dastehen.
Seine Pläne sahen jedoch mit Sicherheit nicht vor, dass er abgelehnt, übergangen und am Ende in den Augen der Welt als gescheitert wahrgenommen werden könnte.
Wenn die Lage nicht so ernst wäre, würde ich jetzt zu 🍿 greifen.
Rampass meint
Die Frage, ob „Europa“ – besser die EU – in der Lage wäre, Grönland ohne Hilfe der USA zu verteidigen, dürfte wohl rein rhetorischer Natur sein. UK ist ja nicht mehr dabei. Und die „EU-Armee“ besteht aus periodischen Ankündigungen. Mehr ist nicht. Ohne die Hilfe der USA geht nix. Das war schon beim Jugoslawien-Krieg vor 30 Jahren so. Ziemlich bitter für die EU-Fans.
U. Haller meint
betr. die „EU-Armee“: Verlass ist in dieser Hinsicht bald nur noch auf Frankreich. Oder, man staune, auf Polen. Die illusionäre Zeit der linken „Frieden schaffen ohne Waffen“-Anhänger ist auf jeden Fall endgültig vorbei. Aber unsere wohlstandsverwöhnte Gesellschaft schläft munter weiter.
P. Keller meint
Aber das kann Ihnen doch nur recht sein, geschätzter Herr H. Sind Sie doch (wie hier in Herrn Messmers Lesezirkel vermerkt) ein aufrechter Trump-Befürworter.