Es ist ein Elend. Das mit der Gleichstellung von Mann und Frau. Fünfzig Jahre nach der grossen 68er-Revolution, die alles ändern sollte. Die ernüchternde Wahrheit: Es hat sich kaum etwas geändert.
Und die Frauen sind selbst schuld.
Ein Satz, der darauf hindeutet, dass dies eine politisch ziemlich unkorrekte Kolumne wird. Ich bin es nämlich ziemlich leid, mir weiter das Gerede von Chancengleichheit, geringeren Löhnen und Quotendruck anhören zu müssen.
Ich bin sauer, weil ich kürzlich mal wieder ziemlich viele Bewerbungsunterlagen durchgelesen habe.
Und weil es sich um eine 50-Prozent-Stelle handelte, haben sich nur Frauen beworben. Gegen hundert.
Nicht alle haben Kinder, doch davon weiter unten.
Das waren alles gut ausgebildete Frauen, die meisten mit einem Hochschulabschluss und zusätzlichen Weiterbildungen. Fast alle so um die dreissig, in dem Alter also, wo es ernst gilt.
Polemischer Gedanke beim Sichten der Unterlagen: Lohnt es sich überhaupt für uns, die Gesellschaft, in die akademische Ausbildung von Frauen zu investieren? Schliesslich kippt die Bildungsrendite bei einem 50-Prozent-Pensum ins Minus. Das heisst verständlich ausgedrückt: Wir alle zahlen für etwas, das viel weniger als erhofft bringt.
Fünf Jahre nach dem Medizinstudium sind die meisten Ärztinnen teilzeitbeschäftigt.
Weshalb gemäss FMH eine Arztperson gerade mal 4,4 Tage pro Woche arbeitet (im ambulanten Sektor gilt die Viertagewoche).
Während des Studiums sind Frauen mit einem Anteil von 56 Prozent klar in der Mehrheit, doch dreht sich die Quote in den Niederungen des Arbeitsalltags zu einem 59-Prozent-Männer-Anteil.
Weshalb die Frage, warum noch immer die meisten Chefärzte Männer sind, sich selbst beantwortet.
50 Jahre nach der grossen Gleichstellungsrevolution ist es so, wie es schon seit Generationen war: Männer haben keine andere Option als den Beruf. Sie müssen Vollzeit dran bleiben, auch wenn sie die Dreissig überschritten haben und es ums Überleben im Haifischbecken geht.
Das ist der Zeitpunkt, wo die meisten Frauen nicht mehr mitmachen (wollen).
Wo sie, wie kürzlich einer boshaft meinte, «zum goldenen Fallschirm» greifen und Kinder bekommen und sich in die Teilzeitarbeit zurückziehen (können), weil es in der Regel noch immer so ist, wie es ist:
Der Mann trägt für die Familie das finanzielle Risiko.
Und damit wären wir beim Dreh- und Angelpunkt der Gleichstellungsgeschichte: Bei der Kinderbetreuung.
Es sollte sich inzwischen rumgesprochen haben, dass sich auch die neue Generation von Männern nicht paritätisch um Kind und Haushalt kümmern (wollen). Weshalb ich mich wundere, dass die Frauen diese fruchtlose Diskussion noch weitere fünfzig Jahre fortsetzen möchten.
Statt das Heft politisch endlich selbst in die Hand zu nehmen.
Bei einer Scheidungsrate von 42 Prozent ist die Wette auf die Finanzierung des Lebensunterhalts durch den Ehemann ziemlich riskant.
Wäre die Kinderbetreuung Männersache, dann wären Tagesschulen schon längst eine Selbstverständlichkeit. Und die würden nicht wie heute durch das Einkommen der teilzeitarbeitenden Ehefrau zusatzfinanziert, sondern über die Steuern.
Mein Verdacht: Ihr wollt es gar nicht anders als so, wie es schon immer war. Dann bleibt nur die Quote. Welch ein erbärmliches Zugeständnis.
PS: Kürzlich eine Sendung über die Zukunftsfelder Robotik und Kybernetik: Unter den Studierenden keine einzige Frau.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 25. Juli 2018. Die Kolumne nächsten Mittwoch fällt wegen des Nationalfeiertags aus.
Baresi meint
… ob es wirklich das Lebensziel sein soll Karriere zu machen. …
Ein wichtiger Punkt. In der Schweiz geht es vielen materiell so gut, dass man sich diese Frage ernsthaft stellen kann. Bereits in den angrenzenden Nachbarländern sieht das wahrscheinlich etwas anders aus.
Sissachr meint
OMG. Nach dieser Kolumne werden Sie aber einige Zeitgenossinnen auf den Scheiterhaufen wünschen. Aus meiner Sicht (geschieden, zwei Jobs, also ca. 120% Arbeitspensum + Haushalt ) sind die meisten Aussagen ziemlich i.O. Ich habe Töchter, denen rate ich immer: „Wenn ihr Kinder wollt: Heiratet!“. Söhnen würde ich was anderes raten.
Bei uns im Geschäft gibt’s kaum eine Frau – ob mit oder ohne Kinder – die nicht Teilzeit arbeitet. Ich weiss nicht, ob die auch noch die Socken bügeln. Ich hab einzig eine Putzfrau, die alle zwei Wochen kommt, den Rest schafft man an nem Samstagmorgen.
Karl meint
Soweit alles o. k mit Tagesschulen. Ein Aspekt wurde aber nicht erwähnt:Die Tages Betreuungs Strukturen (vor der Schule) sind preislich komplett falsch aufgegleist. Die genannten bildungsstarken Schichten müssen einkommensabhängige Tarife bezahlen, wobei sich das 50% Arbeitsengagement der Mutter überhaupt nicht auszahlt. In gewissen Kantonen mit progressiven Steuertarifen ist es sogar ein Minusgeschäft, arbeiten zu gehen. Zudem wird durch die Tarifstruktur (Einkommensschwache bezahlen wenig oder nichts, diejenigen mit Einkommen letztlich zuviel) vorgegeben, dass die Mischung in den Tagesstrukturen dann sehr einseitig bildungsfern daherkommt, was wiederum die einkommenstärkeren davon abhält, ihre Kinder extern zu betreuen, dann bleibt die Mutter (mit Hochschulabschluss u.a.) halt gleich zuhause. Nicht mal eine 50% optionale Rendite.
Arlesheimreloadedfan meint
Wie in den Altersheimen,die von Politiker verwaltet werden.
Bringold Margareta meint
Wenn ich Sie richtig verstehe, müssten die sogenannten bildungsfernen Schichten zu Hause bleiben und ihre Kinder selber betreuen und die sogenannten einkommensstärkeren mit Hochschulabschluss ihre Kinder in die KITAs geben um das Bruttosozialprodukt zu steigern? Tönt für mich ziemlich arrogant. Ist es nicht gerade für sogenannte bildungsferne Schichten wichtig im Arbeitprozess zu sein? Diese haben nämlich das grösste Armutsrisiko und landen bei bei einer Scheidung häufig in der Sozialhilfe. Und gerade Kinder aus sogenannt bildungsfernen Kreisen haben es am nötigsten, in Tagesstrukturen betreut und auch gefördert zu werden. MM. hat insofern recht, dass es sich für gut ausgebildete Mütter finanziell oft nicht lohnt zu arbeiten, weil die Betreuungskosten sehr teuer und die Steuerabzüge limitiert sind. Aber dafür den Frauen die Schuld in die Schuhe zu schieben ist auch nicht richtig. Der einzige Vorwurf, den man Müttern und Väter machen kann, dass sie politisch zu wenig tun um diese Situation zu verändern. Mit bezahlbaren Betreuungsangeboten und steuerlichen weitergehenden Abzugsmöglichkeiten wäre schon viel getan. Zudem verteuert auch die Ueberregulierung die Krippenplätze. Weniger wäre da mehr.
Weiter fände ich es auch überlegenswert, ob es wirklich das Lebensziel sein soll Karriere zu machen. Teilzeitarbeit für junge Väter aktiv zu fördern wäre auch möglich. Um die bessere Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit zu fördern, wären die Politiker und Politikerinnen gefordert. Solange die Politik von alten Männern in zerknitterten grauen Anzügen dominiert wird, wird es lange dauern, bis sich da etwas ändert. Deshalb liebe Eltern: Nächsten Frühling sind im Baselbiet Wahlen. Lasst euch in den Landrat wählen und setzt euch politisch für die Interessen der Eltern ein.