Ich meine, das Phänomen ist schon seit längerem bekannt, dass sich die Programme der Parteien kaum mehr unterscheiden. Fürs nicht so festgelegte Auge, also für den Normalbürger.
Nachdem die letzte grosse ideologische Schlacht ums Auto geschlagen ist, können sich die Bürgerlichen in Basel endlich auf die urbane Zukunft konzentrieren.
Wobei wenn ich „bürgerlich“ schreibe, meine ich eigentlich nur die FDP.
Die LDP ist eine Familienclan-Partei, die derzeit Erfolg hat, weil es in Basel offenkundig genügend Royalisten gibt, die glauben Vischer und Burckhardt sei besser als Müller und Meier.
Bourgeoiser Adel scheint in diesen Kreisen sexy zu sein.
Die SVP ist eine Nischenpartei, wobei man nicht mal mehr von einer Stammtischpartei reden kann. Schliesslich will man ja die Leute, die sich gelegentlich zu einem Bier treffen, nicht pauschal beleidigen.
Zumal der Stammtisch in der Harmonie fest in der Hand von links-liberalen Akademikern und zugewandter Orte ist.
Die CVP, auch eine Familienclan-Partei von allerdings später Zugezogenen, ist am implodieren, weil „katholisch“ als gemeinsamer Nenner mit den Missbrauchsskandalen der Kirche zum kollektiven Schandfleck wurde.
Das ist auch der eigentliche Grund, weshalb der Oberpräsident der Partei dafür weibelt, das „Christlich“ aus dem Parteinamen zu streichen.
Ergo bleibt nur die FDP, wo es sich lohnt, ein paar Gedanken zu verlieren.
Deren Parteimitglieder haben jetzt zwei Möglichkeiten: Sie schliessen die Pforten und treten der LDP bei. In einem Marsch durch die Institutionen machen sie die Partei zu dem, was sie gesamtschweizerisch schon ist: eine FDP.
Oder sie erneuern sich und nehmen sich dabei die britischen Torys zum Vorbild.
Die haben nämlich gerade die grösste Revolution in ihrer Geschichte eingeleitet. Die Oxbridge-Elitepartei besetzt ohne Skrupel linke Positionen der Labourpartei und hat Erfolg damit.
Umgesetzt auf die politische Situation in Basel bedeutet dies, dass sich die FDP konsequent Richtung Grün ausrichten muss.
D.h., dass als nächstgelegenes Ziel die politische Verdrängung der Grünliberalen erreicht werden muss.
Weil es die Grünliberalen in Basel nicht braucht, wenn die FDP in deren Politfeldern Tritt fasst.
Es ist doch ziemlich erstaunlich, dass die gerade mal 3-Leute-im-Grossen-Rat-Partei ernsthaft den Anspruch auf einen Regierungssitz diskutiert.
Die tun das nicht, weil sie stark sind, sondern weil die FDP schwach ist.
Doch was macht die Grünliberalen derzeit zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung in Basel und in Zürich bei Wahlen so erfolgreich?
Sie besetzen mit ihren Themen die Haltung des städtisch-bürgerlichen Mainstreams. Und zwar all diese Themen, welcher dieser urban-modernistische Wählerkreis in Umfragen als erstrebenswert bezeichnet.
Ergo: übernehmen.
Darf man das?
Aber klar doch, weil Politik kein Schönheitswettbewerb ist, sondern der Kampf um Stimmen und Macht.
Schützenhilfe wird man von der SP bekommen, weil sie angesichts der Schwäche des bürgerlichen Lagers einsehen muss, dass die Grünen und die Basta keine Verbündete gegen Rechts mehr sind, sondern angesichts der neuen politischen Tatsachen in Basel brandgefährliche Gegner am linken Rand.
Die SP wird alles tun müssen, um die Basta und die Grünen auf Distanz zu halten.
Und die Grünliberalen der FDP überlassen.
Man sollte deshalb davon ausgehen, dass die SP mit vier Regierungsratskandidaten antreten wird, mit zwei Frauen und zwei Männern.
Schliesslich wackeln drei Regierungsratssitze: die beiden von Baschi Dürr und Lukas Engelberger und gemäss Journalistenmeinung auch der von Elisabeth Ackermann.
(Ein grünliberaler Wahlcoup wäre, Esther Keller fürs Regierungspräsidium antreten zu lassen; etwas anderes können die gar nicht in Betracht ziehen.)
Wird die FDP die Erneuerung bis in den Wahlherbst schaffen?
- Nein, dazu fehlt denen das Personal (66%, 21 Votes)
- Ja, weil viel zu verlieren haben die nicht mehr (34%, 11 Votes)
Total Voters: 32

Karl Linder meint
Nette These, die FDP solle Grünliberal einverleiben. Ob man dann diejenigen wählt, welche bis vor kurzem Richtung SVP geschielt haben, vom Wählerpotenzial her betrachtet? Und jene, die mit altem Altherren Blick das neue urbane Leben negiert haben? Man wird sehen, wer sich hier durchsetzen wird.