Da gibt es also vier Unternehmer, die reden mit Herrn Feusi, früher BaZ heute Tamedia, und schon haben wir den Aufreger „Schweizer Firmen fordern besseres EU-Abkommen“.
„Die Schweiz muss mit der EU nachverhandeln“, fordern die Mannen ohne politisches Mandat.
Patrons alter Schule offensichtlich, die sich einbilden, man bringe als Firmeninhaber und Grossaktionär einiges politisches Gewicht auf die Waagschale.
Schliesslich bezahlt man stolze Summen für Abstimmungs- und Wahlkämpfe, ohne dass man diese Spenden – anders als in allen anderen Demokratien – öffentlich deklarieren muss.
Das gehört schliesslich zu UNSEREM System der direkten Demokratie, sonst würde die gar nicht funktionieren.
Nun kann man es ja durchaus belustigt zur Kenntnis nehmen, dass Unternehmer, die 95% ihres Umsatzes im Ausland und davon lediglich 30% ausserhalb der EU erzielen, meinen, das Rahmenabkommen gefährde ihre und des Landes Unabhängigkeit.
Amüsiert deshalb, weil sie für die allermeisten ihrer Geschäfte EU-Normen und -Vorschriften einhalten müssen und europäischem Recht unterstehen.
Doch politisch brandgefährlich wird die Sache – oder sind die einfach nur naiv? – wenn die Unternehmenspolitiker dafür plädieren, doch zunächst die EU-Wahlen abzuwarten: „Dann wird die EU ein neues Kapitel aufschlagen.“
Mit anderen Worten, die EU-fixierten Selbsthypnotiker wetten darauf, dass diejenigen im frischgewählten EU-Parlament einen deutlichen Stimmenzuwachs erwarten dürfen, welche die „illiberale Demokratie“ in Europa durchsetzen wollen.
Oder zumindest mit „einer speziellen autoritären Art der repräsentativen Demokratie“, auf Kollisionskurs mit dem „alten Europa“ gehen wollen.
Angeführt von Herrn Orban und anderen, die der Schweiz zu einer besseren Verhandlungsposition gegenüber „Brüssel“ verhelfen sollen.
Die liberalen Demokraten werden das wohl erstaunt zur Kenntnis nehmen.
Was man vom Brexit lernen kann: Sich mit der EU auseinandersetzen, bedeutet zunächst einmal eine Wertediskussion zu führen – eine Wertediskussion als Europäer – und erst dann geht das Ringen um Tarife, Normen und Rechtsfragen los.
Weil das so ist, erleben wir derzeit das bislang Undenkbare: den Untergang des britischen Parteiensystems alter Ordnung.
Weil sich Links und Rechts in Kleinstgruppen auflösen und damit chaotische Prozesse einleiten, die niemand mehr beherrschen kann.
Niemandem gelingt es mehr, für irgendetwas eine Mehrheit zu schmieden.
Gut möglich, dass die den Konsens suchende Schweiz ebenfalls in die britische Richtung des politischen Stillstands bewegt, weil es für nichts mehr eine Mehrheit gibt.
Gut, wir haben dann immer noch das Volk, dem man eine Ja-Nein-Frage vorlegen kann und damit meint, das habe etwas mit Demokratie zu tun.