Eigentlich war es nur so ein hingeworfener Satz des Kellners beim Nachschenken des Kaffees am Frühstückstisch: „Enjoying your time, sir?“
Doch nach sechs Wochen Fahrt durch den permanenten Ausnahmezustand blieb dieser Satz zwischen ihm und mir für ein paar Sekunden stehen, um sich schliesslich in den Umgebungsgeschräuschen aufzulösen.
„Enjoying time“, die Stunden geniessen als Daseinszweck, ist der Ghetto-Satz par excellence, das Daseinsziel von Millionen in den Wohlstandszonen der Nordhalbkugel. Wer sich zum Pauschalpreis nach Goa fliegen lässt, will wenigstens für ein paar Tage an dieser Gesellschaftsutopie teilhaben.
Allerdings haben wir so unsere Mühe, mit der Leichtigkeit des Seins. Denn wer allzu stark dieses „Enjoying zur Schau stellt, sich nicht den „Mangel-Optiken der Hüter des politisch Korrekten unterwirft, gilt als Zyniker, als Ignorant.
Denn:
Hiesse das nicht unmittelbar zum Wegschauen von der Tragödie vor den Toren des Luxus aufrufen?
(Sloterdijk, Spähren III)
Wer nicht an der Mangebewirtschaftungsdiskussion teilnimmt, ist ein Sozialabbauer.
So gehört es denn zum politischen Ritual der Wohlstandsgesellschaften, den Mangel zu beschwören, um den Überfluss zu kaschieren.
Hat die Alleinerziehende Mutter, die am Rand der Überflussgesellschaft lebt, aber noch immer mittendrin in der Wohlstandszone, hat die nicht auch das Recht, mal für eine Woche ans Meer zu fahren, um ihr statistisches Wenigerhaben für ein paar Tage beiseite schieben zu können?
Wer für ein paar Wochen mit offenen Augen und wachem Geist durch Indien fährt, hört auf, die Tatsache zu verdrängen: Das Lebensgefühl, das nicht erst jetzt, sondern schon seit Jahren mein Dasein koloriert, ist tatsächlich in der Antwort zusammengefasst: Yes, I`m enjoying my time.