Kürzlich war ich auf der Abdankungsfeier für einen Journalistenkollegen aus alten Zeiten.
Was sage ich: aus derart uralten Zeiten, dass sich die Spuren der Arbeit eines Zeitungsjournalisten nur in Archiven auf Papier und nicht im Netz finden lassen.
Ich habe Raymond Petignat vor über dreissig Jahren aus den Augen verloren.
Hanspeter Platz und ich waren die einzigen aus unserer Gilde, die ihm die letzte Ehre erwiesen haben.
Wie man so sagt.
Aber man geht ja hin, nicht wegen ihm, dem Verstorbenen, sondern wegen den Hinterbliebenen.
Die Abdankung fand in der Antonius-Kirche statt, die Glocken haben geläutet.
Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich zuletzt an einem Gottesdienst teilgenommen habe. Ich glaube, es war Anfang der 90er-Jahre, als sich ein Bekannter von uns in Österreich kirchlich trauen liess.
Stramm katholisch.
Die Predigt des Priesters in der Antonius-Kirche war vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass ich schon seit über fünfzig Jahre kein reformierter Christ mehr bin, recht erstaunlich.
Ich dachte, für einen katholischen Priester sollte das mit dem Jenseits doch ziemlich klar sein: Wer als Katholik stirbt, kehrt heim zu Gott und ist nicht, wie wir anderen, zur Hölle verdammt.
Auf alle Ewigkeit bis zum jüngsten Gericht.
Basta!
Was jedoch dieser Priester in seinem schneeweissen Gewand bot, war eine Art Auswahlsendung.
Weil er wohl wusste, dass mein Journalisten-Kollege, der einst wie ich fürs katholische Basler Volksblatt geschrieben hat, ein eher distanziert-kritisches Verhältnis zu „seiner“ Kirche hatte.
Katholiken seiner Generation taten sich mit dem Austritt aus der Kirche weitaus schwerer als Protestanten.
Der katholische Pfarrer wies einerseits auf die Heimkehr zu Gott hin. Es gebe aber noch andere Erklärungen, was nach dem Tod geschehe.
Zum Beispiel der Weg der Buddhisten mit der Wiedergeburt und deren Konzept des Nirvana als Ende des Kreislaufs des Leidens.
Das war nicht bloss ein Nebensatz, sondern eine ausführliche Darlegung des östlichen Heilswegs, ja man könnte gar sagen: Eine Einführung in die Grundprinzipien des Buddhismus für eine Trauergemeinde.
Während einer römisch-katholischen Abdankungsfeier in der St. Antonius-Kirche.
Eine katholische Bankrotterklärung.
Weil, das wäre vor dreissig, vierzig Jahren kaum vorstellbar gewesen, dass ein katholischer Priester in einem christlichen Gottesdienst die Jenseitsvorstellung von Heiden als interessante Alternative zur christlichen Heimkehr zu Gott nach dem Tod erläutert hätte.
Vor Jahren habe ich mal scherzhaft zum ehemaligen Stadtpfarrer von Liestal – bei einem ausgiebigen Nachtessen und hervorragenden Weinen, was ja bei protestantischen Pfarrherren eher selten anzutreffen ist, gesagt, wenn es denn für mich soweit wäre, würde ich eine Auswahl von Relgionsvertretern fragen: Na, was habt ihr denn so im Angebot fürs Jenseits?
Das wäre schliesslich der richtige Zeitpunkt, um sich zu entscheiden.
Oder halt um dem Unvermeidlichen gelassen seinen Lauf zu lassen.
Chienbäsebärti meint
Natürlich war das keine Bankrott-Erklärung. Bei dem einmal als Pfarrer, später als Priester bezeichneten Leiter der Abdankungsfeier, handelt es sich um den Basler Laientheologen und früheren RKG-Kommunikations-V erantwortlichen Xaver Pfister.
Sein interessanter Exkurs zu den östlichen Jenseitsvorstellungen ist natürlich keine Bankrott-Erklärung als vielmehr ein Blick über den Tellerrand.
Mich erinnerte er übrigens an einen (Sanitäts?)Soldaten der Armee, der auf seine Erkennungsmarke vulgo Grrabstein BUDDHIST gravieren liess.
Auf meinem Grabstein steht unter der Blutgruppe immer noch RÖM.KATH.
M.Frey-Vogel meint
Ob unser Blogwart die Tirade des Herrn Braun auch freigeschaltet hätte, wenn hier von ein Basler Moschee oder Synagoge die Rede wäre? Disclaimer: ich bin auch spirituell komplett vereinslos.
M.M. meint
Ziemlich dümmliche Frage.
Gregor Stotz meint
Ich muss Herrn Braun völlig Recht geben. Diese Glocken terrorisieren das Quartier. Während des Geläutes herscht ein absolutes Sprechverbot. Dieser staatlich tolerierte Lärm schmerzt in den Ohren. Und das Absurdeste an diesem Lärm ist: Er ist völlig sinnfrei!
Peter Braun meint
Das ist so, die Glocken haben gewummert! Das tun die Glocken dieser Kirche täglich, lange und sehr laut. Während die „ Normalen“ angehalten werden sich sozialverträglich zu benehmen, kümmert das die katholischen „Heilsbringer“ einen feuchten Rotz. Es wird täglich mehrmals gewummert, musikalisch absolut wertlos abscheulich aber lärmig. Ein Gespräch auf der Terrasse z. B. Ist nicht möglich. Scheint dem Mann im weissen Röcklein am Arsch vorbei zu gehen. Er denkt sich möglicherweise:“Die sollen doch beten während dem Geklirre vom Flak-Turm.“ Amen.