Am Samstag also lag da diese Basler Zeitung rum. Auf der Seite 2 bin ich hängen geblieben, denn da schreibt Herr Somm. Und vom Herrn Somm habe ich schon einige Monate nichts mehr gelesen.
Ich wurde nicht enttäuscht: es war wieder ein echter Somm.
Und doch wieder nicht. Denn statt sich über die linksaneuropazugrundegehende Schweiz zu enervieren, reibt sich Herr Somm an diesem Samstag unter dem Titel „Stille Tage in Liestal“ (Herr Somm – ein Henry Miller-Fan? oder nur ein Googler, der nicht weiss, um was es in „Stille Tage in Clichy“ geht?“), sei’s drum: Herr Somm kommentiert doch tatsächlich den Fall von diesem Roma-Einbrecher, der von diesem Richter, Sie wissen schon, letzte Woche zu zwei Jahren Gefängnis verdonnert wurde.
Die Staatsanwaltschaft hatte 10 Monate beantragt.
„Wir sassen vielleicht einge gute halbe Stunde im Gerichtssaal des Strafgerichts in Liestal…..“ schreibt Herr Somm gleich im ersten Satz. Moment mal, da war also neben Mischa Hauswirth, dem Rächer der Zukurzgekommenen und einem weiteren BaZ-Reporter, auch noch der Chef persönlich anwesend?
Die BaZ ist zu dritt in diesem Gerichtssaal aufgekreuzt? Wie das?
Einen derartigen Riecher, dass sich da ein Urteil abzeichnet, mit dem lokal auf den Putz gehauen werden kann, einen solchen Riecher haben die bei der BaZ nicht. Schliesslich war das ein Routinefall, wie er tagtäglich verhandelt wird, war der Angeklagte „ein gewöhnlicher Dieb“, wie der Chefredaktor der Basler Zeitung seinen Lesern rapportiert.
Weil man also in diesem Fall die Nase als zielführendes Organ ausschliessen kann, bleibt nur das Ohr.
Die Journalisten der BaZ – TeleBasel war zufälligerweise auch vor Ort – sind „von irgendjemandem“ zu dieser Urteilsverkündigung aufgeboten worden. Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung kann man ausschliessen.
Bleibt nur jemand vom Gericht.
Ich weiss aus langer PR-Erfahrung, dass man eine personell knapp dotierte Redaktion für einen auf den ersten Blick drittklassigen Anlass nur interessieren kann, wenn man, wenn nicht das Ergebnis, dann zumindest den Trend des Anlasses darlegen muss.
Sonst kommt kein Schwein.
Diese Information muss also derart eindeutig gewesen sein, dass sich der hochdotierte Chefredaktor der Basler Zeitung selbst aufmachte, um in Liestal an der Verhandlung über „einen gewöhnlichen Dieb“ teilzunehmen. Mit seinem Samstagskommentar im Hinterkopf, war ja auch mal Chefredaktor.
So konnte die BaZ den Gerichtsfall über „einen gewöhnlichen Dieb“ in ihre Wochenplanung aufnehmen. Inhalt: Staatsanwaltsbäsching und ein Roma-Einbrecher => Weltwoche-Titelbild => Sommerferieneinbruchthema als Surfbrett, um auf den Wellen der Empörung der Leserschaft eine nächste Attacke gegen die Staatsanwaltschaft zu reiten.
Sollte sich das, über das hier spekuliert wird, tatsächlich so abgespielt haben, dann hat der Grüne Richter Enrico Rosa, wenn nicht einen Schauprozess, so doch ein Schauurteil abgeliefert. Das wäre, in einem Rechtsstaat, ein ziemlich starkes Stück.
Weil der Fall des Roma-Diebes abgeschlossen ist, steht deshalb der Fall Rosa im Raum. Denn die Frage lautet: Was zum Geier reitet diesen Richter?
Ich bin gespannt, welcher Journalist und welcher Parlamentarier sich dieses Falls annehmen wird.
Wir bleiben dran.
PS: Übers Wochenende wurde auf verschiedenen Kanälen darüber spekuliert, ob Herr Somm zum Tages Anzeiger wegberufen wird:
Der SVP-nahe Chefredaktor der BaZ und frühere Chef-Stv. der Weltwoche soll Markus Eisenhut in der TA-Chefredaktion ersetzen.Das verlautet aus Kreisen, die dem Zürcher FDP-Nationalrat und Verleger der Basler Mediengruppe, Filippo Leutenegger, nahe stehen. Die Spekulation ist von etablierten Medien recherchiert worden.
Das ist eine derart unwahrscheinliche Geschichte, weshalb nicht auszuschliessen ist, dass was dran ist. Das ist die Quelle der Spekulation.
Wahrsager meint
Kuck euch mal um. Die Stadt ist voll von sog. Gaunerzinken. Tip: googeln. Dies sind von Zigeunern(aus Frankreich?) angebrachte Zeichen, wo was zu holen ist, wer dort wohnt(alte frauen), ob es gefährlich ist(polizei droht). Diejenigen welche Diebe von Taten abhalten sollte man also nicht entfernen. Meine ich, was meint die Polizei? Es wird aber trotz dieser schwarzen oder roten Zeichen eingebrochen. Bei uns am Stadtrand zu Frankreich mehrheitlich von Ausländern, oder danach aussehenden. Um das zu verurteilen braucht man mit SVP-hörig zu sein.
M.M. meint
Das ist das eine, ich schlage mich hier nicht auf die Seite des Diebes. Diese Kleinkriminellen müssen verfolgt und verurteilt werden. Logo.
Mich interessieren hier jedoch die Hintergründe einer Berichterstattung, einer Kampagne. Die Frage ist doch: Was will die BaZ erreichen, was ist deren Intention? Auflage, neue Abonnenten, die Emotionen des Herrn Wahrsager bedienen, die Abwahl des Herrn Reber, die Absetzung der Staatsanwältin? Härtere Urteile?
Ich stelle mit wenig Erstaunen fest, dass weder die Staatsanwaltschaft noch Herr Reber kommunikationssachverständlich auf der Höhe der Zeit sind.
merlinx meint
Anscheinend baumelt an Ihrer neuen Freizeithose immer noch das CI-Label …
Das fehlt uns gerade noch, dass PR-Spezialisten im Gerichtssaal Regie führen und uns mit schönen Worten die je nach Sicht „tapsigen, mutigen oder kühnen“ Versuche der Rechtsfindung auf der Stufe der „niederen Gerichtsbarkeit“ erklären würden …
Der angesprochene Fall wird kaum an die nächst höherer Instanz weitergezogen, dem Roma fehlen wohl die finanziellen Mittel, – und wer möchte bei diesem heissen Thema einen Richter zurückpfeifen?
M.M. meint
Was schreiben Sie denn hier für einen Bullshit? Es geht nicht um die Kommunikation im Gerichtssaal, sondern um diejenige ausserhalb des Gerichtssaals. Und da ist Herr Reber ein ziemlicher Ruderer, der dem, was hier abläuft, nichts entgegensetzen kann.
merlinx meint
Da hat sich einer auf die Liberoposition zurückgezogen, spielt aber immer noch am liebsten hart auf den Mann …
Diese Runde gibt’s doch immer mal wieder (in wechselnden Verbindungen): Die dritte Gewalt (Judikative) hat mit der vierten Gewalt (Presse) zusammengespannt, um die Lahmheit und Inkompetenz der zweiten Gewalt (Exekutive) zu demonstrieren und die erste Gewalt (Legislative) aus ihrer Schläfrigkeit zu wecken.
Was bleibt da noch für den Sachverständigen der Kommunikationsberatung übrig? Stilberatung in Sachen Mode? Interview-Training? Homestories?
Nein, es ist natürlich klar, dass die Anspruchshaltung der Bürger gegenüber der Öffentlichen Verwaltung in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen ist, und zum riesigen Nachholbedarf kommt nun auch noch ein katastrophales Image-Problem.
Ebenso klar ist, dass die PR-Fachleute der Privatwirtschaft längst einen Werkzeugkasten entwickelt haben, der sich auch in der Öffentlichen Verwaltung anwenden liesse, ohne dass der Staat seinen hoheitlichen Anspruch aufgeben müsste, – allerdings müsste er den Bürger endlich als mündig anerkennen.
M.M. meint
Was spielen Sie sich hier eigentlich so auf? Sparen Sie sich Ihre Platittüden.
Es geht darum, dass ein Richter einem Delinquenten, der nach allen Baselbieter Erfahrungen 10 Monate Wert ist, zwei Jahre aufgebrummt hat, um seinen eigenen kritischen Bericht über die Stawa zu untermauern.
Sollte eigentlich jedem mündigen Bürger einleuchten, dass das ziemlich fragwürdig ist. Ein kritischer Journalist hätte genau das hinterfragen können. Dann wäre die Story andersrum gelaufen. Aber so, wie die Baz das gehandhabt hat, haben alle etwas davon: der Richter, die Baz und die mündigen Bürger.
Merke: es gilt immer die Wahrheit des Betrachters.
merlinx meint
Sorry, habe nicht gesehen, dass die Wahrheit ein blauer Elefant ist …
Aber seien Sie unbesorgt, ich gehöre nicht zu denen, die Blogger anFASSEN möchten …
Gotte meint
al-hambra, paris, bonn – die stärke dieses blogs liegt im lokalen. schauprozess, dieses wort ging mir auch durch den kopf, als ich am samstag den somm’schen nachhaker gelesen habe. und das ist ein derart starkes wort, dass man tatsächlich hoffen darf, dass man sich in liestal den einen oder andern gedanken machen möge.
M.M. meint
Wo die Stärke dieses Blogs liegt, sehen wir irgendwann mal. Das Urteil der Leserschaft ist mir ziemlich wurscht.