Wie gesagt, muss man sich nicht wundern, dass die Erklärungen der Politiker zum Alltag zumeist plump sind. Dies hängt auch damit zusammen, dass dieser (Berufs)-Stand Mühe mit dem Nachwuchs hat.
Wer will denn schon noch in die Politik.
Seit der schweizerische Milizdreiklang (für Männer) Wirtschaft, Militär und Politik schwer an Attraktivität verloren hat, tummelt sich in den Parlamentsbänken die dritte Wahl.
Und Frauen.
Was jetzt durchaus als morgendliche Provokation gemeint ist. Denn die paar Frauen, die aus dem Politikgewusel herausragen, kann man an einer Hand abzählen. Ansonsten ist auch da nichts besonderes auszumachen, obwohl ja immer behauptet wird, welche Bereicherung die Frauen für die Politik seien.
Was ja eigentlich gut ist.
Denn wenn Frauen und Männer sich auf demselben Niveau einpendeln, kann man doch von echter Emanzipation der Geschlechter reden.
Gestern habe ich die Wahlprospekte für die Landrats- und Regierungsratswahlen Baselland durchgeblättert. (Sie hat sie nach Hause gebracht. In Arlese packen die Parteien gemeinsam die Wahlprospekte ein.)
Es ist ein Elend. Ich meine nicht nur die Fotos.
Die SVP beispielsweise ist eine Rentnerpartei. Rentner haben Zeit und sonst nichts zu tun. Bei der CVP und bei der SP hat es Bisherige, von denen ich noch nie etwas gehört habe.
Und jeder meint, diesen einen Satz schreiben zu müssen, der mich überzeugen soll. Diese ultimative politische Aussage, mit der man sich vom Rest des Feldes abhebt. Dieses Glaubensbekenntnis zur Demokratie und Vaterland. Dieses trotzige „was-mir-wichtig-ist“- und „ich-will-so-bleiben-wie-ich-bin“-Statement.
Kleines Quiz- Ordnen Sie folgende Sprüche einer Partei zu:
Für ein attraktives und konkurrenzfähiges Baselbiet.
Für einen gesunden Staatshaushalt, Schuldenabbau und verantwortbare Steuersenkungen.
Ruhe, Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit.
Wir anerkennen Fleiss und Leistung und respektieren das Privateigentum.
Gute Ausbildung, sichere Arbeitsplätze und ein ausgeglichenener Haushalt sind..blablabla
Mein absoluter Lieblingssatz ist der da:
In der Raumplanung bedeutet soziale Gerechtigkeit, dass geschützte Bewegungsräume für alle zugänglich sein sollen.
Wie bin ich jetzt eigentlich auf diesen Text gekommen? Eigentlich wollte ich was ganz anderes schreiben. Wahrscheinlich war der Einstieg völlig falsch.
Ich versuch’s später nochmals.
bugsierer meint
mit anderen worten: es ist alles am verludern, auch die schweiz. trinken wir also noch edelzwicker, solange es noch hat.
Thommen 61 meint
Selbstverständlich ist die Schuld beim Schicksal zu finden, nicht bei der Wirtschaft, die geschlampt hatte. Mal von den Deponien zu schweigen. Private spenden lieber selber, als dass sie ihr Scherflein zum Allgemeinwohl beitragen. Denn Spenden bringen noch Ehre…
Weniger Staat und weniger Steuern und ein Hühnerhof, in dem gefuhrwerkt werden darf nach Belieben. Das sind die Visionen von Bürgerlichen! Von innovativer Selbstregulierung ist nie die Rede. Erst nach mindestens 10 Jahren Fuhrwerkerei muss dann „der Staat“ ein Gesetz mehr machen und darf dafür Schläge einstecken. Wir erlebens immer häufiger. Amen.
gotte meint
ja, aber ohne parlamentsmandat. warum ist denn ihrer meinung nach der alte dreiklang militär-politik-wirtschaft verstummt?
M.M. meint
Militärdienst ist – aus der Sicht der Wirtschaft – Zeitverschwendung. Karriere macht man heute ohne Offiziersrang. Zudem ist der Ausländeranteil in der Führungselite in den letzten Jahren stark gestiegen.
Die schätzen das System, aber sehen nicht ein, weshalb ihre Leute sich politisch engagieren sollen. Die Konsumenten/innen akzeptieren keine parteipolitisch engagierten Führungskräfte mehr.
Für politische Diskussionen ist die Corporate Communications-Abteilung zuständig.
Führungsjobs werden kaum mehr im Militär vergeben. Andere Netzwerke sind viel wichtiger geworden.
Ich hatte mal in der Wochenzeitung Basler Woche (ging 1984 unter)eine Kolumne „Basel vor 30 Jahren“. Damals sass die erste Garde der Chemie und anderer Unternehmen im Grossen Rat.
Nach dem Brand von Schweizerhalle habe ich mehrere Jahre für die Sandoz gearbeitet. Damals war es klar, dass Landräte – egal welcher Partei – für ihre politische Tätigkeit freigestellt wurden und die notwendige Infrastruktur gestellt bekamen.Das waren dann fast schon Berufspolitiker. Doch nach dem Brand wurde die Kluft zwischen Unternehmen (Wirtschaft) und Politik derart gross, dass der Support für Politiker auf Null zurückgefahren wurde.
gotte meint
na ja, lieber mm, dieser kommentar ist ein rhetorischer tiefflieger aus der politischen mottenkiste der altherrenfraktion, quasi. man sollte sich doch mal fragen, warum es von den vermeintlich wichtigen wirtschafts- und militärherren niemanden mehr in die politik zieht. warum es für die parteien so schwer ist, engagierte leute zu gewinnen, die persönliche und finanzielle ressourcen bereitstellen. wohl einfach deshalb, weil heute der, dem das gemeinwohl nicht nur leere phrase ist, schlicht ausgelacht wird – auch von bloggern wie ihnen. schade, eigentlich. leider stimmt ihre analyse auch nicht, dass nun die frauen die politbänke stürmen (wollen): die zahl der kandidatinnen hat gegenüber 2007 wieder abgenommen.
M.M. meint
Dachte mir doch, dass Sie das juckt.
Es ist viel banaler, als Sie denken. Die Belastung der Männer in Beruf und Familie plus die Erwartungshaltung von Unternehmen und Familie sind heute einfach zu gross, um da noch Zeit für eine politische Karriere zu finden.
Nach dem Untergang des Dreiklangs sind die Firmen auch nicht mehr bereit, Mitarbeiter für politische Aufgaben frei zu stellen.
Nix da Sekretariat und Unterstützung.
Auch beim Staat werden Parlaments- und Kommissionszeiten mit dem Ferienguthaben verrechnet.
Wer in die Politik will, muss ein Teilzeitpensum planen.
Frauen wollten noch nie die Politbänke stürmen. Genau so wenig wie die Chefetagen.
Sind Sie aktive Politikerin?