Es gibt nicht sehr viele Bücher, die meinem Leben eine neuen Drall gegeben haben.
Doch dieses gehört dazu: Matthew Walker Das grosse Buch vom Schlaf. Was ein ziemlich idiotischer Titel, weil er zur Annahme verleiten könnte, es handle sich um einen dieser Tippgeber für ein glückliches Leben, wie beispielsweise „Das grosse Buch vom Fleisch oder „Das grosse Buch vom christlichen Glauben“.
Der Titel „Why We Sleep“ des englischen Originals sagt hingegen treffend, um was es in diesem Buch geht: Um die Beantwortung der Frage, warum wir überhaupt schlafen.
Ich muss sagen, dass Buch hat mich ziemlich durcheinandergebracht.
Ich meine, ich tue ziemlich viel für meine Fitness – gestern wieder zwölf Kilometer im guten Tempo einmal rund um Arosa -, drei Stunden die Woche Krafttraining.
Ich achte auf die Ernährung – wir sind noch immer beim japanischen Frühstück – und übe mich in der Körperbeherrschung – Krav Maga und aktuell Skifahren – aber schlafen? Da legst du dich einfach hin und dann schläfst ein.
Oder auch nicht. Dann greifst du zum iPad und liest ein Buch.
Schon seit Jahren geht das so, ohne dass du dir Gedanken darüber gemacht hast, ob das gut ist. Weil du keine Ahnung hast, für was der Schlaf gut sein soll.
Ausser, dass man am Morgen möglichst fit dem Gelderwerb nachgehen kann. Für viele ist Schlafen eh nur vergeudete Zeit.
Nur manchmal am anderen Morgen nach einem langen Abend mit Freunden und gutem Wein, spürst du, dass das nicht so toll war mit dem Schlaf heute Nacht.
Und nun dieses Buch des Neurowissenschaftlers Metthew Walker.
Da haben die angelsächsischen Wissenschaftler wenig Hemmungen: Das Buch ist die Zusammenfassung seiner jahrzehntelangen Forschungsergebnisse und es ist so geschrieben, dass auch Laien wie ich verstehen lernen, welch komplexe Vorgänge sich Nachts im Schlaf in unserem Hirn abspielen.
Deshalb ist das Buch ein Bestseller, was für viele ein weiterer Grund zur Skepsis ist.
Ist ja egal.
Weil wir Idioten mit oder ohne die Erkenntnisse Walkers mit einem Espresso am Nachmittag oder mit ein paar Gläsern Wein am Abend dieses fantastisch eingespielte System völlig durcheinander bringen.
Oder auch damit, dass wir nicht mindestens acht Stunden schlafen und zwar nach einem kompromisslos sturen Zeitplan.
Denn das, was sich in unserem Kopf während des Schlafes abspielt, folgt einem in 90 Minuten getakteten Zeitplan aus verschiedensten Schlafzuständen.
Wird zuwenig geschlafen – zu spät ins Bett oder zu früh wieder raus – dann fehlen einzelne dieser Schlafsequenzen.
Mit fatalen Folgen.
Die Details kann man ja selbst nachlesen.
Nur so viel: Während des Schlafes werden nicht nur Informationen vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis verschoben, sondern es werden auch Abfallstoffe beseitigt:
„Beim pulsierenden Rhythmus des tiefen Non-REM-Schlafs* steigt die Beseitigung von Abfallstoffen im Gehirn um das Zehn-bis Zwanzigfache. Während dieser nächtlichen Hochdruckreinigung wird das glymphatische System durch Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit gespült, die das Gehirn tränkt.“
Was ich gelernt habe: Schlafen heisst loslassen, weil nicht „ich schlafe“ gilt, sondern „das System arbeitet“.
Völlig autonom.
Was wir tun können: optimale Voraussetzung schaffen, damit „die da oben“ ungestört tun können, was sie tun müssen.
Ich bin dabei, wenn auch reichlich spät, jetzt auch noch das richtige Schlafen einzuüben.
*Non-REM: Kein Rapid Eye Movement, Tiefschlafphasen,
REM – Rapid Eye Movement – Traumphase.
U. Haller meint
https://www.zeit.de/wissen/2019-01/selbstoptimierung-schlaf-arbeit-kapitalismus-revolution
Michael Przewrocki meint
Das beste Bett und der beste Schlaf wird zunichte gemacht durch das intervallartige Tag-und Nacht-Dröhnen der Fernheizung. Die Politiker scheint das nicht zu interessieren. Lieber Kifferparadies und Nachzüge. Auch die Wlan-und Handystrahlung wird verniedlicht. Dasgrosse Erwachen wird zu spät sein!