Es ist schon einige Zeit her, damals, als wir mit einem Camper auf einem Campingplatz in Süditalien Station machten. Unsere Älteste ging damals in die erste Klasse. Eines Morgens meinte sie, dass sie nicht mehr „mit den Hochdeutschen“ spielen wolle. Das sei so anstrengend. Sprachlich.
Diese Woche war ich mit einem Führungsverantwortlichen eines internationalen Konzerns mittagessen. Die Konzernsprache ist auch dort Englisch. Er sei ja keineswegs fremdenfeindlich. Aber so langsam habe er Mühe mit den vielen Ausländern, meinte er beim Dessert. Wo man auch hingehe – ins Restaurant, ins Theater, an den See, Einkaufen – überall höre man Hochdeutsch. Oder in Zürich auffällig oft auch Russisch.
Das könne doch so nicht weitergehen. Es sei ja nicht die Sprache allein, schliesslich sprächen auch die Deutschen im Konzern sehr gut Englisch. „Es ist die völlig andere Mentalität“, meinte er. Irritiert seien deshalb oftmals beide Seiten. Deutsche Chefs seien gewohnt, dass ihre Anordnungen sofort und ohne weitere Diskussion umgesetzt würden. „Aber so läuft das bei uns nicht.“
So sei das. Und das sei ziemlich anstrengend mit der Zeit.
Aber darüber sprechen dürfe man ja nicht, weil man dann sofort in die Fremdenfeindlichkeitsecke abgedrängt oder noch schlimmer, der SVP zugezählt werde. Denn die Kündigung der Personenfreizügigkeit wäre eine Katastrophe für die Schweiz.
Vor zwei Wochen war ich einen Tag lang mit einem Monteur unterwegs, um mich in dessen Arbeitswelt einzudenken. Zu meiner Überraschung hat er mich zu sich nach Hause zum Mittagessen eingeladen. Es gab Hörnli mit Gehacktem. Wir haben über dies und das geredet, nichts Politisches. Und dann war sie plötzlich da, die Ausländerfrage. Na klar, dieser Haushalt wählt im Herbst SVP.
Ich bleibe dabei: Die Atomkraftwerksfrage, Umweltschutz und Alternativenergiekonzepte werden im Herbst keine zentralen Themen sein.
Es ist die Ausländerfrage, die neue „Überfremdung“, die im Zentrum der Debatte stehen wird. Ob öffentlich oder im privaten Kreis ist einerlei. Das Unbehagen hat alle Bevölkerungsschichten erfasst. Auch diejenigen, welche wegen der englischen Konzernsprache manchmal ein Problem damit haben, rasch eine E-Mail auf Deutsch zu schreiben.
PS: Hansruedi Gysin kann jetzt beruhigt abtreten: Seine Bausparvorlage ist im Ständerat grandios gescheitert.
Rinderknecht meint
Seit M.M. bei uns zu Mittag gegessen hat, übrigens es gab auch noch Schwedentorte, lesen wir jeden Tag gerne seinen Blog. Wir sind überrascht mit welcher Leichtigkeit und Freundlichkeit er sich in den verschiedenen Welten bewegt. Wie ehrlich und trozdem humorvoll, er seine Meinung zu Papier bringt. Es war für uns eine tolle Begegnung und er ist jederzeit herzlich willkommen.
P.s. Seither binden wir auch unsere Schuhe anders.
M.M. meint
Das Vergügen war ganz meinerseits. War eine dieser Begegnungen, die man nicht mehr vergisst.