Mich beschleicht der leise Verdacht, die SP Baselland habe sich aus der Politik verabschiedet. Klar gibt es sie noch, die SP. Sie veranstaltet Pressekonferenzen, macht im Landrat – aus Gewohnheit – Vorstösse zu Sozialfragen, wählt Regierungskandidaten, hängt Plakate auf und lässt Frau Oberholzer über dieses und jenes wettern. Doch das wars dann.
Frau Fankhauser, die Parteipräsidentin, die den bleibenden Eindruck vermittelt, forsche SP-Politik sei, möglichst gar nichts sagen, Frau Fankhauser also agiert so, als sei mit derNomination von zwei SP-Menschen der Mist geführt.
(Ist er ja auch. Mehr oder weniger. Denn dass die Bürgerlichen auf Kosten der SP den vierten Regierungssitz holen werden, ist so unwahrscheinlich, wie dass der Rhein im nächsten Januar komplett zufriert.)
Angesichts der aktuellen Wahlherbstlage, wonach die Bürgerlichen ihr Pulver verschossen haben, könnten die restlichen Monate ein Schützenfest für die Sozialdemokraten werden. Könnten, wenn sie denn wollten.
Die SP-Strategen, sofern es sie tatsächlich gibt, müssten lediglich den Rechenschieber zur Hand nehmen. Sie würden (wohl erstaunt) feststellen: Himmel, es gibt ja eine Mitte-links-Wählermehrheit im Kanton Baselland. Und zwar von rund 51 Prozent. Weil das bürgerliche Trio aus dem Stand lediglich einen 47 Prozent-Wähleranteil zusammenbekommt, bleibt sogar noch ein Polster von zwei Prozent übrig.
Wenn ich also die SP wäre, würde ich, statt darauf zu hoffen, den einen Sitz in der Regierung zu retten, den Bürgerlichen den Kampf ansagen und der CVP (und deren schwachem Finanzminister Lauber) erst recht.
Mit einem Zweckbündnis aus EVP, GLP, den Grünen und mit der von der CVP-Basis verschmähten BDP könnten sie antreten, die Genossen, um eine rechtsbürgerlich dominierte Regierung zu verhindern. Was für ein Wahlkampfthema! Das wäre die optische Kampfansage: Fünf fröhliche Mitte-links-Frauen-und-Männer machen die 15er-Wahlen zu einer Richtungswahl. Und lassen alle Bisherigen ziemlich verbraucht aussehen.
Denn, liebe Genossinnen und Genossen, das Wahlkampfthema dieses Herbstes ist nicht die Sicherheit, sind nicht die Finanzen, ist nicht die Spitalfrage oder ein anderes Politik-PR-Blabla. Das Einzige, was die Wähler 2015 wirklich wollen, ist eine Alternative.
PS: Vielleicht sollten die in die Jahre gekommenen Alt-68er überhaupt den Juso das Feld überlassen. Die leiden nicht unter Beisshemmung.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 12. September 2014
Städter meint
M.M., schön festgehalten, das mit den 7 % für Lebensmittel. Offenbar gibts selbsternannte KMU Spezialisten wie der Herr Wirtschaftsförderer, aber haben diese Leute überhaupt Kontakt mit realen KMSs ?
Henry Berger meint
ich habe ja geschrieben, dass ich JA stimmen werde. Aber das Thema „interessiert“ – wieso auch immer – anscheinend einfach zu wenig. Manchmal habe ich das Gefühl, man fragt die Stimmbürger hier in Basel ob Ost-Usterbüxen in Niedersachsen mit West-Usterbüxen fusionieren soll, und weil es einem nicht interessiert oder man es nicht beurteilen kann, stimmt man halt mal mit NEIN
Henry Berger meint
@wurzle: ich werde ein JA einlegen, aber mittlerweile bin ich der Ansicht, dass die Fusionsvorlage nicht einmal in BS noch eine Mehrheit finden wird, auch im Bezirk Arlesheim wird es nicht zu einem JA reichen. Eigentlich interessiert das Thema – ausser einigen Höhenfeuer-Nostalgiker – niemand mehr…Und bei einem Thema, welches nicht interessiert kann man es auch gleich beim alten lassen
Meury Christoph meint
Ob die Fusion abgelehnt wird oder nicht ist im Moment keine wirklich relevante Frage. Es werden in jedem Fall weiterhin die alten Probleme auf dem langen Tisch liegen. Insofern ist die Aussage: «Es bleibt alles beim Alten» eine Nullaussage, oder eine defätistische Position. Auch eine abgelehnte Fusion hat kein einziges Problem gelöst. Das heisst auch die Fusionsgegner werden aus diesem Duell nicht als Helden heraus marschieren. Sie haben nichts gewonnen, allenfalls nur die Chance verspielt mit neuen Kräften alle möglichen Optionen nochmals eingehend zu überprüfen. Der Status Quo heisst übrigens: Miserable Finanzlage, keine vernünftige Wirtschaftspolitik, angeschlagenes Bildungswesen, usw. Bei diesen Fragen sind auch die vehementesten Ur-Baselbieter und Fusionsgegner plötzlich sprachlos. Kein Höhenfeuer wird ihnen zukünftig den Weg weisen. Weiter wie bis anhin?
Meury Christoph meint
«Mit einem Zweckbündnis aus EVP, GLP, den Grünen und mit der von der CVP-Basis verschmähten BDP könnten sie antreten, die Genossen, um eine rechtsbürgerlich dominierte Regierung zu verhindern» (M.M.). Stimmt! Das könnte die unmittelbare Wahlstrategie sein. Aber mit welchem Personal will die SP diese Strategie angehen und umsetzen? Man hat es versäumt rechtzeitig einen Generationenwechsel einzuläuten und die entsprechenden valablen Juso-Kandidatinnen und Juso-Kandidaten aufzubauen. Wo man hinschaut werden alle Positionen und Ämter nur von der Ü50-Generation besetzt. Einer Generation, welcher in der Zwischenzeit die Puste ausgegangen ist, welche weder Kraft noch Energie hat in diesem Wahlkampf Gas zu geben. Die amtierenden Politikerinnen und Politiker verteidigen den Status Quo auf allen Stufen und klammern sich an ihre Ämter, an ihre Kommissionssitze und sind nicht bereit den jüngeren Politikerinnen Platz zu machen.
Es ist die Tragik einer Generation, welche nicht loslassen kann und welche es verschlafen hat rechtzeitig eine adäquate Nachwuchsförderung und Kaderschulung zu betreiben. Die Jusos sind die Ideenlieferanten und der Power der SP. Aber sie dürfen nur als Wasserträger agieren.
Klar könnte man die Wahlen in einem Zweckbündnis gewinnen, aber auch dazu bräuchte es ein paar politische Projekte. Man müsste Handfestes anbieten. Handfestes zur Wirtschaftsförderung, zur Finanzpolitik, zur Wohnbauförderung, usw. Keine PR-geschönten Wahlprogramme, sondern Strategie und Konzeptpapier, welche sich zu den kantonsrelevanten Fragen äussern und zumindest ansatzweise Lösungen aufzeigen.
Sei’s drum: solche Konzepte hätte man eben von langer Hand erarbeiten müssen, um sie jetzt rechtzeitig aus der Schublade nehmen zu können, um einen substantiellen Wahlkampf zu betreiben. Eine Alternative ist man für die Wählerinnen nur mit guten Leuten und starken Argumenten. Dazu gehören aber überzeugende Ideen und lösungsorientierte Programme. Warme Luft und ein kuscheliges Gemeinschaftsgefühl ist beileibe noch kein Programm und auch keine Alternative.
wurzle meint
Immerhin haben die SP mit Regula Nebiker eine kompetente Regierungsratskandidatin. Mit ihr kann man die nicht ganze einfache Umsetzung der Kantonsfusion in BL erfolgreich gestalten. Und sollte die Fusion nicht gelingen, sind intelligente und offene Persönlichkeiten in beiden Basel erst recht gefragt.
HopplaDerUrs meint
Ich wünsche den Baselbietern jemand anderes als Frau Nebiker. Die Person ist freundlich, sicherlich intelligent und differenziert im Denken und Fühlen, so jedenfalls mein Eindruck. Aber sie diskutiert nicht offen, behält die wesentlichen Erörterungen für sich – und wird nervlich eng, wenn man sie herausfordert. Nicht auszudenken wie ihre Krisenkommunikation ausfallen würde als Vorsteherin einer Direktion.
gotte meint
baZ: „Der Baselbieter Wirtschaftsförderer begrüsst «jede Massnahme, die den heimischen Markt stärkt»“ – wirklich „jede“? warum tritt er dann nicht zurück?
M.M. meint
Der Mann weiss nicht einmal, dass man in DE für Lebensmittel nur 7% MwSt. bezahlt.