Wir haben es anfangs Februar geschrieben (Abschied von der SVP), nun attackiert FDP-Mann Otto Ineichen die SVP in der „Sonntag“:
Die SVP fährt die Schweiz an die Wand.
Ineichen stellt wie ich fest, dass in der Wirtschaft ein Umdenken bezüglich SVP stattfindet.
Ich bin sehr breit in der Wirtschaft verankert und höre immer wieder den Vorwurf: Weshalb tut ihr nichts.
Denn diese weiss, die aussenpolitischen Positionen der SVP schaden längerfristig der Wirtschaft. Ineichens Aufruf an seine Partei:
Wirksam wäre auch, wenn meine Partei, die noch am engsten mit der SVP zusammenarbeitet, ihr den Spiegel vorhalten würde.
Das ist meine Rede. Will die FDP ihre Position als liberale Partei wieder unterstreichen – beispielsweise im Kanton Baselland -, reicht das Etikett „Liberal“ nicht mehr aus; sie muss ihren Schmusekurs gegenüber der SVP abbrechen.
Bei der SVP handelt es sich nicht um eine bürgerliche Partei, sondern um eine konservative Bewegung. Das wird verwischt, weil FDP und SVP oftmals die selben Ziele verfolgen.
Deshalb ist der erste Schritt, dass man der ihr konsequent das Etikett „bürgerlich“ abspricht und durch „konservativ“ ersetzt. Damit hätten wir in der Nomenklatur des politischen Spektrums der Schweiz klare Verhältnisse.
Ich komme im Verlaufe der Woche auf diesen Punkt nochmals zurück.
C.P meint
Da haben Sie sich aber was ganz Grosses vorgenommen! Lesen sie den Kommentar zu den Ständeratswahlen in der BZ (Chefredaktor Gygax) und Sie werden unschwer feststellen, welch (babilonisches) Ausmass die Begriffsverwirrung bereits angenommen hat. Eine Klärung täte wohl durchwegs Not. Gygyx bezeichnet, ganz im Sinne des rechtsnationalen Mainstreams, FDP und BDP als angeblich bürgerliche Parteien. (Da sich beide nicht durchringen konnten, den rechtsnationalen (nationalistischen?) Populisten Amstutz zur Wahl in den Ständerat zu empfehlen. Ineichen hat schon recht: Bürgerliche täten gut daran, sich von den „Musikantenstadelbürgerlichen“ zu distanzieren. Jede Verbrüderung birgt die Gefahr, von diesem „Moloch“ aufgesogen oder, wie häufig zu sehen, total verwirrt zu werden. Da wird dann eben aus dem „angeblich bürgerlichen“ Amstutz ein veritabler. (Ob rechtsnationale populisten dann gesellsshaftspolitisch konservativ (Amstutz) punktuell liberal (Fuchs) wirtschaftspolitisch neoliberal (Blocher) sind, ist für mich dann nicht mehr von Belang. Bin aber sehr gespannt auf Ihre Ausführungen.
Markus Saurer meint
C.P., Sie tragen wacker zur Begriffsverwirrung und zum Etikettenschwindel bei, finde ich. Und mit dem Ausdruck „Musikantenstadelbürgerliche“ disqualifizieren Sie sich gleich selber. Und zur Sache noch das: Wenn jemand, egal ob konservativ oder bürgerlich oder bildungsbürgerlich oder gar einbildungsbürgerlich, noch einen Hang zur individuellen Freiheit hat, dann wählt er Amstutz und nicht Ursula Wyss.
Markus Saurer meint
Ich kenne die baslerischen SVP-Innereien nicht. Und Etiketten sind immer problematisch. Was aber an der SVP (mit Ausnahme der Bauernpolitik) gut zu sein scheint, ist, dass sie einen Reflex gegen die Weisheit von Behörden und für die Weisheit der Märkte und der Massen entwickelt hat. Genau der ist der FDP abhanden gekommen. Ich wähle nur Politiker, die für weniger Staat eintreten (in den wesentlichen Dingen). Und jetzt verfolgen Sie einmal zurück, was etwa ein Ineichen in den letzten Jahren i.S. Wirtschaftspolitik schon alles erreichen wollte. ….
gotte meint
welche weisheit der märkte denn? etwa die, die jetzt dazu führt, dass sich die banken wieder so verhalten wie vor der finanzkrise, weil sie ja dank der weisheit der bürgerlichen trotz milliardenhilfen nichts ändern müssen?
Markus Saurer meint
Sowohl die Ursachen wie auch die Therapie der Finanzkrise (und diese leider keineswegs ursachenbezogen)haben wenig bis nichts mit der Weisheit von Märkten, sondern praktisch ausschliesslich mit wissensanmassenden Behördeninterventionen zu tun.
Thomas Läubli meint
Es gibt keine „Weisheit der Märkte“, weil ein Markt kein Subjekt ist. Und eine „Weisheit der Massen“ bzw. der gesunde Menschenverstand ist oft eine Ausrede, um Mehrheitsentscheide als vernünftig hinzustellen.
Markus Saurer meint
Ich habe mich nicht klar genug oder nicht präzise genug ausgedrückt. Ich spreche hier von Märkten, die in vieler Hinsicht imperfekt, jedoch in der Wissensgeneration dem Ordnungsprinzip Markt und Hierarchie doch weit überlegen sind (in etwa nach von Hayek). Politische Mehrheitsentscheide sind höchst problematisch, weil sie immer eine Minderheit unter Zwang setzen. Gerade aus diesem Grund ist der Staat auf ein absolut notwendiges Miniumum zu beschränken. Die SVP sollte ernst genommen werden – und sie ist nötig -, gerade weil sie mittlerweile einen Reflex gegen zu viel Staat und zu viele Regulierungen entwickelt hat. Einmal abgesehen vom Bauernwesen, wo dieser Partei dieser Reflex noch fehlt…
So, hoffe, ich sei damit etwas klarer geworden. Im übrigen hoffe ich, dass die FDP den alten Slogan „weniger Staat, mehr Freiheit“ wieder aufleben lässt.
Thomas Läubli meint
Wo gemäss von Hayek von Wissen zu sprechen eine Anmassung wäre, kann es schon rein begrifflich keine Weisheit geben: ohne Wissen keine Weisheit. Des weiteren setzen nicht nur demokratische Entscheide wie beispielsweise das Minarettverbot Minderheiten unter Zwang, sondern auch das Zustandekommen von Mehrheiten im freien Markt. So werde ich z.B. auf dem freien, allzufreien Markt gezwungen, für ein Buch über ein wissenschaftliches Thema, das nur wenige verstehen, viel mehr Geld hinzulegen als für ein Harry-Potter-Buch von demselben Umfang. Darum sind hier Quersubventionen sinnvoll. Und „weniger Staat“ heisst nicht zwangsläufig „mehr Freiheit“ – vielleicht mehr Freiheit für jene, die sie sich noch leisten können.
Seibi meint
Um ‚weniger Staat‘ geht es bürgerlichen Parteien und vielen ihrer Exponenten vor allem in Wahlslogans. Sonst sind sie beim Regulieren munter mit dabei – im Grossen wie im Kleinen. Ein Beispiel:
http://grenzenbasellos.wordpress.com/
Ronnie Grob meint
Ich kann mich erinnern, nach Wahlsonntagen, aus denen die SVP als Gewinner hervorgeht, zuletzt nach der angenommenen Ausschaffungsinitiative Kommentare gelesen zu haben, die die SVP geradezu als umstürzlerisch, als Gefahr für die bewährten Werte der Schweiz darstellen. Und so eine Partei soll „konservativ“ sein? Auch mit der Initiative zur Volkswahl des Bundesrats verfolgt die SVP keineswegs konservative, also „bewahrende“ Ziele.
Tatsächlich ist „konservativ“ eine Worthülse. Alle Kreise wollen je nach Thema etwas bewahren: Die Grünen die Umwelt, die SP den Sozialstaat und SVP die Subventionen für die Bauern.
Auch „bürgerlich“ und „liberal“ kann alles Mögliche bedeuten. Reden wir doch lieber über Konkretes.
M.M. meint
Es gibt für den „Begriff“ konservativ eben noch andere Deutungen als dieses mütterliche „bewahren“.
Wie gesagt, ich werde darauf zurückkommen.
h.s. meint
Ich bin auch gegen den ausdruck konservativ. Die SVP ist erstens terratorial, zweitens direkt volksorientiert und drittens kapitalistisch. Terratorial deswegen, weil ihr, Grenzen alles bedeuten (vergleiche dazu die Standpunkte SVP-BL und SVP-BS betreffende Theater: beide wollen nicht bezahlen für Fremden: Damit meinen die sich gegenseitig). Direkt Volksorientiert weil Sie immer nur ihre Leute etwas direkt zukommen lasen wollen. Die Stabilisirung der Weltwährungen über nur 16,5 Mia Franken ist für die Schweizer Exportindustrie viele malen diesen Betrag wert. Zudem stabilisiert es die Erträge aus Auslandinvestitionen. Das gegenteil merken z.B. die Schweizer Pernsionskassen. Ein SWAP ist nicht gratis zu haben und wird mit erhöhte volatilität grösser. Bei 50% Anlage im Ausland bezahlt mann für den SWAP schnell 1% mehr, dies schmälert die Rendite und damit die Rente. Aber dann müsste die SVP weiter denken dann: Unser Geld bleibt hier. Bei unser Volk, für unser Volk. Das damit ein vielfach verloren geht ist irrelevant. Kapitalistisch weil Sie überall nur das Kapital vorrang geben möchte. beim Mietrecht, Konsumrecht, Arbeitsrecht, Patientenrecht, etc.
Aber eins ist Sie nicht Konservativ. Ein Konservativ ist nur zu änderung bereit wenn er gezwungen ist, wenn nicht, fühlt er sich gezwungen nichts zu ändern.
Die SVP möchte ändern. Die Schweiz soll ein Land der Grenzen werden wo dem Volk nicht zugemutet werden muss zu denken, es sein Beiträge leistet und bezahlt und seine einzigartigkeit bejubelt.
Irgenwie erinnert mich dass an ein andere Heilstaat.
M.M. meint
Wir sind damit meiner Definition von „Konservativ“ schon sehr nahe gerückt.
Weshalb Ihre Beiträge immer im Spamfilter landen, hängt wohl mit Ihrer E-Mailadresse zusammen. Outlook markiert diese auch als Spam. 🙂