Heute ist meine erste Kolumne in der Basler Zeitung erschienen. Damit die geneigte Leserschaft, welche die BaZ (noch) nicht (mehr) abonniert hat, mitnörgeln kann, hier mein Beitrag zur Lage der Nation.
Ich habe mir in den letzten Wochen ja einiges anhören müssen. Weil ich von heute an jede Woche in der Basler Zeitung eine Kolumne schreibe. Das sei ziemlich igitt, für diese Zeitung zu schreiben, wurde mir gesagt.
Ob ich denn das Geld nötig hätte oder mich einfach nur wichtig machen wolle? Was die Leute halt so reden. Der Platz zwischen Stuhl und Bank war mir schon immer der liebste.
Was ich eigentlich sagen wollte: Ich glaube in der Politik nicht an die netten Gesten, sondern ans Kleingedruckte, weil dort der Wille zur Macht festgeschrieben wird.
Nehmen wir zum Beispiel die Regierungsratswahlen in Baselland. Seit Wochen geht das nun hin und her zwischen der FDP und der SVP, während die CVP etwas gelangweilt am Spielfeldrand steht, weil Herr Lauber so gut wie gewählt ist.
Die drei Parteipräsidenten, die Frau ist mit gemeint, haben festgelegt, dass a) die Bürgerlichen zu ihrem Glück einen vierten Sitz in der Regierung brauchen und b) dass sie gemeinsam bestimmen werden, welche Partei diesen vierten Kandidaten ins Rennen schicken darf.
So weit, so gut. Nun gibt es zwei Thesen. Zum einen: Die SVP ist mit Abstand die stärkste bürgerliche Kraft, ergo steht ihr dieser vierte Regierungssitz zu. Zum anderen: Wer mit dem Aufkleber «FDP» startet, hat die besseren Chancen, gewählt zu werden. Ich neige dazu, dass Herr Kämpfer, der stramme SVP-Parteipräsident, weder vor seinem Delegiertenvolch noch öffentlich eingestehen kann, dass seine Kandidaten nicht wählbar sind.
Allerdings gäbe es für ihn einen Ausweg: Die Parteipräsidentinnen – die Männer sind mit gemeint – könnten, bevor sie zum Personellen kommen, zunächst das Kleingedruckte verabschieden.
Und das liest sich so: Wenn Frau Pegoraro zurücktritt, kommt dieser Sitz wieder in den bürgerlichen Pool. Dann wird erneut ausgejasst, ob nun die SVP oder die FDP antreten darf, wobei der SVP ein klitzekleines Vortrittsrecht eingeräumt wird. Wie auch immer, es ist allein die Stimme des Herrn Scherrer, die zählt.
Denn es kann, wenn die beiden Parteipräsidenten und die Parteipräsidentin zusammensitzen, auch ganz anders rauskommen. Die einigen sich nicht aufs Kleingedruckte. Frau Frey hält an ihrer Kandidatin, der Frau Gschwind, fest und Herr Kämpfer beharrt auf seinem Kandidaten.
Dann muss Herr Scherrer doch noch aufs Spielfeld. Was den noch ziemlich jungen Präsidenten der CVP gehörig ins Schwitzen bringen wird. Denn dann steht er vor der ziemlich vertrackten Aufgabe, Herrn Kämpfer helfen zu müssen, Herrn Straumann aufs Schild zu lüpfen.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 15. August 2014
G. Koller meint
Der Titel ist schon mal gut, die feine Assoziation zu „Stimme des Herrn“ ist unvermeidlich, früher hätte man gesagt, da fehlt nur noch der Name des Beichtvaters des Herrn Sch. …
Wenn etwas vermisst werden könnte, dann vielleicht bohrendes Nachfragen, in wie weit diese drei Parteien unabhängig von den CH-Mutterparteien agieren dürfen/wollen/können.
Die Kritik am Engagement mit dieser BaZ-Kolumne kann ich nicht nachvollziehen. Hauptsache ist doch, dass jemand ab und zu mal eine Schneise haut in diesen BL-Politdschungel, es liegt dann nur noch an uns Wählern, die Gelegenheit zu neuen Aus- und Einsichten wahrzunehmen.
Aber eben.
Henry Berger meint
…aber was soll hier das Foto von Herrn Straumann, SVP???? – oder habe ich etwas überlesen!?
Schewardnadse meint
Na ja, ich hätte mir vom ersten Mal ehrlich gesagt etwas mehr erwartet, das haben wir ja in der einen oder anderen Form alles schon mal gelesen. Da ist noch Luft nach oben.
@Herr Meury: ein Regierungsrat muss nicht Herrscharen von Chefbeamten führen, die Zahl der Direktunterstellten ist in der Regel überschaubar. Klar, Führen muss er sicher können, sich selber auch in schwierigen Situationen treu bleiben, Ausdauer haben und genügend Common-Sense mitbringen. Und wissen Sie, ob Sie in einem 250-Einwohnerkaff oder in einer Kleinstadt mit 20’000 Einwohnern Gemeindepräsident waren, spielt nicht so eine grosse Rolle. Die Probleme sind mehr oder weniger dieselben.
Meury Christoph meint
@Schewardnadse: Ja gut, wenn nicht Heerscharen, so muss ein RR doch zumindest ein paar Chefbeamte im Griff haben, um seine Projekte umsetzen zu können. Das braucht mit Verlaub schon ein bisschen mehr, als eine popelige Sitzung eines x-beliebigen Dorfvereins zu leiten und Ausdauer als Qualität klingt in meinen Ohren eher nach Sesselkleber und Dauersitzer. Das ist die gesundheitsschädigendste Qualität eines Beamten und eher eine Berufskrankheit. Sorry! Einen Kompromiss muss man sich meiner Meinung nach erarbeiten nicht ersitzen. Und ob es egal ist in einem 250 Seelendorf Politik zu betreiben, wo man noch Alle aus der Schulzeit kennt, oder in einer veritablen Agglo-Gemeinde politisch agiert, vage ich zu bezweifeln. Aber sei’s drum: Ich wollte das Regierungsamt eigentlich eher aufwerten. Sie geben sich mit weniger zufrieden. Okay! Wenn wir dann beim Ramschniveau angekommen sind, können wir den zukünftigen Regierungsrat auch an einem «Donnschtig-Jass» erküren. Dann wissen wir wenigstens, ob er telegen ist und Jassen kann…..
gotte meint
„sie“ kann auch telegen sein – frau mall wäre dann ausgejasst resp. als kandidatin gesetzt (die jasst hervorragend…)
Meury Christoph meint
Einverstanden! Dann hätten wir doch immerhin zwei relevante und überprüfbare Kriterien. Mit einer einfachen LIKE-Umfrage: • sieht gut aus und macht im Fernsehen eine gute Falle • kann gut jassen. Voilà! Damit wäre die Regierungsratswahl 2015 unaufwendig und schnell erledigt.
Meury Christoph meint
Dieser Personen- und Parteipoker kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns bei sämtlichen potentiellen Anwärterinnen und Anwärtern im Bereich eines Auswahlkriteriums «knapp genügend» bewegen. Die Parteien haben allesamt ein offensichtliches Personalproblem. Man serviert uns hier Leute, welche kaum über Exekutiverfahrung verfügen, wenige Jahre (und meist relativ unauffällig) im Landrat verbracht haben, vielleicht noch ein bisschen Erfahrung in einem Einwohnerrat sammeln durften, oder Gemeinderätin in einem 2’400 Seelen Dorf sind. Beruflich sind sie als Polizisten, Therapeutinnen, Treuhänderinnen, oder als Geschäftsführer unterwegs. Okay, man hat mich schon entsprechend darauf hingewiesen: Ein Regierungsrat muss eigentlich wenig professionelles Know-how mitbringen. Offensichtlich muss er nur Allianzen schmieden und Mehrheiten beschaffen können.
Ich bin nachwievor der Meinung, dass ein Departements- oder Direktionsvorsteher Managementerfahrung mitbringen muss. Er muss eine Heerschar von Chefbeamten und Mitarbeiterinnen leiten können. Das ist ein anspruchsvoller und verantwortungsvoller Job. Eigentlich! Und als Stimmbürger halte ich für mich fest, dass ein valabler Kandidat auch eine politische Position, ein politisches Projekt und eine politische Zukunftsperspektive für diesen Kanton haben muss. Die mathematisch richtige Formel und die entsprechende prozentuale Stimmverteilung scheint mir als Auswahlkriterium ziemlich mager und hilflos. Trotz der virtuosen Rechnungskünste und Spekulationen die dahinter stecken….
Markus Saurer meint
Na also, geht doch ganz gut mit der BaZ. 😉 Für Nichtbasler ist diese Kolumne indes etwas „hard to go“…
gotte meint
ach, da habe ich Sie doch glatt übersehen, weil mein blick an frau wernlis lamento über die busen-mamis hängen blieb, die ihre blusen in restaurants öffnen. links davon belehrt uns der papi eines basler regierungsrats über poppers kritik an plato, während rechts eine steuer-CD aufgewärmt wird und uns ein ceterum ceseat vor den gefahren des islam warnt. und unten lesen wir also, dass sich nietzsche im kleingedruckten der parteien verbirgt. der alltägliche wahnsinn einer „forumszeitung“. unter uns: mir gefallen Sie besser online.
matthias meint
gotte hat Recht. Du verkaufst Dich brutal unter Wert. Diese Seite ist sowieso ein Buchstabenfriedhof. Verlang mal Forschungen, wie viele Leute das lesen. Prognose: Es gibt keine, weil die Resultate desaströs wären.
M.M. meint
Ich muss auch da meine Form finden. ist ja Papier.
Die Kommentarseite, wurde mir gesagt, wird überarbeitet.
Dass man hier nicht zufrieden ist – na ja. Ihr seid einfach ziemlich verwöhnt von den täglichen Filetstücken, die ich Euch zum Zerfleischen hinwerfe. 🙂
gotte meint
wäre ich veganerin, dann wären’s mangostückchen… 🙂
Blindtext meint
Ihre Kolumne wurde in der BaZ aber ziemlich versenkt unten auf einer Gemischtwaren-Seite.
Urs P. Haller meint
Ist doch einigermassen erstaunlich. MM, der sich – zu Recht – vor nicht allzu langer Zeit als Papier-Kostverächter (»Übers Zeitungssterben oder: weshalb ich alle Abos auslaufen lasse«) outete, nimmt eine solche Wischi Waschi-BaZ-Seite (habe deswegen heute extra eine gekauft) für seine Filetstücke in Kauf. Für mich ein Rückschritt. Der Blog, der zudem für alle Ewigkeit in Lieschtel gelagert wird (wie machen die so was überhaupt?) geniesst nach wie vor eine unbestrittene Exklusivität und sollte doch nicht verwässert werden.
M.M. meint
Man kann die Kolumne und den Rest drumherum auch als e-paper lesen. Die BaZ hat ein App, das einigermassen funktioniert. Also ich mach das so.