Eine Strafsteuer von 10 000 Franken für jede Self-Scanning-Kasse wollen Genfer Sozis von den Detailhändlern erzwingen.
«Würde die Steuer schweizweit eingeführt, müsste Coop zusätzliche Steuern von 170 Millionen Franken jährlich zahlen, Migros insgesamt 150 Millionen Franken», wird von der BaZ vorgerechnet.
Die Linken wollen die neue Steuer, um Arbeitsplätze zu sichern. Das ist nun wirklich der grösste Schwachsinn, den wir in letzter Zeit gelesen haben. Oder etwa nicht?
Klar ist das Schwachsinn.
Zum einen die Strafsteuer und zum anderen die Arbeitsplatzrettungsidee. Zumal diese Scanning-Stationen – ich selbst stelle mich kaum noch an einer bedienten Kasse an – schon bald wieder verschwinden werden.
Als Nächstes werden beim Verlassen des Ladens die Waren im Einkaufswägeli automatisch erfasst und direkt meiner Kreditkarte belastet.
Nebeneffekt: Die Preise können individualisiert werden, abgestimmt auf Uhrzeit und Konsumgewohnheiten. Bediente Kassen gibts dann keine mehr.
Wer glaubt, die Frauen an den Migros- und Coop-Kassen würden dann halt einen anderen Job machen, der hat noch nicht die Dramatik der Veränderungen begriffen, in der wir uns befinden. Nicht alle Menschen sind kreativ und wollen sich selbst verwirklichen. Die meisten wollen einfach einen Job, einen ohne grosse Veränderungen.
Deshalb: Die Genfer Sozialdemokraten zeigen mit ihrer Maschinenstürmer-Forderung auf ein ganz konkretes und vor allem brandaktuelles Problem: Unsere Lohnsteuer- und Rentensysteme steuern in die Krise, weil mit den auf Arbeit basierenden Finanzierungsmodellen schon bald Renten und Staatsaufgaben nicht mehr finanziert werden können.
Ob Sie also im September zur geplanten Rentenreform Ja oder Nein auf den Abstimmungszettel schreiben, ist egal. Die Kompromissreform wird unser Rentensystem nicht retten, weil die Erfahrungen der Vergangenheit einfach in die Zukunft fortgeschrieben wurden.
Das Resultat dieser Rückwärtsbetrachtung: länger arbeiten und mehr einzahlen. Und niemand fragt, wer denn bitte künftig länger arbeiten und mehr einzahlen soll.
Im September letzten Jahres habe ich in einer Kolumne geschrieben: «Wenn die Frau an der Migros-Kasse AHV-Beiträge zahlt, aber der Self-Scanner, der sie überflüssig macht, nicht; wenn der Pöstler, der die Pakete bringt, AHV zahlt, aber die Paket-Drohne, die ihn ersetzen wird, nicht, und wenn das Gleiche für den Taxifahrer, den Finanzanalysten, die Versicherungsberaterin gilt, dann ist die logische Schlussfolgerung: Für die AHV müssen neue Finanzierungsquellen gesucht werden.»
Um meine Argumentation zu verkürzen: Ergänze «AHV» mit «und Steuern».
Wenn wir also den Blick in die Vergangenheit richten, so können wir festhalten, dass die Unternehmen immer mehr Arbeit an ihre Kunden ausgelagert haben. Sie sparen damit Löhne und Sozialabgaben, und wir zahlen höhere Bankgebühren.
Und wir finden das völlig in Ordnung.
Unsere Gratisarbeit findet ausserhalb der Berechnungen fürs Bruttosozialprodukt statt. Obwohl sie erledigt wird, gibt es sie einfach nicht mehr.
Finden wir uns vorerst damit ab, dass viele noch etwas Zeit brauchen, um zu erkennen, dass die Steuer- und Sozialabgabesysteme grundlegend verändert werden müssen.
Dass beispielsweise für ein autonom fahrendes Uber-Taxi AHV bezahlt werden muss, und dass meine Arbeitsplatz vernichtende Gratisarbeit höhere Konsumsteuern zur Folge hat.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 2. August 2017
D.S. aus Muttenz meint
Und wenn es nach den Genfer-Sozis geht, so sollten vermutlich auch die Banken für jeden Bancomaten Steuern bezahlen. Wie viele Billett-Automaten hat eigentlich die BVB oder die SBB?