Noch vor ein paar Wochen hatte ich befürchtet, jetzt wo Corona weiterzieht, kehre der alte Trott zurück.
Nichts da mit gesellschaftlichen Veränderungen. Nichts mit Aufbruch zu neuen Ufern.
Schlagen wir uns wieder die Bäuche voll.
War da was?
Doch jetzt fegt ein Sturm über die Schweiz hinweg, der das Land und seine politische Landschaft tatsächlich verändern wird.
Grundlegend.
Man kann das, was an Veränderungen auf uns zukommt, an den Absurditäten ablesen, die seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine nationalkonservative Exponenten, die immerhin fast 30 Prozent Wähleranteile erreichen, in die mediale Welt transpirieren:
Mit der blinden Übernahme der EU-Sanktionen hat der Bundesrat leider die Glaubwürdigkeit der Schweiz als neutraler Staat untergraben.
Und:
Als Schweizer empfinde ich es als Schmach, dass sich jetzt die Türkei für diese vermittelnde Rolle anbietet und nicht wir.
(SVP-Chef Marco Chiesa heute in den Tamedia-Medien, (Paywall)
Das Problem, das hier in aller Deutlichkeit sichtbar wird, ist die Isolation der politischen Schweiz von der übrigen Welt, die man uns als „Neutralität“ verkaufen will.
Herrn Cassis, beispielsweise, fehlt in diesen schwierigen Tagen der Austausch mit seinen europäischen Kolleginnen und Kollegen.
Während die EU-Aussenminister und Staatschefs ihre – durchaus vorhandenen – divergierenden Einschätzungen der Lage untereinander diskutieren, führt der Schweizer Bundesrat Gespräche mit sich selbst.
Es wundert deshalb nicht, dass diese Selbstgespräche zu eigenartigen Erklärungen führen, die mehrfacher neuer Erklärungen des Erklärten bedürfen.
Allein auf weiter Flur zu handeln, ist nicht der Ausdruck von Neutralität, das nennt man schlicht und einfach „Isolation“.
Die neue Realität ist die, dass man sich für ein Betriebssystem entscheiden muss: Westen oder Osten, Demokratie oder Diktatur.
Und ja: Europa oder Isolation.
Die neue Realität ist, dass nicht die Schweiz über die Geschäfte ihrer Banken und Unternehmen in Russland (und China) entscheidet, sondern die USA, die G7, die Europäische Union.
Das ist nicht der Preis, den man für die Neutralität halt bezahlen muss, sondern der für Dummheit und Ignoranz.
gotte meint
„…führt der Schweizer Bundesrat Gespräche mit sich selbst.“ – schön wär’s! gemäss oliver washington heute im rendez vous führt er sie nicht mit sich selbst, sondern jedes mitglied führt eigene gespräche mit je einem anderen medientitel…
Andres Egger meint
Die Schweiz ist Schirmherrin des UN-Menschenrechtsrates.
Und bekennt sich trotz all der Gräuel nicht zu einer klaren Haltung.
Sie verrät damit die Werte, die sie mit viel Eigenlob zu schützen vorgibt.
Das hat nichts mit Neutralität zu tun, sondern mit zynischem Opportunismus.
Vielleicht müsste dieses Land einmal einen Krieg erleben, um zur Vernunft zu kommen.
Dem Ignorantio Cassis jedenfalls würde das gut tun.
Rampass meint
Ein Rat, welcher zu 70% einzig Israel verurteilt, kann ja nicht wirklich ernst genommen werden.
„Haltung“ besteht scheinbar darin, möglichst viele russische Diplomaten auszuweisen. Grossverteiler räumen Vodka aus den Regalen. Kann man machen, ist schlussendlich nur noch lächerlich.
Meine Grossväter sowie die meiner Frau, alle mit 189x-Jahrgängen, waren an zwei Weltkriegen eingerückt. Das reicht. Egger und Konsorten haben bei diesem Thema scheinbar irgenwelche Lücken und lassen deshalb solchen Stuss raus.
Klaus Kirchmayr meint
Straight to the point
Philipp Waibel meint
Je schlimmer die Krise, desto besser der Messmer! Chapeau!