Man könne doch das tun. Oder müsste jenes. „Ich hätte auch noch eine Idee“, ruft jemand dazwischen: „Geben wir Trump eine Investitionsgarantie, so, wie wir es mit Indien getan haben.“
Das aufgeregte Geschwafel hiesiger Politiker und Medien erinnert mich an das Kind, das seine Hand vor den Mond hält und ruft: ‚Schau mal, Mama – meine Hand ist grösser als der Mond!
Die bittere Realität: Die Schweiz ist schlicht zu klein, um ihre Industrie wirksam schützen zu können, schon gar nicht die Pharmaindustrie.
Am 19. Februar (Die Schweiz droht die Pharmaindustrie zu verlieren) habe ich folgendes geschrieben:
Und jetzt noch zu Basel: Die Nr. 47 hat angekündigt, ab dem 2. April 2025 Zölle von 25% auf Importe von Pharmaprodukten zu erheben. Diese Massnahme ziele darauf, Unternehmen zu ermutigen, ihre Produktion in die USA zu verlagern. Trump erklärte, dass diese Zölle im Laufe des Jahres weiter erhöht werden könnten.
Novartis strebt an, den Anteil der US-Verkäufe auf 50% des Gesamtumsatzes zu erhöhen.
Mit anderen Worten: Die Tage des Pharmariesen in Basel sind gezählt.
Auch auf Roche kommen erhebliche Probleme zu, denn der US-Markt ist auch für diesen Pharmakonzern von entscheidender Bedeutung.
Die Schwäche des Schweizer Pharmastandorts: Die Schweiz ist zu klein, um ihre Industrie wirksam schützen zu können. Die EU wird weder Roche noch Novartis zu Hilfe eilen.
Basel-Stadt sollte schon mal mit Sparen beginnen.
Was läge also näher, als dass Novartis versucht, einen eigenen Deal mit Trump auszuhandeln?
Der könnte so aussehen: In einem ersten Schritt werden wir unseren Hauptsitz in die USA verlegen und in einem zweiten die Produktion aller für die USA wichtigen Medikamente.
Dafür brauchen wir ein Stillhalteabkommen für fünf Jahre.
Deal!
Grosse Unterzeichnungsshow im Weissen Haus.
Vorhang.
Daniel Flury meint
«Beide geschlossene Fäuste werden vor den Körper gehalten. Die linke Hand streckt so viele Finger aus, wie die Zahl eines Faktors ist. Die rechte Hand streckt so viele Finger aus, wie die Zahl des zweiten Faktors ist. Nun wird die Zahl der linken Hand so oft mit sich selbst addiert, wie man rechts Finger wieder einknicken kann.»
Und die ganze Welt hat Schnappatmung. Faszinierend.
Thomas Zellmeyer meint
Was Sie beschreiben, ist in der Tat ein Albtraum und wäre eine Katastrophe für Basel, die Region Basel und die Schweiz.
Aber ich frage mich, ob wir bei diesem Szenario nicht allzu sehr der Argumentation und dem Narrativ von Trump auf den Leim gehen.
Mir als – zugegebenermassen ökonomischem Laien – stellen sich doch ein paar Fragen:
1. Die USA haben eine sehr tiefe Arbeitslosigkeit, sie sind nicht sehr weit von Vollbeschäftigung entfernt. Gleichzeitig fährt die gegenwärtige Regierung einen massiven Kurs gegen Immigration. Woher also sollen eigentlich alle diese Menschen kommen, die dann in den USA die Pharma-Produkte von Novartis, Roche und co. herstellen?
Und was die Stellen in Management und Forschung betreffen: Hier handelt es sich ja nicht nur um Spitzen-Manager und Topwissenschaftler, die relativ flexibel sind und denen es egal ist, ob sie in Boston oder Basel arbeiten. Hier gibt es im mittleren und unteren Segment viele Mitarbeitende, die in Basel oder der Region wohnen, nicht in die USA ziehen könnten, wollten und schon gar nicht dürften, wenn die verquere Logik Trumps überhaupt aufgehen soll. Sind sie 1:1 zu ersetzen? Liefert der amerikanische Arbeitsmarkt, das amerikanische Bildungswesen hier die nötigen Arbeitskräfte?
2. Die Produkte der Pharma-Industrie sind zu einem grossen Teil nicht substituierbar. Wenn ein Patient ein Medikament braucht, wird er (oder das Gesundheitssystem seines Landes) es wohl auch kaufen, wenn es 31% mehr kostet. Diese Überlegung hat etwas Zynisches, aber für den Zynismus verantwortlich ist ja nicht die Pharma-Industrie, sondern die US-Regierung.
3. Gegenzölle gegen die USA sind entweder schon beschlossen (China) oder könnten noch kommen (EU, weitere Staaten). Was nützt es Novartis, wenn es in den USA keine Zölle mehr zahlt, dafür in der EU oder China?
4. noch eine politische Überlegung: Die gegenwärtige Trump-Administration schädigt die Wissenschaft, gefährdet Weltfrieden und globale Sicherheit, unterhöhlt die Demokratie und – für ein Unternehmen vermutlich noch schlimmer – den Rechtsstaat. Ist das ein Klima, das für ein globales Unternehmen attraktiv ist? Zudem: Trump ist kein rationaler Dealmaker, sondern ein Erpresser. Bei einem Erpresser kann niemand sicher sein, wie lange seine Abmachungen halten. Und: politische Zyklen sind kurz, schon in vier, vielleicht sogar in zwei Jahren (Midterms) kann die ganze Situation schon völlig anders aussehen – und nicht zwingend zugunsten Trumps und der Republikaner.
Dies so meine, vielleicht unbedarften Fragen. Vielleicht kann mir die versammelte ökonomische und politische Schwarmintelligenz hier Antworten geben.
In einem Punkt gebe ich Ihnen aber 100% Recht: Die Schweiz alleine kann ihre Industrie nicht schützen. Deshalb sollte sie endlich einmal erkennen, wo ihre wirklich verlässliche Partnerin ist (EU) und ihre Politik danach ausrichten.