Alles ist relativ. Es ist oftmals einfach eine Frage, aus welcher Perspektive man eine Sache betrachtet. Nehmen wir beispielsweise diese Lodge, in der wir vor unserer Rückkehr ins Flachland letzte Station machen.
Sie ist wunderschön, hoch über Reisfeldterrassen gelegen und die geschmackvoll eingerichteten Bungalows bieten jenen Komfort, den man, wenn man den Flieger in Frankfurt oder Zürich besteigt, nach einer halben Umrundung der Erde erwartet.
Zum Frühstück gibt’s Müsli.
Vor dem Hintergrund unserer bisherigen Reisroute befinden wir uns erstmals in einer wirklich exotischen Umgebung.
Die Lodge scheint eine Art exterritoriales Gebiet zu sein. Die Anlage gehört einem Dänen und die Gäste sind ausschliesslich Ausländer. Vietnam findet sich auf der Speisekarte, beim Personal und in der Landschaftskulisse.
Aber im Grunde genommen könnten wir uns auch in der Toscana befinden oder in den Alpen.
Zum anderen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, man befinde sich in einer Art neokolonialen Zone. Man ist unter sich, geniesst bei sanftem Jazz als Hintergrundmusik den chilenischen Wein und plaudert entspannt über die nächsten Reiseziele.
Der Eindruck des Exterritorialen, des Neokolonialen wird vor dem Eingang zur Anlage durch die völlig ungewohnt aufsässigen „ethnic minorities’“-Frauen in den üblichen bunten Trachten verstärkt, die einem als Schwarm empfangen und ziemlich aggressiv auffordern, entweder etwas zu kaufen oder dann Geld rauszurücken.
Die Strasse vor der Hotelanlage ist die Kampfzone des Clash of Cultures.
Kurz, diese in jeder Beziehung wirklich sehr angenehme Hotelanlage zeigt die Realität des permanenten Missverständnisses.
Doch sie werden sich uns anpassen und nicht umgekehrt. Ob man das bedauert oder begrüsst, ist völlig wurscht. So sind nun mal noch immer die Kräfteverhältnisse (auch wenn man das in Europa in linken Häkelrunden anders sehen mag).
PS: Vielleicht gibt es auch eine viel profanere Erklärung: ein Konkurrent schickt Tag für Tag diese Busladung voller Frauen, um die Lodgegäste zu nerven, schlechte Bewertungen auf Tripadviser zu provozieren und die dänischen Besitzer mürbe zu machen. Um die Anlage über kurz oder lang für einen Spottpreis zu übernehmen. Aber so denken nur Europäer, gelle.