Das Problem ist doch, dass festgesetzte Bilder den Blick auf die Wirklichkeit verstellen.
So gilt weitherum, dass Populismus von Männer wie Trump, Johnson, Bolsonaro, Orbán etc. ausgeht.
Weshalb im politischen Katechismus für Schweizer ein für alle mal festgeschrieben ist: Populismus wie in Ungarn, den USA, Brasilien und sonst wo ist aufgrund der direkten Demokratie in diesem Land nicht möglich.
Weil hier das Volk das Sagen hat. Punkt.
Und sollte dann doch mal ein Blocher auftauchen – dann kann man Dominik Feusi zitieren, weil er die Eigenart der schweizerischen Demokratie so schön auf den Punkt bringt:
Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese antidemokratischen Extremisten an der Kraft und Stärke unserer Institutionen und Prozesse zerschellen werden. Politik läuft hierzulande einfach nicht so. #swissexeptionalism (auf Twitter im Zusammenhang mit CO2-Protesten)
Das Problem ist jedoch, dass unser direktdemokratisches System keineswegs gefeit ist gegen den Populismus. Weil Konsens ist, dass eine Initiative nicht populistisch sein kann, weil die vielen Unterschriften schliesslich vom Volk kommen.
Ausser die Unterschriften wurden von der SVP gesammelt.
Die unbequeme Wahrheit für Direktdemokraten ist jedoch, dass populistische Initiativen von links bis rechts und von sympathischen Einzelmasken (Kuhhörner und Pestizide) den politischen Diskurs in diesem Land beherrschen.
Man kann mit verhältnismässig wenigen Unterschriften die politische Agende besetzen, ohne dass man sich mühsam durch die Parteieninstitutionen quälen muss.
Auf der „Plattform für direkte Demokratie“ „We collect“ kann man nachlesen, was uns in den kommenden Jahren an populistischen Initiativen droht.
Geradzu exemplarisch für den direktdemokratischen Populismus ist die Gletscher-Initiative, die nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes von FDP-Exponenten als Alternative gepusht wird.
Gefordert wird mit ihr der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen bis spätestens 2050.
„Retten wir unsere Gletscher“ – ich meine, wer kann da, ausser mir, schon „Chabis“ rufen?
„Aha, du willst, dass unsere Gletscher verschwinden, du Gletscherleugner!“
Gletscher haben einen Habterbarmenquotienten ähnlich dem von Eisbären, Pandas und Pinguinen.
Direktdemokratischer Populismus ist, wenn bei einer Abstimmung nicht Fakten, sondern Bauchgefühle zählen.
Keine Frage also: Unser demokratisches System ist derzeit genau so gefährdet, wie andere Demokratievarianten auch.
Wollen wir UNSER System retten, muss die Zahl der erforderlichen Unterschriften für Initiativen und Referenden deutlich erhöht werden.
Oder wir ändern das System in Richtung repräsentativ.
Rampass meint
Die FDP-Exponenten, welche meinen, dass nach allfälliger Annahme der Gletscherinitiative der Gletscherschwund in Gletscherwachstum gedreht werden kann, sollten sich mal diesen Approach zu Gemüte führen: https://www.swissinfo.ch/ger/laesst-sich-der-gletscherschwund-mit-beten-bannen-/944264 Der funktionierte nämlich ganz ohne Ablass, Subventionen und Umverteilung.