Na jetzt wird’s interessant. Die Basler Zeitung ist heute der Meinung, dass Frau Gschwind von der FDP die besten Karten habe, diese Woche auf das Vierticket der Bürgerlichen zu kommen.
Weil, sie sei die beste Kandidatin.
Dann zählt Herr Gubler auf, was die Frau aus der Oberbaselbieter Kleinstgemeinde so alles drauf hat, u.a. ist sie seit fünf Jahren im Landrat und seit zwei Jahren Gemeindepräsidentin von Hölschte. Und weil sie als selbstständige Treuhänderin arbeitet, soll sie auch noch einen guten Draht zur Wirtschaft haben.
Es braucht heutzutage nicht mehr sehr viel, um in den Medien als valable Kandidatin fürs Regierungsamt gehandelt zu werden. Wahrscheinlich liegt das tatsächlich daran, wie Kommentatoren hier schreiben, dass man nämlich recht blöd sein muss, um Regierungsrat werden zu wollen.
Nun ist es jedoch so, dass ich nicht an diese These von der Fähigsten unter den Durchschnittlichen glaube.
Denn es geht bei dieser Ausmarchung, in die sich die FDP, ja und auch die SVP, hineinmanövriert haben, um Macht. Weshalb ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass die SVP-Parteileitung sich hinstellt und öffentlich eingesteht: Alle unsere Kandidaten sind nicht wählbar.
Nein, das geht nicht.
Ein solches öffentliches Eingeständnis wäre für die wählerstärkste Partei im Kanton wohl der schlechteste aller Wahlstarts.
Herr Kämpfer braucht den zweiten Kandidaten, um genügend Schub für seinen Wahlkampf zu bekommen.
Schliesslich sitzt der bis anhin nicht sehr glücklich agierende Herr Weber nicht derart sicher im Sattel, dass die Partei von einer sicheren Wahl ausgehen kann. Die SVP hat das Krähenbühl-Wegwahltrauma noch längst nicht verarbeitet. Ergo muss für die SVP gelten: Wenn eine zweite SVP-Kandidatin nicht wählbar ist, dann ist der einzige Vertreter in der Regierung abwählbar.
Und zum Zweiten liegt die Partei in der Wählergunst derzeit deutlich unter ihrem 27-Prozent-Wähleranteilziel für den Landrat.
Im Gegensatz zur FDP, welche Wahlen, so macht es den Eindruck, als Schönheitskonkurrenz begreift, hat die SVP das politische Thema – Lehrplan 21 und damit Sturm auf die Bildungsdirektion – und die zum Thema dieses Wahlherbstes passende Kandidatin: die Bildungspolitikerin Mall.
Kein bürgerlicher Wähler wird der Forderung widersprechen, die Verantwortung für die Bildungsdirektion soll nach Jahrzehnten der SP-Herrschaft endlich in bürgerliche Hände gelegt werden.
Was zur nüchternen Feststellung führt: Frau Mall hat, trotz SVP-Etikett, keineswegs die schlechteren Karten als die Frau Gschwind von der FDP.
Mal abgesehen von dieser etwas langen Einleitung, entschieden wird die Kandidatinnenfrage sowieso von Herrn Scherrer von der CVP.
Was zur entscheidenden Frage führt: welche Interessen diese Partei verfolgt. Ist es also im Interesse der CVP, der FDP wieder zu einem zweiten Sitz zu verhelfen?
Klare Antwort: Nein.
Am besten für die CVP ist sowieso der Status Quo: jede Partei in der Regierung hat nur einen Sitz. Damit ist sie so stark wie alle anderen, dank der Persönlichkeit von Herrn Lauber in der gegenwärtigen Konstellation ein bisserl stärker.
Doch wenn dieses Gleichgewicht nun ins Wanken geraten sollte, dann ist es aus machtpolitischem Kalkül für die CVP allemal besser, eine weitere SVP-Frau in der Regierung sitzen zu haben.
Falls diese gewählt wird.
Wird sie nicht gewählt, dann ist die CVP fein raus, sie hat ihre Aufgabe als Steigbügelhalterin erledigt; Herr Lauber ist mit gutem Resultat gewählt.
Wird Frau Mall gewählt, ist sie für die CVP die ideale Regierungsrätin.
Zum einen, weil die stramme SVP-Frau in der Regierung kaum mehrheitsfähig sein wird und zum anderen, das ist der grosse Spass an der Sache: Sie wird, auch wenn erneut ein SP-Vertreter in der Regierung sitzt, das Bildungsdepartement übernehmen. Schon aus dem Grund, weil die anderen nicht wechseln werden und der SP-Mann die Bildungsdirektion nicht haben will.
An der Bildungsdirektion, das ist eine Direktion, die völlig durchsetzt ist von schon seit Jahren auf bequemen Sesseln rumrutschenden Linken, wird sich Frau Mall die Zähne ausbeissen. Oder sich, zur Überraschung aller, durchsetzen. Auf alle Fälle werden mit ihr neue Akzente gesetzt, weil Frau Mall auf eine breite bürgerliche Unterstüzung im Landrat zählen kann.
So, und jetzt noch mal kurz zurück zu Frau Gschwind. Vergessen wir mal den FDP-Kleber und stellen eine weitere entscheidende Frage – in welchem Departement braucht es aktuell eine Politikerin mit ihrem Profil?
Kurze Antwort: in keinem.
Meury Christoph meint
Man ist ja geneigt all diese politischen Ränkespiele & Jonglagen als notwendig und gegeben hinzunehmen. Die Übungen scheinen Teil des politischen Geschäftes zu sein. Erlaubt sei aber trotzdem die unbedarfte Anmerkung und Frage nach dem notwendigen Leistungsausweis einer zukünftigen Kandidatin/Kandidaten für das Regierungsamt. Ich lese immer nur, dass jemand offensichtlich ein bisschen in der Partei aktiv war, vielleicht ein paar Jährchen im Landrat, oder zur Not im Gemeinderat einer Mini-Gemeinde (Hölstein hat 2’363 Einwohnerinnen) oder vielleicht als Schulrätin, politisiert hat, als selbständiger Jurist oder Treuhänderin tätig war, usw. Und dieser «Rucksack» (oder ist es eher ein Lunchsack) soll denjenigen für das Amt eines Regierungsrates qualifizieren? Ich war bis dato immer der Meinung, dass für dieses Amt Managementfähigkeiten (u.a. Führungserfahrung, Prozessmoderation, Krisenmanagement, Innovationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, usw.) gefragt sein müssten. Wieviel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat ein Regierungsrat in einem Departement zu führen? Wieviel Chefbeamte muss er/sie auf Kurs bringen? Da ist eine selbständige Treuhänderin vielleicht doch etwas sehr überfordert. Oder irre ich mich? Zudem erfahre ich als einfacher Stimmbürger nie etwas über ein allfälliges politisches Programm, oder zumindest ein paar inhaltliche Ambitionen der RR-Anwärter/-innen. Die Formel «ich traue mir dieses Amt zu» plus eine glückliche (aber zufällige) politische Konstellation reichen als Qualifikation, oder Ausgangslage, offensichtlich vollständig und schwupp bin ich als neuer Regierungsrat/Regierungsrätin nominiert und praktisch schon gewählt. Was uns da serviert wird ist eher Magerkost und schafft (zumindest bei mir) wenig Vertrauen in eine starke und handlungsfähige Regierung.
M.M. meint
So lange dieses politische Inzuchtbiotop Basel-Landschaft besteht, wird wohl keine Änderung zu erwarten sein. Ich habe die Hoffnung, dass da mal ein fähiger Kandidat auftaucht, schon längst begraben.
Unser System ist nun mal auf den Durchschnitt angelegt. Im Grossen und Ganzen sind wir so schlecht damit auch nicht gefahren.
Ich erinnere gerne an Herrn Stutz (mit dem ich zusammengearbeitet habe). Der war überdurchschnittlich und war deshalb fürs Regierungsramt untauglich. Das Erstaunliche ist doch, dass der Macher, wie man ihn sich gewünscht hatte, nach seiner Abwahl keine Lücke hinterlassen hat.
Seine mittelmässige Nachfolgerin hat ihre Sache durchaus gut gemacht.
Chienbäse-Baerti meint
Die Stadt ist natürlich genau das gleiche „politische Inzuchtbiotop“ wie der „Hüllftenschanz-Kanton“ wie das Beispiel Stutz belegt. Auch wenn wir im Ganzen und Grossen damit nicht schlecht (auch auf eidgenössischer Ebene) fahren, bleiben die grossen Würfe aus. Eben — Durchschnitt reicht aus.
Meury Christoph meint
Da passt das Zitat von Karl Kraus wunderbar: «Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge einen langen Schatten.»
gotte meint
für ein exekutivamt braucht es weder technokraten noch spezialistinnen noch mänätschrs. es braucht politiker und politikerinnen, die sich mit guten leuten umgeben können und fähig sind, entscheidungen zu treffen, allianzen zu schmieden und das volk zu überzeugen. deshalb ceterum censeo: quereinsteiger scheitern eher als ochsentürler.
Meury Christoph meint
Den Manager verächtlich zu machen ist populistisch. Man kann einen guten Manager nicht einfach als Technokraten abqualifizieren, sonst hat man etwas falsch verstanden. Gute Manager müssen ziemlich viel drauf haben. Es wäre daher nicht falsch, wenn unsere Politiker ebenfalls über einige dieser Management-Kompetenzen verfügen würden.
Wikipedia: Ein Manager (von englisch to manage „handhaben”, „bewerkstelligen”, „leiten”; Stammwörter sind die lateinischen Begriffe manus ‚Hand‘ und agere „treiben”, „führen”, „tun”) ist eine Person im Anstellungsverhältnis, welche Managementaufgaben in einer Organisation wahrnimmt. Die wichtigsten Managementaufgaben sind Planung, Organisation, Führung und Kontrolle. Die Begriffe Manager und Führungskraft werden häufig synonym verwendet, obwohl sie sich in den Aufgaben und Kompetenzen unterscheiden. Führung ist ein Teilbereich des Managements, folglich benötigen Manager vor allem Managementkompetenzen, während Führungskräfte insbesondere über Führungskompetenzen verfügen müssen.