In London herrscht anders als zum Beispiel im Waldenburgertal tatsächlich so etwas wie Dichtestress. Das enge Zusammenleben hat den unbestreitbaren Vorteil, dass mehr Austausch, grössere Reibung, stärkeren Wettbewerb, höheres Tempo und so weiter zu einem vielfältigeren Angebot an Ideen führt.
Der Dichtestress ist auch dahingehend ein Vorteil, dass man als Einzelner in der Masse aufgeht, was ich als sehr befreiend empfinde.
Und doch ist man Teil eines grossen Gedankensystems, das eine Stadt wie London am Leben erhält und so unverwechselbar macht.
Wir haben in den letzten Wochen zahlreiche Sonderausstellungen besucht.
Wir schauen uns so eine Themenschau immer mit einem Audioguide ausgerüstet an, weil man dabei nicht nur viel Unbekanntes zu hören bekommt, sondern auch die Beweggründe versteht, weshalb sich Kuratoren Sonderausstellungen zu Picasso „Portraits“, über Caravaggio, über Rauschenberg, zu Elton Johns Fotografiensammlung „Radical Eys“ und soweiter einfallen lassen.
Wo Dichtestress herrscht, gibt es genug Interessierte, welche bereit sind, für diese aufwendige kulturelle Arbeit auch Eintritt zu bezahlen. Und eine genügend grosse Anzahl potenter Steuerzahler und Mäzene, welche die Museen finanzieren.
Niemand käme also auf die Idee, so etwas in Waldenburg zu zeigen. Gut, die haben dort ihre eigene Kultur.
Dichtestress bedeutet aber auch, damit zu leben, dass es zu Störungen im Netzwerk kommt, wie vor zwei Tagen, als unser 14er-Bus umgeleitet wurde, weil im Victoria and Albert Museum Bombenalarm ausgelöst und das Gebiet weiträumig für den Verkehr gesperrt worden war.
Oder jetzt dann wieder übers Wochenende: Alle U-Bahnlinien werden wegen eines Streiks lahmgelegt.
Selbst das gehört zum Dichtestress.
Nebenbei bemerkt: Pendler zahlen in London für ein Monatsabo im Schnitt £387 . Das Durchschnittseinkommen liegt in London bei £48,023. Wobei zum Beispiel das Durchschnittseinkommen von Buchhaltern bei rund £29’000 liegt. Wir bezahlen für das Monatsabo für die Zonen 1 und 2, was ungefähr dem Radios des U-Abos entspricht, £124 oder aktuell umgerechnet 155 Franken.
Christian Wehrli meint
Oh ja, in der Menge der Menschen auf- aber nicht untergehen passt mir genau so. Denn Nähe ist weder bedrohlich, noch einengend. Ich habe ja zurzeit die Dichte von Downtown Toronto, aber die Weite von Richmond Hill Ontario. Beides passt. Der monatliche Betrag für TTC, also Subway und Bus in Toronto ist $146.25 oder umgerechnet knapp 112 Franken.
Mir macht höchstens hier und da mal Dichterstress, wenn ich mir keinen Reim machen kann.
Przewrocki Michael meint
Wie weit-in km-ist der Radius des 3x grösseren Abos für 484 chf/monat? das kleine ist somit doppelt so teuer als bei uns. Dafür gehts wohl schneller vorwärts.