Das Schloß hatte ihn also zum Landvermesser ernannt. Das war einerseits ungünstig für ihn, denn es zeigte, daß man im Schloß alles Nötige über ihn wußte, die Kräfteverhältnisse abgewogen hatte und den Kampf lächelnd aufnahm.
Franz Kafka, Das Schloss
Herr Grunder ist Landvermesser.
Ich löge, wenn ich behauptete, er sei mir sympathisch. Herr Grunder war mir vielmehr auf Anhieb äusserst suspekt, als er vor gut fünf Jahren aus dem Nichts auf meinen Radarschirm auftauchte.
Der Mann gibt sich Mühe mit Frisur, Hemd, Krawatte und Anzug. Das alles lässt sich mit dem Wort „modisch“ zusammenfassen. Man kann darin aber auch den Wiedergänger des Biedermeier erkennen.
Schau, dort spaziert Herr Biedermeier und seine Frau, den Sohn am Arm; sein Tritt ist sachte wie auf Eier, sein Wahlspruch: Weder kalt noch warm.
Der Landvermesser aus dem Emmental hat seine Lebensbestimmung, seine Lebensaufgabe darin gefunden, einer gewissen Frau Widmer , die seit vier Jahren Bundesrätin ist, von der man aber noch immer nicht weiss, für was sie eigentlich steht, die Wiederwahl zu sichern.
Mehr wollen der Mann und seine Partei nicht.
Der Rest ist Polittreibsand, mal hierhin, mal dorthin. Nicht das Ziel ist wichtig sondern die Bewegung.
Der Erfolg dieser Partei und der anderen Blackbox, der glp, wiederspiegelt den Zeitgeist. Eine Binsenweisheit, weil die Ergebnisse von Wahlen immer Momentaufnahmen des gerade herrschenden Zeitgeistes sind. Zeitgeistig wie die TagesWoche, deren Erstausgabe in einem harmlosen Gefälligkeitsinterview mit Frau Widmer gipfelt.
Insofern ist Frau Widmer die richtige Frau am richtigen Ort. Wir erleben das Ende einer Epoche.
Herr Grunder, Landvermesser, und Frau Widmer, Politikertochter, diese beiden Ausstülpungen des Zeitgeistes, signalisieren das definitive Ende der Konkordanz.
Es ist eine kleinbürgerliche Revolution von adrett gekleideten Kleingeistern umgesetzt.
Wir hatten ja früher auch keine Fürsorge des Schlosses gemerkt, wie hätten wir jetzt
einen Umschwung merken sollen.
mehrlinks meint
Voll daneben! M.M., mit Kafka müssen Sie einem Bärner Gring nicht kommen! Und, auch viele Urbanis machen nicht immer die beste Figur, trotz edlem Tuch …
Es hat seine Zeit gebraucht, aber nach vierzig Jahren haben sich die Berner wieder an die alte BGB erinnert, – der Blocher-Stil samt Inhalt passt denen einfach nicht. Insofern alles folgerichtig, und für die BDP und Widmer-Schlumpf eine sogenannte win-win-Situation.
Immer diese Missverständnisse! Keinesfalls das Ende der Konkordanz, nur eine längst fällige Neu-Vermessung des politischen Terrains. Dass niemand das Sumpfland will, ist verständlich. Und ob die Nachbarn unsere Grenzsteine respektieren, hängt auch davon ab, wie wir mit ihnen reden …
Immerhin sitzt Grunder Hans nicht verkehrt auf dem Ross, „er luegt nome no schnäu z’rögg, bevor er zum nächschte Gump aasetzt.“
„… Pferde sind mir viel zu gefährlich!“ meinte aber letzthin in einem Interview ein anderer Emmenthaler, Lüthi Tom, der Töfffahrer …
C.P. meint
Dann hoffe ich doch, dass der gerade herrschende Zeitgeist noch etwas anhält. Adrett gekleidete Kleingeister sind, auch fürs Strassenbild, weit erfreulicher als geschmacklos-schlampig gekleidete Kleingeister. Kleingeistigkeit ist konkordant (Uebereinstimmung) mit 90% der Bevölkerung. Sollten diese 90% in Zukunft adrett gekleidet sein, wäre das zumindest fürs Auge gut. Es lebe die adrett gekleidete Revolution 😉
Markus Meier meint
volltreffer.