Kürzlich war ich in London. Der Flug kostete mich 26 Franken hin und 86 Franken zurück. Die übliche Reaktion im Bekanntenkreis: Fliegen ist einfach viel zu billig. Unsinn. Die von EasyJet sind ja keineswegs blöd, sondern verhalten sich marktwirtschaftlich. Und die setzen zeitgemässe Software ein, welche den Preis pro Flugticket, gemessen an der Nachfrage und den Betriebskosten, individuell berechnet. Man kann vielmehr davon ausgehen, dass die Preise für Interkontinentalflüge ebenfalls noch deutlich sinken werden, zumindest auf den für die Wirtschaft wichtigen Strecken.
Schnitt: In der Schweiz sind gegenwärtig 300 000 Menschen temporär beschäftigt. Das ist, gemessen an den rund 4,9 Millionen Beschäftigten, ein Klacks. In den USA beispielsweise arbeiten bereits heute 34 Prozent der Beschäftigten als Freelancer. Bis ins Jahr 2035, so die «Freelancers Union» soll dieser Anteil gar 50 Prozent betragen. Während bisher vor allem in der Industrie Jobs verschwunden sind, zeichnet sich jetzt der Abbau im Dienstleistungssektor und in der Administration ab.
Entscheidend ist vor allem der Anteil an Tätigkeiten, die sich wiederholen und die sich digitalisieren lassen. Berufe wie Bankkundenberater, Augenoptiker, Sportjournalist oder Immobilienverwalter sind genauso bedroht wie weniger qualifizierte Tätigkeiten wie Kassiererin und Taxichauffeur. Die BKB bietet derzeit Online-Hypotheken mit 30 Prozent Rabatt an, wenn der Kunde auf eine Beratung verzichtet. Der Trend: Freelancer werden zum Reservearbeitsheer für Dienstleister. Egal wo die auch immer wohnen.
Schnitt: Kürzlich berichtete die BBC, dass die britische Regierung 60 Millionen Pfund, rund 91 Millionen Schweizer Franken, in eine Firma investiert, die einen Hybrid aus Düsentriebwerk und Raketenantrieb entwickelt, mit dem eine Mischung aus Spaceshuttle und Flugzeug bestückt wird. Mit dem neuen Flieger können Passagiere in gerade mal vier Stunden von London nach Sydney fliegen. Erste Testflüge sollen bereits in vier Jahren stattfinden.
Schnitt: Die Geschwindigkeit des Internets ist eine wichtige Kennzahl für die Beurteilung der Zukunftsfähigkeit eines Landes. Die Schweiz belegt Platz fünf in der Welt. In Südkorea, Platz 1, ist man im Web beinahe doppelt so schnell unterwegs. Schon in absehbarer Zeit werden jedoch Übertragungsraten für Festnetzanschlüsse von 100 Gigabits in der Sekunde erwartet. Und die nächste Generation der mobilen Datenübertragung, die 5-G-Technologie, wird Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde erreichen.
Diese drei Faktoren – kostengünstige und schnelle Langstreckenflüge, die weltweit steigende Zahl der Temporärarbeiter und hohe Übertragungsraten im Internet – werden den Arbeitsmarkt grundlegend verändern.
Zum einen können Dienstleister auf eine Reservearmee von hoch qualifizierten Mitarbeitern zurückgreifen, die als Freelancer und mit einem schnellen Internetzugang irgendwo auf der Welt ihrer Tätigkeit nachgehen.
Und zum anderen wird aufgrund von schnellen und kostengünstigen Flugverbindungen plus hohen Übertragungsgeschwindigkeiten des Internets für hoch qualifizierte Mitarbeiter weniger die geografische Nähe zum Unternehmen, sondern vielmehr die Lebensqualität am (wechselnden) Aufenthaltsort die entscheidende Rolle spielen. Was bedeutet, dass das alternde Europa – und die Schweiz sowieso – über gute Karten im Kampf um die Talente verfügt.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 9. März 2016