Wollen wir uns doch nochmals mal kurz in die Causa Conti vertiefen, jetzt, wo sich der Staub, den er äusserst geschickt aufgewirbelt hat, zu setzen beginnt.
Als Erstes kann man festhalten, dass dieses Eingeständnis und der Rücktritt von Dienstag eine Meisterleistung in Sachen Kommunikation gewesen ist.
Womit wir bei der allerersten Frage wären, die man sich in einer Krisensituation stellen muss: Welche Absicht verfolgt man mit dem Gang in die Öffentlichkeit.
Dabei gibt es zwei verschiedene Ebenen zu beachten: Die eine ist der kurzfristige Befreiungsschlag aus einer auswegslosen Situation. Die Zweite ist jedoch viel wichtiger, nämlich: Welches Bild wird sich in einem Jahr in der Öffentlichkeit verfestigt haben.
Diese Zeitachse ist aus zwei Gründen wichtig: Zum einen vermeidet man es so, in die Aktualitätsfalle der Medien zu tappen; was die heute und morgen schreiben und berichten, ist unwichtig. Wichtig ist einzig, was man über Herrn Conti in einem Jahr schreiben und berichten wird, welches Bild sich in der Öffentlichkeit bis dahin gefestigt hat.
Wenn Herr Conti sagt, er habe sich der Sache mit seinem Kontokorrentkonto über Weihnachten angenommen, dann ist das selbstverständlich Unsinn.
Herr Conti ist am 19. Dezember, am Tag der Pressekonferenz der Baselbieter Regierung in Panik geraten.
Als Erstes hat er sich mit einem seiner engsten Vertrauten, dem Departements-Master of Communication, Jürg Diezig, besprochen. Man kann davon ausgehen, dass der überaus korrekte Herr Conti nicht lange gebraucht hat, um sich einen Überblick über sein Kontokorrentkonto zu verschaffen. Dann hat er Conti noch weitere Vertraute, einen Juristen, einen Komunikationsexperten, um sich geschart, ein kleines verschworenes Krisenteam also, um eine Strategie zu entwerfen.
Denn so eine Krise meistert man nicht allein. Da braucht man professionelle Hilfe.
Im Vordergrund stand die kurzfristige Frage, wie man die Chose kommunizieren soll. Dabei hatte man drei Ziele vor Augen:
- Die juristischen Konsequenzen: Die Kommunikation muss bereits die Verteidigungslinie beinhalten, die man verfolgen wird, sollte die Staatsanwaltschaft tätig werden. Ergo: „Ich habe mich nicht richtig um diese Dinge gekümmert und war zu wenig sorgfältig. So kam es zu Missverständnissen und unkorrekten Buchungen.“ Da muss man zunächst einmal das Gegenteil beweisen können.
- Imageschaden in Grenzen halten: Das Einfachste ist, den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Was erwartet man von seinem besten Freund, wenn der Mist gebaut hat? Richtig: „Wer einen Fehler macht, steht dazu und versucht, ihn zu bereinigen.“
- Zukunft vorbereiten: Diese beginnt mit einem Rückblick und mit Standhaftigkeit: Ich bin seit 14 Jahren Regierungsrat und dies sehr gerne. Natürlich hätte ich mich auch einmal zurückgezogen. Ich will meine Aufgabe mit dem notwendigen Einsatz bis zum letzten Tag erfüllen.
Womit wir bei der eigentlichen Frage angelangt wären: die nach der Intention.
Hier gilt es zunächst festzuhalten, dass Herr Conti ein Polittalent der Sonderklasse ist. Er hat es in den letzten Jahren ausserordentlich geschickt verstanden, sich als ein zupackender und damit tüchtiger Politiker darzustellen; der irgendwie über den Dingen schwebt.
Diese Rolle des schwebenden Zupackers ist ihm auf den Leib geschrieben.
Doch die nötigen Rahmenbedingungen für diese Art der Politdarstellung wurden erst so richtig mit der Verselbstständigung der kantonalen Spitäler gesetzt.
Seither hat ein Santitätsdirektor im Kanton Basel-Stadt im Grunde genommen nicht mehr viel zu tun.
Er hat also genügend Zeit, um über den Dingen zu schweben. Zum Beispiel auf nationaler Ebene als Direktor der Gesundheitsdirektoren.
Er kann auch Vorträge halten oder den Vorsitz für eine Lobbyorganisation der Pharmaindustrie übernehmen, deren Namen selbstredend Programm ist: Forum Gesundheitswirtschaft Basel.
Womit wir beim wichtigsten Punkt angelangt wären: Carlo Conti ist und bleibt ein wichtiger Mann für die Basler Pharmaindustrie. Einen wie ihn lässt man nicht einfach fallen, nur wegen einer solchen dummen Honorargeschichte. Zumal es sich – gemessen an den Massstäben in deren Chefetagen – bei 110’000 Franken um Peanuts handelt. (Ich bin der Meinung, dass man die Bezüge von Regierungsräten in den beiden Basel gut und gerne verdoppeln müsste, um diesen 24/7-Job angemessen zu entschädigen.)
Herr Conti ist zwar bekennender Katholik, der reuige Sünder („erfleht Barmherzigkeit“) für ihn also ein durchaus glaubwürdiges Verhaltenschema ist, dennoch glaube ich weniger ans Gute im Menschen, als vielmehr daran, dass auch er in erster Linie mit Blick auf den persönlichem Nutzen handelt.
Lassen wir die privaten Fragen, die auch eine Rolle spielen, mal beiseite, kommen wir wieder auf unsere Ausgangsfrage zurück, die für die öffentliche Person Conti entscheidend ist: Welches Bild von ihm wird sich in einem Jahr in der Öffentlichkeit verfestigt haben.
Denn:
Am 18. Oktober 2015 finden die Nationalrats- und Ständeratswahlen statt. Es gibt im Kanton Basel-Stadt nur einen, dem man eine reelle Chance einräumen kann, den seit Jahrzehnten von den Sozialdemokraten besetzten Ständeratssitz endlich für die Bürgerlichen zu erobern: CARLO CONTI.
Im Sommer wird er deshalb für ein paar Monate in der Erholung abtauchen, später im Jahr ein Büro in einer Anwaltskanzlei beziehen, diesen oder jenen Verwaltungsratsposten annehmen. Um dann mit ein paar bewusst gewählten öffentlichen Auftritten die allgemeine Stimmung zu testen, um im Frühjahr 2015 von den Bürgerlichen mit Akklamation in den Ständeratswahlkampf geschickt zu werden.
Er wäre nicht der schlechteste Vertreter, den Basel-Stadt in den letzten Jahrzehnten nach Bern geschickt hat.
Sein Rücktritt und sein Schuldeingeständnis ist mit Blick auf dieses Ziel eine Meisterleistung.
kaputtmundi meint
Die Stöckli-These stützt auch die vorauseilende, gütige Reaktion der BaZ (bürgerlicher Kandidat mit Geleitschutz) und der absurde Zeitraum von 180 Tagen für einen Rücktritt (ca. 3 mm am Tag). Nach 6 Monaten geht CC ganz anders von der Bühne, und mit einem genügend kurzen Intervall für den Wahlkampf.
lha meint
contis berater haben augenscheinlich begriffen, wie in der mediendemokratie mit fehlern umzugehen ist. der raum nach öffentlicher vergebung zu streben sind die medien. im angelsächsichen raum und im grossen kanton sind die talkshows das geeignete format dazu. anknüpfend an das gängige christiliche schuld-und-sühne ritual inszeniert er sich öffentlich als sünder, tut busse, leistet wiedergutmachung und darf auf einen freispruch durch die öffentlichkeit hoffen, die ja schliesslich den handlungsmustern ihrer eigenen kultur folgen muss. was blieb dem katholiken conti auch anderes übrig? das geständnis musste aber zwingend vor der fasnacht kommen. wer sich freiwillig als schnitzelbankpointe opfert, dem wird vergeben.
in diesem sinne, darf sich niemand wundern, wenn conti als reingewaschene lichtgestalt in den ständeratswahlkampf 2015 einsteigen und diesen am ende sogar noch gewinnen wird.
Blacky meint
Und dann wird halt jemand – auch auf dem rechten Rheinufer – nochmals (und ein bisschen widerwillig, aber halt erst recht) sich selbst und den Genossen sagen: „Let’s Fetz!“
Rainmaker meint
Ein spannender Wahlkampf: Spenden- versus Honorar-Affäre!
M.M. meint
Anita Fetz hat keine Chancen gegen Conti, weil sie die Linke nicht mehr mobilisieren kann. Die einzige ebenbürtige Gegnerin: Eva Herzog.
Mann, da wäre endlich Zug im Kamin!
peter meint
Entbehrt nicht einer gewissen logik, bin mal gespannt wie sich und ob das so entwickelt und kurz danach wir MM den platz vom Mike Shiva einnehmen koennen, duerfen oder nicht oder so oder doch…….;),