Morgen ist PrimeNews seit einem Monat online. Wobei die meisten Leute fragen werden Prime-was? Für alle, die es noch nicht mitbekommen haben: Das ist der Onlinekanal mit lokalen Eigenrecherchen, der vom ehemaligen Lokalchef der Basler Zeitung, Christian Keller, gegründet wurde.
Zählt man die Leute auf dem Föteli zusammen, dann sollen 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich neue Geschichte liefern. Mindestens eine neue soll die Leserschaft jeden Tag auf dem Portal vorfinden.
Was soll ich sagen: Zum einen liefern die, so zeigt dieser erste Monat, durchaus seriös recherchierte Geschichten.
Zum anderen sind das jedoch lokale Stories, wie man sie auch in der BaZ oder in der bz lesen kann.
Und weil man möglichst vielen etwas bieten möchte – das Problem der Tagesmedien – könnte man die Geschichten als etwas beliebig gewählt bezeichnen.
Wobei damit bereits das Grundproblem des Lokaljournalismus angesprochen ist: Während Trump Lesestoff für alle bietet, interessieren sich halt nur ortsansässige für Entlassungen von Putzpersonal in einem lokalen Altersheim.
Um da doch etwas boulevardesken Schwung reinzubringen, hilft nur ein enervierter Büttiker, aber der tut das auch nicht alle Tage.
Wie man bei der Geschichte übers Gribis Wohnheim sieht.
Irgendwie ist PrimeNews einfach nochmals die TagesWoche. Minus eine bis jetzt nicht erkennbare politische Grundhaltung.
Clever ist das Geschäftsmodell von PrimeNews – wer kein Abo hat, muss sich zunächst Werbung angucken, bevor der Beitrag gelesen werden kann. Das nervt auch bei Online-Videos.
Unter dem Strich: PrimeNews ist ärgerlich.
Weil ich zu den tausend Franken für das BaZ- und das bz-Abo noch zusätzliche 69 Franken bezahlen muss, um Lokalgeschichten zu lesen, die Christian Keller und seine Crew gerade so gut in einer der beiden Zeitungen veröffentlichen könnten.
What a waste of energy.
Denn es ist so klar wie das Amen in der Kirche: PrimeNews hat keine Überlebenschance, weil es zum einen zuwenig bietet, dass man auf anderes verzichten könnte. Und zum anderen: Die Geschichten sind Nice to read aber keine Notwendigkeit.
Vielleicht ändert sich das noch, wenn nächstes Jahr die für Journalisten glücklichen Wahlzeiten anbrechen und die Themenagenda beherrschen.
Möglich, dass es Keller gelingt, da ein paar eigenwillige Akzente zu setzen.
Aber das ist dann erst recht ein Minderheitenprogramm.
Christian Keller, es sei ausdrücklich gesagt, ist einer der besten Lokaljournalisten in Basel. Ich verstehe es sehr gut, dass es ihn juckt, mal was eigenes zu machen. Ja er bekommt von mir alle fünf der möglichen Sterne dafür, dass er sich als Unternehmer ins reale Leben stürzt.
Aber dieses Projekt macht nur Sinn, wenn er es ein, zwei Jahre hochpusht und dann an irgendjemanden verkauft.
Ansonsten droht er in dieser kurligen Online-Nummer zu enden, die Knechtli seit Jahren – sehr ernsthaft – durchzieht.
Wenn ich komplett daneben liege, mit meiner Einschätzung, dann soll es mir recht sein.
Morgen befasse ich mich in meiner Kolumne in der BaZ ebenfalls mit einem Minderheitenthema: Ich juble Elisabeth Schneider-Schneiter hoch, was im Politbetrieb als grösste aller Provokationen gilt.
Das auffälligste an ihr, die seit acht Jahren für die CVP im Nationalrat sitzt, ist die tiefe Abneigung, die ihr permanent entgegenschlägt. Partei- und geschlechtsunabhängig, also querbeet. Das habe ich so noch selten erlebt. Die kollektive Abneigung, die auch mal in blanken Hass umschlägt, kann man als ihre „unique selling propositon“ bezeichnen.
Sissacher meint
Also die ersten Geschichten, die ich bei Bräimnius las, tönten sehr BaZ-esque („Saubanner-Zug der Juso“). Damit war für mich die Sache erledigt. Politisch nicht klar positioniert? Wer Keller in den BaZ-Jahren etwas verfolgt hat, weiss, woher der Wind weht. Es fehlen eigentlich nur noch die Leserkommentare „Wessel muss wegg!!“ oder eine Kolumne von Michael „The Greatest!“ Bahnerth über die Schminktipps von Evi Herzog.
Da guck ich mir lieber etwas die knallbunte, absolut kultig-veraltete, aber inhaltlich leckere Seite von Knechtli online an.