Man muss es einfach auch mal festhalten: Es ist nicht China, es ist nicht Indien, es ist auch nicht Brasilien.
Das Land, das schon jetzt und auch für die nächsten Jahre hervorragend aufgestellt ist, ist die Schweiz. Vieles stimmt, manches ist viel besser als anderswo- kurz: der Erfolg des Schweizer Modells liegt darin, dass es sich um „eine wohlorganisierte Republik mit Fehlern“ (Sokrates) handelt.
Genau das gibt den Bewohnern dieses Landes das Gefühl, sie seien insgesamt durchschnittlich.
Weil es sich bei diesem Spitzenplatz um eine realexistierende Unmöglichkeit handeln muss, duckt man sich weg, macht man sich kollektiv kleiner, als man in Tat und Wahrheit ist. Denn da ist diese weitherum vorhandene Angst: Wer die Spitze erreicht hat, für den scheint es danach nur noch den Weg nach unten zu geben.
Schliesslich muss ja jeder, der das Matterhorn erklommen hat, mal wieder runter. Doch die Leute blenden offensichtlich aus, dass sich dort unten Zermatt befindet, Zermatt und nicht Kalkutta.
Klammer auf: Insofern kann sich der Kanton Baselland glücklich schätzen, weil er ein Finanzproblem hat. Das ist wenigstens eines. Nicht auszudenken, über was wir diskutieren müssten, hätten wir nicht unser geliebtes strukturelles Defizit. Klammer zu.
Wenn man kein Problem hat, ist das Problem, dass es für die Politik im Grunde genommen nichts zu tun gibt.
Also schafft man sich künstliche neue, zum Beispiel in der Energiefrage. Da hat man zwar weltweit mit über 50% den Spitzenplatz bei erneuerbaren Energien erreicht, aber es ist halt Wasserkraft und nicht Solarenergie.
Scheisse auch.
Avenir Suisse hat für das an Problemen arme Land, antizyklisch handelnd, ein Buch mit „Ideen für die Schweiz“, „44 Chancen, die Zukunft zu gewinnen“ vorgelegt.
Es handelt sich durchwegs um diskussionswürdige Vorschläge und Überlegungen.
Etliche sind derart vernünftig, man könnte die im Grunde genommen sofort umsetzen. Um mal zu schauen, was passiert. Zum Beispiel die Unterschriftenzahl für Initiativen und Referenden erhöhen oder die Einführung eines Einheitssteuersatzes für die MwSt.
Doch es ist davon auszugehen, dass nach den heutigen Kommentaren und Meldungen in den Medien, nichts mehr mit den Vorschlägen passiert.
Wer keine wirklichen Probleme hat, befasst sich mit den selbstgebastelten.
Weil er oder sie die zumindest versteht.
Jens meint
Naja, also ich glaube damit: „die Einführung eines Einheitssteuersatzes für die MwSt.“ …könnten wir uns in Deutschland auch noch ne Weile beschäftigen. Aber leider ist das Land hier alles andere als durchschnittlich. Manchmal wäre mir ein bisschen mehr „normal“ echt lieber. 🙂
Grüße! Jens
merlinx meint
Wieder mal ein schöner Text, abgerundet, pointiert, angenehm rhythmisierter Lesefluss – das Foto mit der grotesken Lok, die auf uns zu rast, passt dazu …
merlinx meint
(Apropos „grotesk“: scheint ein Problem des IEX-Browsers auf meinem Rechner zu sein (Version 8, Windows XP 32-bit), die Fotos werden senkrecht verzogen. Die andern Browser, Firefox, Opera, Chrome stellen die Bilder korrekt dar.)