Ach, diese Laufentaler.
Was das Erstreiten von Sonderregelungen für die 19 626 Bewohner – 1069 weniger als in Allschwil – anbelangt, so gilt wohl: Die habens erfunden.
Weshalb es nicht wenige im Baselbiet gibt – ach was, sind doch alle in den Stammlanden –, die immer öfter aufstöhnen: «Ach, wären sie doch bei Bern geblieben.» Oder zu den Solothurnern gewechselt. Oder noch besser zu Basel-Stadt.
Denen wären ein paar aufmüpfige Landbewohner im Grossen Rat zu gönnen.
Aber jetzt haben wir sie an der Backe, weil Bern bei der ersten Abstimmung getrickst hatte (damals 57 Prozent für einen Verbleib bei Bern), weshalb auf höchstrichterliche Anordnung die Abstimmung umsverworgen wiederholt werden musste.
Die Baselbieter meinten, es handle sich um einen Schönheitswettbewerb, der, falls gewonnen, das Selbstwertgefühl heben würde.
Weshalb sie zu vielem Ja und Amen sagten.
Zum Beispiel zu diesem Spital in Laufen, das nun niemand wirklich braucht.
Gut, als Arlesheimer sollte ich wohl die Klappe halten. Schliesslich erreiche ich von meinem Hochsitz aus – ich sehe selbst an wolkenverhangenen Tagen rüber ins Elsass, und von dort aus ist es nicht mehr allzu weit bis Paris – um fortzufahren: Im Fall der Fälle bin ich in knapp fünf Minuten im nächsten Spital.
Zu Fuss.
Deshalb könnte man ja schon behaupten, was den Arlesheimern recht ist, sollte doch den Laufentalern billig sein. Wobei, nein, billig ist es nicht, dieses üppige Spitalangebot.
Gefühlt an jeder Ecke.
Sagen wir es so: Mit dem Spital in Laufen verhält es sich so wie mit den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit.
Eigentlich braucht man weder das Spital noch die Flankierenden.
Weil es jedoch politisch nicht anders geht, gibts die Spitalfusion nur mit dem Spital Laufen, so wie es die Personenfreizügigkeit nur mit den Flankierenden gibt. Die Kosten für solche Kompromisse sind der Preis der Demokratie.
Das sind politische Kosten, stupid, die, kollektiv verteilt, das Gefühl von Gerechtigkeit bedienen sollen.
Ist schliesslich auch was
Das ist so ein Grund, weshalb ich für die Politik absolut nicht tauge.
Obwohl Leute, die sich über meine Kommentare nerven, meinen: «Geh doch in die Politik, wenn du immer alles besser weisst.»
Das tue ich ja, aber ich hätte nicht die Geduld, mich in stundenlangen Gesprächen, mit den Laufentalern zum Beispiel, auf einen Deal zu einigen, den ich dann als alternativlos verkaufen müsste.
Was ja immer Millionen kostet.
Also: Weil es diesen Anschlussvertrag gibt und das Spital Laufen einen Chefarzt für Innere Medizin hat und der seinen Job trotz bedenklich tiefer Fallzahlen behalten soll, kostet das schlappe 1,67 Millionen Franken pro Jahr.
Logisch wäre, auch unter medizinischen Aspekten, die Innere Medizin in Laufen zu schliessen und die Patienten künftig zentral zu behandeln. Doch was soll die Vernunft, wenns ums Prinzip geht. Also übernimmt der Kanton jährlich 1,5 Millionen Franken.
Im Tal herrscht überschwängliche Freude.
Regierungsrat Thomas Weber ist inzwischen in der Politik angekommen. Dass er bei den Laufentalern bis an die Grenze des Erträglichen geht, damit er «seine» Spitalfusion erfolgreich über die Bühne bringen kann, gehört halt zur Logik des politischen Kompromisses.
Weil der – nach Ludwig Erhard – die Kunst ist, einen Kuchen so zu teilen, dass jeder meint, er habe das grösste Stück bekommen.
Also gönnen wir den Laufentalern ihr Tortenstück.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 2. Mai 2018
Arlesheimreloadedfan meint
Lieber Herr Messmer,
Warum arbeiten Sie nicht in der Tourismusförderung?
Dank den Baselbieter Rebellen fuhr ich vor der Abstimmung durch den alten Hauenstein. Ganz allein mit der grünen Landschaft,weit weg von Dörfern und Hüslischweiz.
Von der Birsquelle zur Mündung zu wandern,scheint für einen Alten wie mich auch noch möglich. Alle paar Häuser, ein modernes Spital.Diese heile Welt muss sich doch vermarkten lassen.
Meury Christoph meint
Naja, ein Kompromiss ohne grosse Not und auf Halde, ist ja wohl keine politische Glanzleistung. Ich wüsste nicht wieso die paar LaufentalerInnen die Spitalfusion hätten gefährden können. Sie wären bei einer Abstimmung sowieso in der Minderzahl gewesen. RR Weber übt sich eher im Geschenke verteilen. Da der Kanton jetzt wieder im Geld schwimmt, wird die SteuerzahlerIn solche Geldverteilaktionen – und es wird nicht der letzte faule Deal gewesen sein – mit Begeisterung aufnehmen.
Mit dieser Strategie werden sich die Spitalkosten nie und nimmer senken lassen und die Baselbieter PrämienzahlerIn wird sowieso keinen Mehrwert aus dieser Übungsanlage schöpfen können.
Aber schön habe wir’s versucht…