
Die Coronapandemie ist tatsächlich ein weltweites Problem.
Das kann man nicht nur an den täglich aufaddierten Zahlen der Johns Hopkins Universität ablesen .
Verfolgt man die internationale Nachrichtenlage, dann stellt man unschwer fest, dass in ALLEN Ländern (den industrialisierten vor allem) exakt dieselben heftigen Diskussionen stattfinden.
Auch die Positionen und die daraus folgenden Argumente sind inzwischen globaler Corona-Einheitsbrei.
Einzig die Namen der Protagonisten wechseln von Land zu Land.
Soll man lockern und wenn ja schrittweise oder alles aufs mal? Sollen die Kinder jetzt wieder zur Schule? Warum darf dieser Laden öffnen und der andere nicht?
Und überall die offenbar zentralste aller zentralen Fragen: Wann dürfen Restaurants, Pubs und Hotels wieder öffnen?
Wäre da nicht noch die Maskenfrage – Empfehlung oder Pflicht?, man könnte (zum Beispiel als Ausserirdischer) den Eindruck gewinnen, die westliche Zivilisation hänge vom Sein oder Nichtsein der Beizer und Hoteliers ab.
Und zwischen Stuhl und Bank sitzen die Regierungen.
Ausser Trump vielleicht, der sich mit seinen wirren Medienkonferenzen erfolgreich ins Abseits manövriert.
Doch um auf die obige Grafik der Klinik für Infektiologie/Spitalhygiene St. Gallen zurückzukommen, anhand der beispielhaft gezeigt werden kann, dass in diesen Coronazeiten vieles eine Frage der Interpretation ist.
Die der Klink lautet: „Sie zeigt, dass sich die Epidemie VOR dem Lockdown schon deutlich verändert hat.“
Was bei einem Teil des (Laien)-Publikums auf viel Applaus stösst, weil es sich in seiner Meinung bestätigt fühlt, der Lockdown sei gar nicht nötig gewesen.
Siehe Schweden, sagen sie.
Weil wir alle inzwischen Coronaexperten sind, nehme ich mir die Freiheit, die Grafik so zu interpretieren: Das Conoravirus ist hochansteckend – kurve nach oben, Massnahmen nützen, kurve nach unten.
Jedoch: Die Seitwärtsbewegung der roten Linie zeigt schlicht und ergreifend, dass das Virus noch immer da ist.
Und noch für lange Zeit bleiben wird, (der bisherige Spekulationsrekord: bis ins Jahr 2025.)
Mit anderen Worten, die bisherigen Massnahmen haben bis jetzt lediglich das System stabilisiert. Dieser Erfolg bedeutet auch, dass bislang verhältnismässig wenige Menschen erkrankt sind. Dass somit eine Herdenimmunität noch lange nicht erreicht ist.
„Die Gefahr ist umso grösser, je erfolgreicher die Eindämmung war“ , meinte ein Epidemiologe gestern bei Anne Will. Er sagte auch, dass die Pandemie erst ab einer Reproduktionsrate von 0.3 beherrschbar sei.
Woraus folgt, dass die Kurve zwei Wochen nach der ersten Lockerung durchaus wieder in die Höhe schiessen kann.
Das wäre dann die zweite Welle. In England reden sie von vier, die zu erwarten sind.
PS: Nachdem der Bundesrat CVP-Pfisters Satz „So schnell wie möglich so langsam wie nötig.“ in sein Wording übernommen hat (Kompliment), zitieren wir in halt gleich nochmals.
Weil er mit diesem anderen Satz, nun wirklich den Punkt trifft.
Henry Berger meint
Mit Trump haben sie wohl leider nicht recht: Mit seine wirren Pressekonferenzen liefert er genau den Stoff, nach dem seine AnhängerInnen lechzen.
…und heute morgen gedacht: Wie würde die Welt nun aussehen ohne Internet?
Niggi Ullrich meint
Der Corona-Virus mit all den Experten*innen und Grafiken, Blogs und Kurzinterviews, Statements at home oder Twitter-Merksätze fördern ein neues Phänomen zu Tage: eine Spekulationskultur nach allen Seiten. Alle haben irgendwie recht und irgendwann auch nicht (mehr). Die einen formulieren krud und markig, andere drücken sich elaboriert und sprachgewandt aus. Aber es bleibt immer alles schmetterlingshaft in der Luft, weil wir alle „es“ (noch) nicht mit letzter Sicherheit hören, sehen und ergo beweisen können. Nicht leicht auszuhalten, schon gar nicht auf lange Zeit.
P.S. Wenn wundert es, dass vor allem die Gastro- und Eventbranche, in welcher in diesem Lande 99% der öffentlichen Meinung gemacht wird, besonders darunter leidet. Sie darbt nicht nur ökonomisch, sondern sie kann (leider) auch ihre gesellschaftliche Rolle nicht mehr wahrnehmen.
Arlesheimreloadedfan meint
Ich kenne da gewisse Dorfbeizer, die hatten „ihre gesellschaftliche Rolle“ viel zu lange !
Der Hauptdruck aus der Gastronomie ist,der gesunkene Mietwert der Liegenschaften.
Es wird nie mehr sein wie es war.
Im Jahre 1986 zerstörte Tschernobyl mein Geschäftsmodell,die Entschädigung der Eidgenossenschaft war aber derart stressfrei,dass ich der Vortschernobylzeit keine Sekunde nachtraure.
Die „Weltwirtschaft“ wird weitergehen und neue Geschäftsmodelle werden Brot und Arbeit schaffen.
Christoph Meury meint
Kurz & knackige Hilfestellung bei Panikattacken: Zuerst die Hose, dann die Schuhe!