Im Moment ist es wie es in der Zukunft sein wird: Daten bestimmen die Entscheide der Politik.
Also: R-Wert 1.3, Beizen zu.
Was inzwischen die meisten als ziemlich banale Schlussfolgerung bewerten und sich je länger des öfteren schwer tun, solche Entscheide mitzutragen.
In einem kollektiven Lernprozess gelangen wir alle zum Schluss, dass Entscheide, die auf Daten basieren, die per Fax übermittelt werden, wohl kaum mehr zeitgemäss sind.
Ich denke deshalb, dass niemand ernsthaft daran zweifelt: So kann es nach der Pandemie nicht mehr weitergehen.
Wir brauchen taugliche Systeme, welche in Echtzeit den Stand der Dinge aufzeigen und Lösungsvarianten bieten.
Diese Datenflut kann nur mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz (KI oder englisch AI) bewältigt werden.
Worüber niemand spricht.
KI bedingt jedoch ein völlig anderes Denken, an die Dinge heranzugehen.
Politische (und auch andere) Entscheide basieren derzeit darauf, dass wir uns auf die Lösung eines Problems konzentrieren.
Ein Beispiel:
Grenzgänger => ÖV statt Auto => Bau von Tramlinie nach Weil
Klare, einleuchtende Entscheidung des politischen Systems aufgrund mehrheitsfähiger Präferenzen einzelner Volksvertreter.
Doch keine, keiner dachte an die Folgen für den Metzger im Gundeli.
Den Metzger im Gundeli?
Die Antwort liefert das tatsächliche Ergebnis des Tramverlängerung nach Weil:
Tramlinie eröffnet => Ausbau Einkaufszentren => Einkaufstourismus => unverschämt billiges Fleisch => Metzgerei im Gundeli schliesst.
Was wir daraus lernen sollten: Politische Entscheide werden noch immer nach Regeln zu Beginn des 19. Jahrhunderts gefällt.
Im Blindflug.
Corona lehrt uns: Das können wir uns nicht länger leisten.
Deshalb brauchen wir ein anderes politisches Denken, eines, das die Fragen in den Vordergrund stellt und nicht die vermeintliche Lösung eines Problems.
Das knifflige dabei ist nicht, die Fragen zu finden, sondern die Fragen für die Fragen. Man muss dafür zunächst den Rahmen (neudeutsch: das Framing) für die Fragen definieren.
Was selbstverständlich auch einen politischen Prozess beinhaltet, aber eben nicht nur.
Womit gesagt ist: Lösungen können nur im Kollektiv gefunden werden, d.h., in Gruppen Menschen mit völlig unterschiedlichen Qualifikationen und Lebenserfahrungen.
Worunter auch gewählte Politikerinnen und Politiker fallen.
Als Teilmenge.
Nun komme ich zum zweiten Mangel, an dem politische (und viele andere) Entscheide leiden: Das System ist nicht in der Lage, die Folgen von Entscheiden durchzuspielen, bevor sie überhaupt getroffen wurden.
Wir sehen die Folgen erst, wenn die Millionen ausgegeben sind und die Zeit die Nebeneffekte schonungslos aufdeckt.
Und die Politiker im Ruhestand sind.
Das können wir uns nicht länger leisten. Weil die Probleme viel komplizierter sind, als das politische System (wir sind alle ein Teil davon) uns glauben macht.
Einen Ausweg bietet sich mit künstlicher Intelligenz.
Was uns ermöglicht, uns auf die Fragen zu konzentrieren, um diese „intelligenten“ Computersystemen zu stellen. Das Ergebnis können Lösungsmöglichkeiten sein, an die wir selbst gar nie gedacht haben.
(AlphaGo ist ein Beispiel von künstlicher Intelligenz: Das selbstlernende System hat Varianten gespielt – es gibt soviele, wie das Universum Atome hat – , die von den Programmiern nicht mehr nachvollzogen werden konnten.)
Mit einem intelligenten Planungssystem könnten also zum Beispiel fragen, welche Auswirkungen der Bau des zweiten oder des dritten Roche-Turms auf den Metzger im Gundeli oder ernsthafter: auf die Kindergartenplätze in Aesch haben. Oder die Energieversorgung von Möhlin. Oder auf die Sozialkosten im Bachlettenquartier?
Oder die Frage beantworten: Wie entwickeln sich die Mietpreise im St. Johann?
Wir brauchen Computersysteme, die anhand all der in verschiedenen kantonalen Computersystemen gespeicherten Daten, den aktuellen Stand des Gesamtsystems (Nordwestschweiz) abbilden.
Und die es uns dann ermöglichen, auf konkrete Fragen – „Welchen Einfluss hat die Tramverlängerung nach Weil auf das Warenangebot in der Freien Strasse? – konkrete Szenarien als Antwort zu bekommen.
Es geht in der Tat darum, eine Antwort auf die berühmte Frage zu bekommen: Löst der Flügelschlag eines Schmetterlings im Amazonas einen Tornado in Texas aus?
Wer das als Utopie abtut, läuft Gefahr, den Anschluss nicht zu verlieren. Die AI-Systeme sind schon viel weiter entwickelt, als sich das viele vorstellen können.
Die beiden Basel sollten sich auf den Weg machen, solche Systeme zu denken, uns den Herausforderungen stellen.
Also zum Beispiel den Initialfragen: Was ist die Intention, wer finanziert ein solches System, wer stellt die Fragen, wer wertet die Antworten aus, wie kann die Öffentlichkeit partizipieren, respektive mit dem System interagieren? Wer kontrolliert das System und wo setzen wir Grenzen?
Wenn wir etwas gelernt haben in diesem 2020, dann dies: Wir müssen völlig anders an die Dinge herangehen.
Also packen wir es an.
Michael Przewrocki meint
Also was die Stretchhosen betrifft die im Stücki nicht zu haben waren: Sicher nicht weil diese im nahen Marktkauf jederzeit lieferbar sind. Denn sie sckickten mich in die Innenstadt.
NB: Hab vor Jahrzehnten-1978 Kamerawechsel anhand von wenigen wichtigen Punkten anhand von System-Engineering durchgeführt. Die Marke existiert zwar nicht mehr aber die Linsen passen auf Canon und mit Adapter auch aufs Nikon Z-system im AF-modus. Die analoge Kamera hatte sogar ein weltexklusivses AF-modell wo fast alle Nicht-AF-linsen passten! Das erste AF-modell mit entspr. Linsen brachte die Konkurrenz. Die Idee blieb schubladisiert.
Rampass meint
„Also packen wir es an.“
Gut gebrüllt, nur: diese Sache ist gelaufen. MINT-Fächer interessieren in der Schweiz immer weniger. Wer von „Klimagerechtigkeit“ schwadroniert und Gendergaga studiert, der hat nichts begriffen. Ingenieure verbessern die Welt, sicher nicht Ideologen. Das war schon immer so und wird immer so bleiben.
Nach bald 4 Jahrzehnten IT kann der Rampass Buzz-Words wie „Digitalisierung“ und „künstliche Intelligenz“ nicht mehr hören. Die „selbstlernenden Systeme“ lernen nur mit Daten, welche ihnen gefüttert werden. Wieso wohl funktioniert die Gesichtserkennung bei Weissen besser als bei anderen Ethnien?
Lessons learned in 2020: nach den Klimawissenschaflern haben nun Virologen und Epidemiologen ihre 15 Minuten Ruhm und die zuständigen Politiker sind dauernd überfordert. Ausser Berset. Der schreibt nebenbei noch ein Buch. Vielleicht mit Hilfe von KI? https://www.neues-deutschland.de/artikel/1006215.maschine-schreibt-preisverdaechtiges-buch.html
Daniel Flury meint
Ihr Link spricht wohl eher tausend Worte über die Juroren, und eher weniger über den «Autoren». Immerhin: «Künstliche Intelligenz» fährt bereits Autos autonom, wobei sich die analoge Intelligenz (also wir) gefälligst vor der KI auf der Strasse vorzusehen haben. So weit sind wir schon (und es wird ganz sicher noch viel besser werden).
Baresi meint
Beide Basel? Zusammen?! Das ist bereits ein sehr kniffliger Fall für KI.
Franz meint
Erfreuen dürfte eine AI-Offensive vor allem erstmal die USA und China.
Firedome meint
@ Patrick: Sie haben recht.
Aber: Ich glaube nicht, dass Politik entscheidungsunfähig ist. Nur sind politische Entscheidungen oftmals und glücklicherweise Kompromisse die der ganzen Bevölkerung einigermassen gerecht werden sollten. Ich wage nicht daran zu denken, wie unser Alltag aussehen würde, wenn sich die Politiker nur auf sicher korrekten Empfehlungen der Virologen/Epidemiologen stützen würden.
@MM:
Betreffend KI: Haben Sie auch eine Ahnung von woher das Datenmaterial für die Entscheidungen kommen könnte? Wussten Sie, dass in bereits vorhandenen KI-Programmen auch Ideologien nachgewiesen werden konnten?
Patrick meint
Wir sind noch sehr sehr weit von künstlicher Intelligenz entfernt welche auch nur in Ansätzen zu Dingen in der Lage währe welche oben angetönt werden. Was wir heute haben, sind Systeme welche in einer vorab definierten Menge von Eingangswerte zuvor antrainierte Muster wiedererkennen können, oder welche für hochgradig algorithmische Probleme (Schach, Go) Lösungen durchspielen und bewerten. Politische Probleme sind dagegen in ihrer jeweiligen Ausprägung einzigartig (d.h. es ist schwierig, eine KI vorab zu trainieren), wenn also bei der Formulierung des Problemumfelds niemand an den Metzger im Gundeli denkt, dann wird auch die KI nicht dran „denken“. Und falls es jemand tut dann braucht es keine KI. Nicht abnehmen kann uns eine KI aber so oder so den Entscheid, ob man zugunsten des Metzgers auf eine Tramverlängerung verzichten soll.
Das gilt sinngemäs auch für die Datenerhebung und Massnahmenableitung im Corona-Fall. Fax ist sicher nicht mehr zeitgemäss, aber der berechnete R-Wert ist aus diversen Gründen prinzipbedingt unscharf. Der Knackpunkt liegt aber auch hier nicht am R-Wert sondern an der Entscheidungsunfähigkeit der Politik. Wir haben eine NI in Form einer wissenschaftlichen Taskforce deren Empfehlungen breitflächig ignoriert werden. Wieso genau sollten die Empfehlungen einer KI da besser ankommen?
M.M. meint
Die Taskforce ist ein gutes Beispiel eines monothematischen Entscheidungsprozesses.
Wenn man weitere Bezugspunkte einbezieht, dann muss man denen und anderen nicht blindlings folgen.
Falls wir tatsächlich dasselbe unter KI verstehen, dann haben wir damit eine Möglichkeit, die verschiedenen Entscheidungsvarianten durchzuspielen.
Klar, das braucht noch Zeit. Aber wenn man sich in die Thematik vertieft, dann ist es schon bemerkenswert, was schon möglich ist.
Mir geht es aber derzeit mehr darum, dass wir uns mit unserem Denken in eine neue Richtung bewegen.
Jetzt.
Patrick meint
Auch eine KI braucht Daten und kann Datenquellen zu denen sie keinen Zugang hat (d.h. die von den Entwicklern nicht vorgesehen wurden) nicht nutzen. Dasselbe gilt, wenn ich Deine Antwort richtig deute, für Simulationen (die dann aber nix mit KI zu tun haben).
Um es sehr simpel zu sagen: KI kann heutzutage defacto nicht wirklich mehr als auch ohne KI möglich wäre, sie ist nur ziemlich viel schneller darin. Und KIs sind nachweislich voreingenommen und beinhalten Vorurteile ihrer Entwicklungsteams. Neutrale KI ist praktisch unmöglich.