Die Region Basel kann dank der Causa BVB derzeit ein spannendes Medienexperiment mitverfolgen.
All die Diskussionen der letzten Monate um Qualität und Unabhängigkeit, Professionalität und hartnäckige Recherche, Relevanz und Einfluss verdichten sich bei dieser Geschichte auf das Faktum Anspruch und Wirklichkeit der Medienschaffenden und ihrer Produkte.
Im Wettstreit liegen die Basler Zeitung, die Basellandschaftliche Zeitung/Schweiz am Sonntag, das Regionaljournal SFDRS, onlinereports, Tele Basel und die TagesWoche.
Zunächst kann man festhalten, dass Online Print schlägt. Alle wichtigen Artikel zur BVB werden von den Redaktionen online gestellt und damit der Printbezahlschranke entzogen.
Nehmen wir als erstes die bz und Schweiz am Sonntag: Hätten die beiden Wanner-Blätter nicht Christian Mensch unter Vertrag, den besten Recherchejournalisten der Region, die Redaktion könnte mit der BaZ nicht mithalten. Interessant bei der bz (online) sind die Leserkommentare, zum Beispiel von Altregierungsrat Belser.
Saubere journalistische Arbeit liefert Herr Knechtli auf onlinereports. Der Doyen der Basler Lokaljournalisten kommt routiniert und unaufgeregt zur Sache. Er erfüllt zudem den neuen Anspruch an Journalisten, sich selbst zur Marke zu machen.
Das Regionaljournal Basel ist und bleibt ein Berichterstattungsmedium, das die Recherchearbeit der anderen im Verlaufe des Tages vertont und am Abend zusammenfasst. Kurz: Beamtenjournalismus, seriöser selbstverständlich.
Gleiches gilt für Tele Basel. Die haben überdies das Problem, dass die BVB- Geschichte keine aufregenden Bilder liefert. Denen fehlt jetzt das Recherchetalent Daniel Wahl.
Die Basler Zeitung hat nach den Turbulenzen um das Blatt und trotz massiven Abonnentenverlusten, spätestens mit der BVB-Affäre ihren Anspruch, das Leitmedium der Region zu sein, ohne wenn und aber unterstrichen.
Ja man kann durchaus feststellen, dass die BaZ mit dieser Geschichte ihren selbstdefinierten Platz als unabhängige und damit unbequeme Zeitung gefunden hat. Sämtliche Medien der Region orientieren sich wieder an der BaZ.
Die Basler Zeitung hat nach Jahren des selbstgewählten Eunuchendaseins („Forumszeitung“) wieder politischen Einfluss.
Politiker, die noch vor wenigen Wochen damit kokettierten, das Blatt nicht mehr zu lesen, tun gut daran, die BaZ wieder zu abonnieren (oder heimlich auszuleihen). Sie könnten sonst die Meldung über ihren Untergang verpassen.
Es ist zu bedauern: Völlig irrelevant ist die TagesWoche unter dem neuen Chefredaktor Dani Winter geworden. Erinnern wir uns an die gute und hartnäckige Recherchearbeit vor gut einem Jahr, so befällt einen jetzt die grosse Leere. Ausser das zusammenzufassen, was das Leitmedium vorgibt, fällt denen nichts ein.
Hier klafft Anspruch und Wirklichkeit derart auseinander, dass man versucht ist, von einer Mogelpackung zu schreiben.
Die Online-Ausgabe ist zum Wegklicken. Keine Ideen, keine relevanten Geschichten, kein Konzept, kein talentiertes Personal. Was wir erleben, ist das Ende der TagesWoche.
Henry Berger meint
Gemäss dem „Leitmedium“ Basler Zeitung ist ja im Kanton Basel-Stadt und insbesondere bei der Verwaltung/Regierung (fast) alles schlecht und verkommen – und so wird ununterbrochen in diesem (herbeigeschriebenen) „Dreckkessel“ gerührt, findet sich dann wirklich einmal ein wirklich dreckiges Stück in dieser Suppe, wie hier der BVB-Skandal, so wundert sich Herr Suter etwas, dass die Regierung dann nicht sofort und im gehörigen Pflichtbewustsein gegenüber dem Leitmedium eine öffentliche Erklärung abgibt. Um es nochmals klar zustellen: Ich habe als Steuerzahler und Einwohner der Stadt Basel auch ettliche Mühe mit Herrn Wessel und fühle mich von ihm oft nicht erstgenommen. Andrerseits kann ich es der Basler Regierung nicht verübeln, wenn man mit dem Leitmedium etwas mühe bekundet. Ich finde mich von der BaZ nämlich als Leser auch nicht ernst genommen und das von ihr gezeichnete Bild des Kantons Basel-Stadt entspricht einfach nicht den Realitäten, sondern der Wahrnehmung des (elektronischen) Stammtisches.
G. Koller meint
My dear Henry, es geht genau nur um Aufklärung zu zwei arg ins Schlingern geratenen Institutionen des Kantons Basel-Stadt: Die BKB mit ihren dubiosen Geschäften, und die BVB mit ihrer korrupten Betriebsführung, in den letzten paar Jahren.
Ob der Grosse Rat, die Regierung, die Parteien und Personalverbände aus diesen Schlamasseln die richtigen Konsequenzen ziehen werden, bleibt abzuwarten.
Ich kann mir gut vorstellen, dass es für die BaZ mit einiger Genugtuung verbunden ist, bei dieser dringend nötigen Aufklärungsarbeit federführend zu sein, nach all den Jahren der Demütigung, die sie hier erfahren musste.
Es sollte uns letztlich aber egal sein, welche Zeitung oder welches Medium diese „Drecksarbeit“ übernimmt, Hauptsache sie wird getan!
urbanus meint
Mischa Hauswirth und Dani Wahl, die in ihren oftmals menschenverachtenden Artikeln nicht zwischen journalistischer Berichterstattung und persönlichem Kommentar unterscheiden können, als Leithammel des neuen Basler Leitmediums – viel Vergnügen (und Tamara Wernli hoppelt hintennach …).
Henry Berger meint
Schade Herr Messmer, dass Sie hier keine Suchfunktion haben, gerne würde ich hier Ihre Kommentare zu den Crime und …-Geschichten von Herrn Hauswirth heraussuchen, aber wie hat schon ein berühmter Mann gesagt: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern….
Ich staune einfach, da wird einmal ein linker RR (m.E. auch zu recht) abgeklatscht und schon wird wieder schwupps ein BaZ-Abo bestellt…
Interessant ist zudem, dass Sie als absoluter Online-Guru kein Wort dazu verlieren, dass die Baz bei der Zukunft schlicht am Rockzipfel der doch eher linken Tamedia hängt und dort die Berichterstattung aus Basel immer dünner und dünner wird (Die BVB-Wessel-Geschichte ist eine absolute Ausnahme im Online-Bereich.
Apropos Leitmedium: Die Bild-Zeitung ist auch eine Art Leitmedium, diese Bezeichnung bedeutet alles und nichts….
dideldumdei meint
Pssst – sagen Sie’s nicht weiter, aber: Auch mit fast identischem Namen wird nicht aus jedem Kurator eines Kutschenmuseums automatisch ein alt Regierungsrat.
M.M. meint
Ah das ist gar nicht DER Edi Belser? Okay.
dideldumdei meint
Yep.
Im Zweifel fragen Sie Blacky. Der wird das bestätigen können.
Und sonst hat es bei Knechtli ein Bild.
Henry Berger meint
Einfach gestrickter „Kampagnenjournalismus“ und ansonsten das Abdrucken von Agenturmeldungen – und das reicht Ihnen schon für die Bezeichnung „Leitmedium“? Ich will den BVB-Skandal nicht bagatellisieren, aber wenn Sie die Namen Mischa Hauswirth, Raphael Suter etc. sehen, dann muss der Artikel eben in der Regel nicht mehr gelesen werden, die Ausrichtung, Tendenz und Absicht ist eh schon klar. Es ist wie bei der Weltwoche – wenn Sie das Titelbild gesehen haben, so ist meine Neugier als Leser bereits gestillt. Haben Sie das Gefühl, dass Sie ab jetzt etwas verpassen, wenn Sie einen Artikel der BaZ über RR Wessels NICHT lesen? Ist doch eh schon alles klar, langweilig eben….
kritischerleser meint
@Henry Berger: Sehe ich gar nicht so. Wir würden ohne die BaZ die wichtigsten Dinge überhaupt nicht erfahren haben. Das Verdikt „Kampagnenjournalismus“ finde ich angesichts der Recherche-Erfolge ziemlich billig. Wenn Ihnen die Ausrichtung nicht passt: Mir gefällt sie auch nicht immer, hat aber nichts mit der journalistischen Arbeit zu tun. Aber über die Leistung, dass sich die Neue Basler Zeitung mit guter Arbeit ihren Rang als Leitmedium erkämpft hat – gegen alle politisch linkskorrekte Gegenwehr – können Sie nicht einfach so hinweggehen. Ich bestelle ab heute wieder das Abo.
M.M. meint
Ihr Kommentar ist, geschätzter Herr Berger, ziemlich abgeklatscht. Ich muss hier ja nicht die BaZ oder einzelne Journalisten verteidigen.
Hingegen stelle ich als müssiggängerischer Profi fest, dass sich da eine Mannschaft herausbildet, die man ernst nehmen kann/muss. Analogie=>FCB.
Sie kann Druck machen, kann einen Regierungsrat innerhalb von zwei Tagen zwingen, die Fakten auf den Tisch zu legen, erzwingt den Rücktritt von Verwaltungsräten. Und das nicht mittels Kampagnenjournalismus sondern mit fortgesetztem Offenlegen von Lügen.
Mir gefällt das. Das ist die Aufgabe der Presse.