Im vorherigen Beitrag habe ich den Ankündigungsauftritt von Jans als „gut“ bezeichnet.deshalb
Allerdings kann man das Gesamteindruck der Pressekonferenz des Kandidaten nicht ohne Vorbehalte sagen.
Weil man eine solche Pressekonferenz nie mehr wiederholen und damit besser machen kann, denke ich, dass heute Chancen vergeben wurden, um auf der nationalen Bühne einen professionellen Auftritt hinzulegen.
So dass ein Raunen durch die Reihen gegangen wäre: Hört, hört!
Es war eine Veranstaltung der Provinz aus der Provinz.
Und er war nicht besser als der vom Berner Konkurrenten Aebischer und schlechter als derjenige vom Zürcher Jositsch.
Die Kritikpunkte:
- SP-Parteipräsidentin Lisa Mathys war mit ihrer Lobeshymne viel zu lang. Niemand interessiert sich für die Einleitung, wenn der, der die Botschaft hat, daneben sitzt – und schweigen muss.
Richtig also: Kurze Begrüssung der Journalisten, vorstellen der Anwesenden und dann sofort das Wort an die Hauptperson. - Alt-Ständerätin Anita Fetz – sie hat es nicht so mit der freien Rede. Weshalb sie sich auf das Vorlesen eines Wikipedia-Eintrags konzentrierte. Der Punkt: Fetz mag in Basel noch halbwegs bekannt sein, auf der nationalen Bühne jedoch ist sie schon längst von Eva Herzog verdrängt worden.
- Eric Nussbaumer, Baselbieter SP-Nationalrat – eine gute Wahl. Zum einen ist Nussbaumer einer, der das Wort beherrscht, dem man also zuhören kann, ohne gleich ungeduldig zu werden. Zum anderen signalisierte er den Schulterschluss der Baselbieter Genossen mit Jans.
- SP-Nationalrätin Sarah Wyss – Sarah Who? In der Schweiz völlig unbekannt, was sie sagte, hatte den Charme von Anektoden für ein Klassentreffen.
- Überhaupt: Statt Anita Fetz und Sarah Wyss auftreten zu lassen, hätten zwei Vertreterinnen von ausserhalb Basels einen starken Eindruck hinterlassen. Den Eindruck: Da will einer Bundesrat werden, der nicht nur einfach ein Basler ist, sondern Eidgenosse.
Beat Jans war sichtlich nervös. Was man daran ablesen konnte, dass er öfters auf Fragen mit einem irritierenden Lachen reagierte – mit einer Kunstpause zum kurz mal Nachdenken.
Das ist nicht souverän und kann als überheblich interpretiert werden.
Eva Herzog hat das allzu oft gemacht.
Was ich vermisst habe, war – über die persönliche Befindlichkeit hinaus -, eine politische Ansage. Weshalb sich seine Ausführungen tatsächlich auf die Schlagzeile: „Ich würde das Amt gerne und mit Überzeugung ausüben“ reduzieren lassen. Wäre ja noch schöner, er wäre es nicht mit Überzeugung, denkt sich die Restschweiz.
Seine Bewerbungsrede hätte politische Stichworte beinhalten müssen, also Konkretes ohne konkret zu werden. Damit hätte er seine Themen für die nächsten Wochen gesetzt:
- Ich bewerbe mich um das Amt des Bundesrates.
- Ich tue dies mit Überzeugung.
- Unser Land steht vor grossen Herausforderungen, die wir nach den Wahlen sofort anpacken müssen.
- Wir müssen die Zukunft der AHV sichern.
- Aus der Sicht des Städters, der ich bin, muss die Wohnfrage auf der politischen Agenda weit nach oben.
- Der Bundesrat muss zum Verhältnis der Schweiz zur EU Antworten liefern.
- Unsere Position als neutrales Land ist von der Weltgemeinschaft ist dem russischen Überfalls auf die Ukraine auf den Prüfstand gestellt.
- Wie gehen wir als Schengenstaat und Unterzeichnerin des Dublin-Abkommes mit Flüchtlingskrise in der EU um.
- Weitere Themen, die mir wichtig sind: Klimaschutz, Gleichstellung, LGBTI-Fragen.
- Und last but not Least: Als Regierungspräsident des wirtschaftlich zweitstärksten Kantons weiss ich, wie und wo internationale Konzerne und lokale KMUs unsere Unterstützung brauchen.
Kommen wir zum Schluss zu den beiden wirklich kritischen Punkten dieser Berner Veranstaltung
Der eine betrifft Mustafa Atici.
Warum zum Geier ist es nicht gelungen, ihn auf diesen Tag hin zum Rückzug seiner völlig chancenlosen Bundesratskandidatur zu bewegen? Jetzt ist er beschädigt und Jans musste sich Fragen zum Kleinklein Basler Personalien gefallen lassen.
Doch der eigentliche Schaden wurde durch die Abwesenheit von Ständerätin Eva Herzog angerichtet.
Sie hat es bereits in ihrem Verzichtswort vermieden, den Namen „Jans“ in den Mund zu nehmen. Sie verbreitete auf X, sie hoffe, „dass die Bundesversammlung eine fortschrittliche, anpackende Persönlichkeit in die Regierung wählt.“
Womit sie sich alle Optionen offen gelassen hat.
Statt ihrer sass ihre Intimgegnerin Fetz auf dem Podium, was auf Befindlichkeiten innerhalb der SP schliessen lässt.
Oder anders gesagt: Welch starkes Signal der inzwischen schweizweit bekannten Baslerin wäre an dieser Presskonferenz ihr Plädoyer für die Kandidatur von Beat Jans gewesen.
Auch diese Chance wurde sträflich vertan.
Daniel Flury meint
«Ein wesentliches komisches Element dieser Komödie entsteht aus der Tatsache, dass zu Shakespeares Zeit auch Frauenrollen auf der Bühne ausnahmslos von Männern gespielt wurden. Die von Shakespeare entwickelten Konstellationen, nach denen dann letztlich ein Mann eine Frau spielt, die sich wiederum als Mann ausgibt, ziehen leitmotivisch viele Gags nach sich. Typischerweise ist dem Publikum dabei durch sein Vorwissen um die Entwicklung der Geschichte klar, welcher Charakter wer ist und als wer er sich ausgibt».
Was der Kerl damals schon alles wusste, ich meine, es ist ja schon ein paar Jahrhunderte her und trotzdem hat er voraussagen können, wie sich heute bei uns «Politik» abspielt.
Beeindruckend.
Pete Keller meint
Frau Herzog blieb zweifellos mit gutem Groll dem Anlass fern: am Tag nach ihrer Abwahl zog Genosse Jans in den Medien über ihre weniger optimalen Charakterzüge her. Weshalb, war schon damals klar. Beweglicher Herr, den die dort zum Glück zu verhindern wissen. Er kommt eh zur Unzeit: die Bauernschaft Inc. schäumt, nachdem Papiertiger (von vergleichbarem Format) ihnen ein zwar fälliges, in der Weise jedoch unzumutbares Biodiversitätsgesetz vor die Traktoren knallten.
Andrea Müller meint
… und nach nur mal 3 Jahren ist Jans bereit, das Amt als Stadtpräsident schon wieder hinzuschmeissen. Damit hat er dieses Amt abgewertet und ihm dauerhaften Schaden zugefügt. Dabei hätte er hier in Basel für Basel – nach einem doch einigermassen vielversprechenden Anfang – viel mehr bewirken können als in Bern als Bundesrat. Der persönliche Ehrgeiz scheint aber halt auch bei ihm die oberste Triebkraft zu sein.
Und wenn er nicht gewählt wird, wie MM meint? Tritt Jans dann als Stadtpräsident zurück? Oder haben wir in Basel bald einen Präsident, der das Amt nur „faute de mieux“ ausübt.
M.M. meint
Punktlandung!
Franz meint
Wieso zurücktreten?
Nancy Faeser zeigt wie`s geht.