Frau May hatte gestern gemäss veröffentlichten Beobachtungen in der Schweiz einen starken Auftritt, sodass, so kann man lesen, gejammert wird: Warum ist unser Bundesrat derart weich und zögerlich gegenüber der EU?
Ich persönlich habe den Auftritt von Frau May als eher schwach empfunden. Zum einen erzählt sie seit Wochen immer dasselbe und ihre Vorgabe, innerhalb von zwei Jahren sowohl den Austritt als auch ein neues Abkommen zu verhandeln, ist eher weltfremd.
Aufhorchen sollte man in der Schweiz, dass sie bereit ist, grosse Summen dafür zu zahlen, dass die Briten nicht überall hintan stehen müssen. Wahrscheinlich könnte das den Forschungsbereich betreffen. Wobei sich dann gerade in diesem Bereich sofort die Frage nach der Personenfreizügigkeit für Forscher und Studenten aus Europa kommen wird.
Kurz, man fragt sich, weshalb die Briten sich derart selbst überschätzen.
Im November 2016 betrug das Defizit aus Handel und Dienstleistung satte 4.2 Mia. Pfund. Im gleichen Zeitraum erzielte die Schweiz ein Plus von 3.6 Mia. Franken.
Liegt es vielleicht an der Sprache? Glauben die wirklich, weil alle Welt Englisch spricht, das reflektiere die Bedeutung des Landes?
Ich habe heute getwittert:
Wenn Frau May sagt: „we want our country back“, dann meint sie mit „we“ – wir, die Eton-Schüler und Cambridge- und Oxford-Abgänger.
Für die englische Elite ist wohl schwer zu ertragen, dass eine europäische Elite – ganz ohne Königin – Einfluss auf die Diener- und Arbeiterschaft ausübt.
Interessanter Aspekt zur Sprache: Die britische Elite spricht ein völlig anderes Englisch als die beherrschten Schichten. Man kann den Unterschied, den man täglich heraushört, so umschreiben: Das ist so, als ob die Schweizer Elite Bühnendeutsch spräche und das Volk Mundart.
Aber im Moment kann man das alles eh nicht für bare Münze nehmen. Man bringt sich in Stellung. Es wird spannend.
Heute Streifzug durch Canary Warf, dem anderen Finanzzentrum neben der City. Über 70’000 Leute sind hier beschäftigt, ein grosser Teil EU-Bürger.
HSBC gab heute bekannt, dass sie 1000 Mitarbeiter nach Paris verlegen will und die USB meldete 1000 von 5000 Arbeitsplätzen nach Frankfurt zu transferieren.
Dagobert Durutti meint
Was mich mal interessieren würde: Wenn Frau May was von „we want our country back“ erzählt, damit das Pfund auf Talfahrt schickt, was britische Aktien für ausländische Anleger attraktiver macht, was die Kurse hochjagt; dann passiert doch genau das Gegenteil: Irgendwann gehört auch der letzte Fish&Chips Laden auf der Insel ausländischen Anlegern.
M.M. meint
Brexit ist ein Projekt der Eliten. Oder anders gesagt: Die britischen Eliten jagen die europäischen aus ihrem Jagdrevier.
h.s. meint
Die Engländer haben das gleiche Problem wie alle Länder. Journalisten, die keine Zusammenhänge oder grössere Puzzles verstehen. Der Durchschnittbürger in GB wird zum Beispiel vorgejubelt über die galoppierende Börsenkurse an die englische Börse. Wenn dies aber korrigiert wird für den Einbruch des Pfunds, gewinnt ein Anleger nichts. Die Bevölkerung glaubt die Burkaträger zu wehren. Das Drittel der Einwanderer bleibt weiter kommen. Das hat mit Personenfreizügigkeit nichts zu tun. Die „Milliarden“ die in „Brussel“ verlocht werden sollen nun für Steuersenkungen für Reichen und Grossunternehmen verwendet werden. Dies um die „Konkurrenzfähigkeit nach dem Brexit zu halten. Die Versprechen, dass mehr Geld für Gesundheit (NHS) oder Bildung da sein wird, ist bereits widerlegt.
ein echte Engländer der Oberschicht wird auf die Frage ob er für mehr Geld für die Universität ist antworten: Yes, but for Both. Er beweisst als Absolvent von der Eine (z.B. Oxford) wie Weltoffen er ist. Er ist sogar bereit die Anderen (i.c. Absolvent von Cambridge) zu tolerieren. Weitere Universitäten sind in diese Weltbild nicht vorhanden. Nebst Eton akzeptiert er z.B. auch noch Winchester. Völlig Weltoffen hat er immer noch ein Freund der nicht so Glücklich war und z.B. Londen School for Economics oder St. Andrews in Scotland absolviert hat. Sogar Prime Minister May die als Volksnah gilt, ist ein Oxford-Absolventin. Der Herzog von Cambridge ist Absolvent von St. Andrews. Die Royals brauchten damals dringend mehr Bindung an Scotland (Referendum über Unabhängigkeit)