Den Winter 2015/2016 hatten wir in London verbracht. Das waren die letzten Monate vor der der denkwürdigen Brexit-Abstimmung vom 23. Juni.
Selbst im März war der Brexit im privaten Gespräch im Pub um die Ecke nicht wirklich ein Thema. Zumal das Personal und viele der Gäste aus aller Welt stammten.
Für uns war damals London schlicht DIE Weltmetropole des 21. Jahrhunderts.
Doch England ist nicht London. Was uns unsere Zugsreisen quer durchs Land deutlich machten. Die Diskrepanz zum Dienstleistungszentrum war teilweise erschreckend.
England – ein Land auf südeuropäischem Niveau.
Wie Global Britain nun plötzlich ein goldenes Zeitalter einläuten soll, ist mir angesichts den gewaltigen Ungleichheiten im Land ehrlich gesagt schleierhaft.
Weil mir nicht einleuchten will, was denn die Briten in den letzten Jahrzehnten gehindert hat, mit aller Welt Handel zu treiben und die Lebensverhältnisse im eigenen Land auf ein mitteleuropäischen Niveau zu hieven.
In den letzten fünf Jahren habe ich dutzende Stunden BBC geschaut, habe so ziemlich alles gelesen, was britische und andere internationale Medien über den Brexit geschrieben haben.
Und dabei immer auch die Diskussionen im Hinterkopf gehabt, die wir in der Schweiz zum Thema EU führen.
Zumal in England von den Brexiteers, oft wortwörtlich, dieselben Argumente zu hören waren, wie wir sie in der Schweiz seit den 90er Jahren bis zum Überdruss repetiert bekommen.
Wenn also heute um Mitternacht das Vereinigte Köngireich definitiv die EU verlässt, gibt es für mich, was die Schweiz anbelangt, nur einen Schluss: Vergessen wir Grossbritannien!
Streichen wir das Vereinigte Königreich als Bezugspunkt für unser Verhältnis zur Europäischen Union.
Es ist nicht relevant, was die EU mit anderen vereinbart hat.
Statt also den Brexit-Vertrag auf Möglichkeiten zu durchforsten, wie wir uns schon wieder vor einem Entscheid drücken können, sollten wir in einer gründlichen Diskussion unser Verhältnis zur EU klären.
Es führt kein Weg mehr daran vorbei: Wir müssen uns endlich selbst klar werden, was wir eigentlich wollen.
Der Brexit lehrt uns, dass dies ein schmerzhafter Prozess sein kann.
Ein Prozess, der in Grossbritannien zwei Regierungen gestürzt hat, das „Vereinigte“ des Königreichs in Frage stellt – die Parlamente von Schottland, Nordirland haben das Vertragswerk abgelehnt – und nicht etwa wie immer behauptet mit einem Schlusspunkt endet, sondern mit einem never ending Anfang.
Grossbritannien wird heute Nacht zur neuen Schweiz.
Wenn das stärkste Argument unserer Politiker ist, das Rahmenabkommen werde in einer Volksabstimmung keine Mehrheit finden, na dann ist das halt so.
Vielleicht braucht es den schwerzhaften Umweg über eine Abstimmungsniederlage, um einzusehen, dass die Schweiz, anders als Grossbritannien, keine Insel ist.
Sondern einfach ein Land unter Ländern.
Daniel Flury meint
Gut, wer hat den Sozialdarwinismus erfunden, institutionalisiert, verfeinert und in unzähligen Abstufungen zur unüberbrückbaren Hürde gemacht? Wer hat seine Klassenfeinde nach Nordamerika exportiert? Wer denkt es reiche, in Eton studiert zu haben, um dem Rest der Welt haushoch überlegen zu sein? England. Nun ist es auf sich selbst zurückgeworfen, und es wird sich zeigen, wie die «Peasants» auf ihre kommende Erniedrigung reagieren werden, in London wird es jedefalls nicht mehr so gemütlich sein. Gehen Sie nach Paris. Dort ist alles, wie es immer war.
Arlesheimreloadedfan meint
Für mich ist die Schweiz im Grossen,was Ihre Metzgerei im Gundeli war !
EINE ANOMALIE
Und nun wünsche ich Allen eine rauschende Party