Londons berühmtester Zebrastreifen.
Für einen Personenfreizügigkeitsausländer in London ist der Vorgang ziemlich bemerkenswert: Eine einzelne Politikerin, umständehalber inPlüdern wir England!s Amt gekommen, kann mit einer Ermächtigung, formuliert in ein paar Zeilen, einen Handelskonflikt mit nicht vorhersehbaren Folgen lostreten – die Pointe von Brexit, dem Austritt Grossbritanniens aus der EU – und unter Umständen dem Land als Ergebnis der zweijährigen Verhandlungen eine verheerende Niederlage präsentieren.
Nichts anderes wäre das Verhandlungsergebnis ohne neuen Handelsvertrag – ohne dass das Parlament, vom Volk reden wir schon gar nicht, während der Verhandlungen zum Ergebnis etwas zu melden hat.
Nein, das ist in der Schweiz undenkbar, weil es unserem Verständnis von Demokratie und Macht diametral entgegensteht.
Es ist überhaupt ziemlich erstaunlich, wie die Briten sich selbst und die Welt einschätzen.
Statt mit Europa solle man mit Australien und Neuseeland, mit Kenia und den ehemaligen Kolonien im Pazifik Handel treiben, mit den Ländern des Commonwealth.
Und sich als Erstes bei diesen entschuldigen, erklärte ein früherer Handelsminister, weil man sie1974 mit dem Eintritt in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft schmählich im Stich gelassen habe.
Indien hat bereits Interesse an einem Freihandelsabkommen signalisiert, aber nur, wenn seine Staatsbürger ohne grosse Formalitäten im Vereinigten Königreich arbeiten und leben können.
Das britische Handelsdefizit betrug 2016 46 Milliarden Franken (Handelsüberschuss der Schweiz: 37,5 Milliarden Franken).
Nun weiss ich genauso wenig wie alle Beteiligten, wie die Sache mit dem von den Briten angepeilten «Empire 2.0» ausgehen wird.
Fest steht zumindest, dass nationale Wallungen schlechte Ratgeber sind, wenn es ums Geschäft geht. In unserer vernetzten Welt ist jedes Land auf alle anderen angewiesen.
Ausser auf Nordkorea.
Seis drum. Wenn die Briten ihre patriotische Hymne «Rule, Britannia! Britannia, rule the waves» mit der entscheidenden nächsten Zeile «Britons never will be slaves» anstimmen, dann ist es Zeit für uns, souverän, also unaufgeregt, Position zu beziehen.
Plündern wir England. Mit der Frage: Wie können wir von deren Exit profitieren?
Ich denke da spontan an die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), die gegenwärtig in London domiziliert ist.
Wie bei der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde kann man davon ausgehen, dass die EMA in ein EU-Land verlegt wird.
Während sich Luxemburg und Frankfurt um die Bankenaufsicht streiten, hat Frankreich gute Chancen, die Arzneimittel-Agentur zu beheimaten.
Deshalb stellt sich die Frage, ob diese für unsere Life-Sciences-Region wichtige Aufsichts- und Bewilligungsbehörde nicht in einer gemeinsamen Initiative mit unseren Partnern und Freunden im Elsass und in Baden-Württemberg ins Dreiländereck geholt werden kann.
Warum nicht auf ein Grundstück beim EuroAirport Basel Mulhouse Freiburg ein neues Verwaltungszentrum für die rund 800 Mitarbeiter der Behörde bauen?
Ich meine, wenn es eine europäische Region gibt, die in Sachen Life Sciences in der Weltliga spielt, dann ist es die Dreiländerecke am Ober- rhein.
Deshalb ist es keineswegs vermessen, dafür zu lobbyieren, dass die Europäische Arzneimittel-Agentur dort hinkommt, wo die Musik spielt. Was es braucht, ist der Wille und eine gemeinsame Aktion aller, die sich politisch und wirtschaftlich für die Regio engagieren.
Der Gewinn wäre enorm.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 15. März 2017
h.s. meint
Ein superidee. Wäre ich nie drauf gekommen! Schade dass den Artikel nicht noch den Superchance erweitert mit den Idee Swissmedic auch dahin zu bringen. Wichtig für die Schweizer ist es zu begreifen, dass es nicht die 800 EU-Beamte sind die wir haben wollen sondern die 12’000 Patentanwälte mit mindestens die doppelte Zahl an Para-legals und weitere Mitarbeiter. Dass gibt ein economische Bust ohne gleiche.