Im Grunde liegt es in der Logik der Sache, dass die Briten Ende Jahr ohne Abkommen mit der EU die jetzige Übergangsphase beenden werden.
Weshalb sollten sie sich, wenn sie denn draussen sind, weiterhin an EU-Regeln halten müssen?
Das Ausscheiden ohne Anschlussvertrag wäre die interessanteste Option.
Im Sinne eines wirtschaftstheoretischen Experiments in Echtzeit und unter realen Verhältnissen.
In das erst noch die gesamte Welt eingebunden ist.
Wahnsinn.
Denn damit würde schon mittelfristig die Frage beantwortet, ob es in unserer globalisierten Welt überhaupt noch möglich ist, dass Länder ausserhalb eines grossen Wirtschaftsblocks einen unabhängigen Weg einschlagen können.
Niemand kann derzeit voraussagen, ob das tatsächlich möglich ist oder ob das britische Experiment, die Uhren vierzig Jahre zurückzudrehen, scheitert.
Ganz sicher nicht die Politiker und Experten in der EU und in UK, die aufgrund der täglich ändernden Rahmenbedingungen ihre Brexit-Szenarien rollend überarbeiten.
Das Ausscheiden der Briten aus der Europäischen Union ist ein lediglich zeitlich festgelegter Prozess.
Was die Illusion erzeugt wird, es handle sich um ein geordnetes Verfahren in festgelegten Bahnen.
In Tat und Wahrheit sind innerhalb dieser Zeitspanne hunderttausende von Detailentscheide zu fällen – von den groben Zügen bis runter in den Mikrobereich.
Was bedeutet, dass niemand wirklich im Stande ist, die chaotische Dynamik des Ausstiegsprozesses zu managen oder gar zu steuern.
Weil niemand wirklich weiss, was überhaupt alles geregelt und entschieden werden muss.
Brexit bedeutet sehr viele Schmetterlingseffekte.
Und mit dem grossen Veränderer Corona hat am 1. Januar 2020 in Bezug auf den Brexit niemand gerechnet.
Weshalb die Vorhersagbarkeit eines solchen Prozesses gleich Null ist. Schon die geringste Abweichung und Veränderung von der Ausgangslange bringt völlig andere Ergebnisse, als ursprünglich erwartet/erhofft wurden.
Angesichts dieser jeden Politiker (und alle anderen) überfordernden Lage, bleibt nichts anderes übrig, als sich auf einen einfachen, d.h., einen allgemein verständlichen Leitgedanken zurückzuziehen.
Um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
„Wir wollen raus“ lautet dieser auf Seite der Briten.
„Lasst sie ziehen“ ist inzwischen die Losing der EU-Verantwortlichen.
Karl Linder meint
Brexit verleitet GB dazu, den Handel auf Nordamerika und Asien auszuweiten und bisherige Handelsbeziehungen mit der EU damit zu ersetzen. Das wird nicht einfach sein, ist aber längerfristig denkbar. Selbst mit Russland wird man sich wieder verständigen wollen. Aber sowohl China wie Russland werden diese Verbindungen (vor allem China) für ihre eigenen geopolitischen Ziele nutzen, und den Druck entsprechend ansetzen.
Das führt unweigerlich dazu, dass Nicht-Demokratische Länder via daily-business ihren Status stärken können, zum Leid der westlich demokratischen Werte.
Fuertesirius meint
Ich kenne kein Land wie UK mit so vielen Andersartigkeiten. Die „Unabhängigkeit“ ab 2021 wird das Vereinigte Königreich auch sozial stark treffen. Sezessionsgedanken werden aufleben und Nordirland wird wieder zum Problem. Ich erwarte eine unkontrollierbare Reaktion der Verlierer, auch bei erstmaligen Befürwortern des Brexit, auf das Demokratische System dieser Nation.
Jean Ackermann meint
Sozial stark treffen? Was ist die Alternative? Wer in der EU bleibt ist schon jetzt sozial katastrophal getroffen: Man lebt in einem undefinierbaren Einheitsbrei, ohne Demokratie, mediengesteurt von einer schwachsinnigen Einheitspresse die ausgerichtet ist auf eine machtgierige, charakterlose Bürokratengesellschaft aus Brüssel. Da kann man nur neidisch werden auf auf die Möglichkeiten der Britten. For allem wir Schweizer, die auch schon fast wie die EUler von charakterlosen Lumpen gesteuert sind.
Marcus Denoth meint
Interessant auch zu sehen, wem die Auswirkungen des Brexits (in GB), in der schweizerischen Innenpolitik mehr nützen/in die Hände spielen. Ausgang offen. Hoffnung auf die liberalen Kräfte (und nicht auf die Rechtsnationalen oder Linken). Ich bin gespannt.
Christoph Meury meint
Boris Johnson der grosse Visionär startet den vertragslosen Ausstieg stimmig und sinnvoll. Er verpasst den BritInnen eine Schlankheitskur. Mit gutem Beispiel voran dackelt er durch einen Park, geführt von Dilyn, seinem niedlichen Jack-Russell-Terrier. Der Jöh-Effekt ist damit medienwirksam in Szene gesetzt und die Botschaft (folge deinem Hündchen & friss die Hälfte) auch bei uns angekommen. Gleichzeitig steht die Aktion natürlich auch für den Auftakt der «Sieben mageren Jahre«, welche den BritInnen bevorstehen. Ein Feldversuch im Bereich der dynamischen & nicht-linearen Chaosforschung. Wir sind gespannt!