Ich denke, wir müssen aufhören, uns länger zu belügen: Das wird nichts werden, mit dem 1.5 Grad Temperaturanstiegziel.
Nicht etwa, weil die Politik versagt, was ja nach Glasgow wieder unsere beliebteste Ausrede sein wird, dieses empörte Gerede auf allen Kanälen, über die da oben, die nicht fähig sind, die Probleme an die Hand zu nehmen.
Um „endlich harte Entscheidungen zu treffen“.
Ich sehe in weiten Teilen der Bevölkerung keine praktische Akzeptanz für das Thema, die über die theoretische Zustimmung hinausgeht.
Weil ich, wie die meisten anderen, überhaupt nicht weiss, was diese schon tausendfach und täglich wiederholte Selbstverständlichkeit von 1.5 Grad tatsächlich bedeutet.
In Franken und Rappen.
In Verzicht und Umstellen.
In Gesellschaft und Familie.
Hingegen kann ich sagen: Der helle Wahnsinn, wenn ich im SPIEGEL lese, dass für eine einzige Windkraftanlage 50’000 Tonnen Erde und Gestein bewegt werden müssen, um die 67 Tonnen Kupfer zu gewinnen, die so eine Anlage braucht, um sauberen Strom zu liefern.
50’000 Tonnen in der Dritten Welt.
Na klar doch.
Gehen die Energiekosten jetzt so nach oben, wie es sich dies Umeltschützer vor ein paar Jahren erträumt haben, droht der Aufstand der Massen.
Machen wir uns nichts vor: Auch das ist richtig teuer, siehe diese Corona-Demos im Bonsai-Format in Bern.
Sagen wir es doch, wie es ist: Das Klimaziel ist ein Projekt einer elitären, (städtischen) Wohlstandsschicht.
Wer es sich leisten kann, wie ich, ist vorne mit dabei.
Bei der Elektromobilität.
Zum Beispiel.
Deshalb etwas realpoltischer Zynismus gefällig?
Der Aufstand der Massen heute muss uns (und die Politik) mehr beunruhigen, als ein imaginierter Aufstand der Massen im Jahr 2050, dannzumal, wenn wir möglicherweise bei 2 Grad plus (plus) liegen.
Weil wir wissen, wie die Heutigen ticken, aber keine Ahnung haben, wie sich unsere Gesellschaft bis in dreissig Jahren politisch, sozial und überhaupt weiterentwickelt.
Vor dem explosiven sozialpolitischen Hintergrund von heute, kann man dieses absurde Totschlag-Argument ignorieren, heute in Klimamassnahmen zu investieren käme uns billiger zu stehen, als die Kosten des Klimawandels, die auf uns zurollen.
Was will man da schon sagen ausser: Ich weiss es nicht und du weisst es nicht.
Ach ja, vielleicht das: Dannzumal bezahlen wir das sowieso nicht mehr in Schweizer Franken, sondern mit Bitcoins.
Soll man denn nichts tun? Wird man fragen.
Worauf ich antworte: Angesichts der vorwärtsstrebenden Neugierde des Homo Sapiens ist das eine ziemlich absurde Frage.
Weil er bekanntlich zum Nichtstun nicht geschaffen ist.
Stützen wir uns deshalb auf diese Gewissheit: Die Zukunft um 2050 wird ziemlich anders aussehen, als wir sie uns heute vorstellen können.
Deshalb sollten wir uns nicht länger selbst belügen mit einem nicht erreichbaren Ziel madig machen, sondern beherzt das tun, was wir seit 200’000 Jahren tun, als wir aufhörten, in kleinen Gruppen durch die Gegend zu streifen: Mit neuen Techniken und überraschenden Innovationen uns das Leben zu erleichtern.
Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass es uns gelingen wird. Auf die eine oder andere Weise.
gotte meint
„Das Klimaziel ist ein Projekt einer elitären, (städtischen) Wohlstandsschicht.“ – leider ein etwas eingeengter blick von einem, der einer „elitären, (städtischen) Wohlstandsschicht“ angehört – global gesehen, sind wir alle elitäre städtische wohlstandsschicht. und global gesehen, werden wir in europa am wenigsten unter der klimakatastrophe zu leiden haben. gut, ein paar gletscher weniger, ein paar migranten mehr – global gesehen bedroht der klimawandel die andern. genau deshalb geht hier gar nichts.
M.M. meint
Ich habe mich da keineswegs ausgenommen.
Doch diese globale Sicht „wir sind alle Wohlstandschicht in Europa“ bringt nichts.
Tatsächlich ist es doch so, dass ein Mehrheit bei uns zwar theoretisch für mehr Klimaschutz ist, aber praktisch eben nicht.
Zum Beispiel weil man es sich nicht leisten kann. Zum Beispiel die hohen Energiekosten, die höheren Mieten, die teueren Produkte und so weiter.
Repräsentative Umfrage: «Wie viel genau würden Sie denn freiwillig mehr bezahlen für Benzin, Fliegen, Heizen und Kleider, wenn Sie so einen Beitrag zum Klimaschutz leisten könnten?»
Repräsentative Antwort: „Entweder gar nichts oder bloss wenig mehr.“
Die Frage ist also, wie man die Einsicht vom Wandel aus den elitären Milieus in die Bevölkerungsmehrheit rüberkriegt.
gotte meint
eben – es geht hier nichts, weil wir uns letztlich weder verantwortlich noch betroffen fühlen. und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass die, die am letztlich an der urne nein stimmen, die sind, die es sich wirklich nicht leisten können. die, die es sich bei uns wirklich nicht leisten können, gehen kaum je an die urne (nicht zuletzt, weil sie kein stimmrecht haben). seien wir ehrlich: die ferien an der wärme, der suv, der konsum, das herumlaufen im t-shirt in der wohnung – all das ist uns viel näher und wichtiger als „das klima“. benennen wir es aber ehrlich: es ist wohlstandsverwahrlosung, geiz und egoismus. schieben wir doch einfach nicht die armen vor, die sich den klimaschutz nicht leisten können. es ist lächerlich.
M.M. meint
Das ist kein blame game hier, das sind Fakten. Eine der grossen Herausforderungen des Wandels ist die soziale Frage.
Aber Sie haben insofern recht, was ich ja auch sage und was heute auch im Spiegel zu lesen ist: »Nicht die Politiker, die Menschen verhindern den Wandel«
Rampass meint
Wer nimmt schon den Klamauk mit den jährlichen Klimakonferenzen ernst? 25’000 Leute jetten irgendwo hin und debattieren, wie das 1.5 Grad Ziel erreicht werden könnte. Wenn die Engländer mangels Heizgas diesen Winter frieren werden, wird auch der Boris auf den Boden der Realität runtergeholt werden.
Ob man immer noch „vorne dabei“ ist, wenn der Strom-Provider dank Smartmeter den Strom für das Laden des E-Autos rationiert? https://www.primeo-energie.ch/ueber-uns/news/artikel-baz-solaranlagen.html
Im Fazit liegt der MM richtig: Ingenieure brachten und bringen die Welt vorwärts, sicher nicht Ideologen.
Cornelia Liniger meint
Auch hier – soviel zum Thema von A nach B mit E…..
https://www.bzbasel.ch/basel/zwischenruf-buerohund-und-stadtkatze-ld.2208101
M.M. meint
Was behaupten die in Muttenz für Quatsch oder: eine Gemeinde ohne Google
https://www.flashbattery.tech/de/portfolio/elektrische-strassenkehrmaschine-dulevo/
U. Haller meint
Papier ist geduldig, doch diese 1,5 Grad erreichen wir wirklich nicht. Da mögen noch so viele Aktivisten auf die Strasse gehen und den Verkehr lahmlegen. Nur ein Beispiel: Allein der Kohleverbrauch von China ist von 1990 (ca. 20’000 TJ) bis heute (88’000 TJ) gestiegen. In Indien sieht es ähnlich aus. Nur in der EU (6’000 TJ) zeigt sich eine kleine Entspannung. Noch. Das heisst doch im Klartext, dass wir alle letztendlich das exponentielle Wachstum Chinas mitfinanzieren und uns andererseits in eine ökonomisch masslose Abhängigkeit (Elektronik, Chemie, Minerale und Metalle sowie Arzneimitteln, Antibiotika u.v.a.m.) von diesem Land begeben und sozusagen Entwicklungshilfe betreiben. Diese Abhängigkeit und Erpressbarkeit war voraussehen, die mahnenden Stimmen wollte aber niemand hören. Die Industriestaaten haben leider nichts dazugelernt. Ich bin alles andere als ein Hurra-Patriot, doch auch die Schweiz hat elendiglich versagt. Es ist immer noch nicht zu spät, das Ruder herumzureissen und uns in Richtung einer mindestens partiellen wirtschaftlichen Autarkie (v.a. beim Strom !) zu entwickeln.
Raphael meint
Was passiert wenn es 1,5 Grad wärmer ist?
„Ich weiss es nicht und du weisst es auch nicht.“
Niemand weiss es, nur irgendwelche Modelle – glauben – zu wissen was dann passieren soll.
Meine Zustimmung zu diesem Satz haben Sie: „Sagen wir es doch, wie es ist: Das Klimaziel ist ein Projekt einer elitären, (städtischen) Wohlstandsschicht.“
In vielen Ländern steht man nicht vor der Entscheidung Elektro oder Diesel, sondern leben oder sterben.
Menz Paul meint
Obwohl ich nur ein einfacher Volksschulmeister war (nicht abwertend gemeint), kann ich nicht immer alles ganz verstehen, was du uns zu erklären versuchst. Trotzdem geniesse ich deine lesenswerten Beiträge immer wieder gerne. Bei gewissen Dingen habe ich den „Durchblick“, bei andern nicht.
Aber immer wieder sprichst du mit einfachen Worten ganz wichtige Erkenntnisse aus, die mich begeistern; z.B.:
„Ich weiss es nicht und du weisst es auch nicht.“
Das ist jetzt nicht etwa ironisch gemeint, das ist mir ganz ernst. In solchen Sätzen steckt meiner Ansicht nach so viel Wahrheit drin, dass ich nochmals sage: Ich bin begeistert !
LGP