Heute ist ein grosser Tag für den Basler Politzirkus, es wird eine Stimmung herrschen wie am ersten Schultag – es ist der Beginn einer neuen Legislatur.
Zwei Neue fangen in der Regierung an: Die liebenswürdige Gitarrenlehrerin E. A. versucht sich als neue Präsidentin, in einem Amt also, das alle als überflüssig betrachten.
Und «fine young gentleman» C. C., dem das Regierungsrat-Sein in die Wiege gelegt wurde, der mit seiner Habilitationsarbeit trotzdem schon bei Amtsantritt den späteren Ausstieg absichert, wird im ED Nachfolger des letzten echten Magistraten.
CH. E. konzentriert sich in Bern aufs parlamentarische Sitzungsgeschäft. Der Schritt ist nachvollziehbar.
Die politische Musik spielt in Bundesbern.
In Basel nehmen nicht einmal mehr die Gewählten den Politbetrieb ernst.
Mehrere Grossräte haben kurz vor dem Start noch die Partei gewechselt, und der SP-Oberlehrer D. G. tritt sein Amt gar nicht erst an.
Das passt irgendwie zum bizarren Abgang des ewigen Hausarztes G. M., der als Lückenbüsser von SP Gnaden den ersten Regierungspräsidenten spielen durfte.
Und zum Schluss tief in die Staatskasse langte, um seinen Neid auf den erfolgreichen Stadtentwickler T. K. zu befriedigen.
Während G. M. mangels Perspektiven in die Hausarztpraxis zurückmuss, hat T. K. wie erwartet beste Angebote aus dem In- und Ausland.
Novartis und Roche haben soeben je zehn Milliarden Gewinn vermeldet.
Basel kann sich solche Absurditäten offenbar leisten.
Da spielt es anscheinend keine Rolle, dass der leutselige Hampe immer noch nicht überzeugend erklären kann, wer im Elsass für was genau und wegen welchen Vertrags eine Million Steuergelder erhielt.
Dieses filzige Kleinstadtgewurstel unter der Dominanz der SP entfernt sich immer mehr von der realen Gesellschaft und Wirtschaft.
Büezer hat es in der Politik keine mehr. Der einzige Unternehmer von Rang in Basels grösster Partei ist bezeichnenderweise Mustafa Atici, ein schaffiger Immigrant und Pragmatiker, der offenbar gerade deshalb bei den vielen Staatsangestellten unter seinen Genossen Argwohn erweckt.
Die Bürgerlichen wiederum haben sich in Parkplatz- und Tattoo-Themen festgebissen und merken nicht, wie unendlich langweilig und kleinkariert das ist.
Wie wärs mit ein bisschen Esprit?
Erstklassige Kulturangebote und Forschungsinstitute hat es in der Region so dicht wie kaum irgendwo.
Und über die globalen Verwerfungen kann man hier frei nachdenken und reden.
In Anbetracht unserer Exportorientierung sollten wir das in der ganzen Region nur schon aus Eigennutz dringend tun; erst recht, wenn die halbe Welt verrücktspielt.
Wenn der lokale und regionale Politbetrieb das nicht mehr schafft, sind die Citoyens, die politisch aktiven Bürger, gefordert: Steuerzahlerinnen, Stiftungsräte, Kleinunternehmerinnen, Freiberufler, Uni-Professorinnen müssen von den ins Parlament Delegierten mehr Leistung und Niveau einfordern.
Ewig geht diese wohlige Völlerei nämlich nicht weiter.
Die Weltlage erhitzt sich zunehmend. Unsere in vielen Kriegen und Revolutionen errungenen Freiheitsrechte waren noch nie so bedroht wie eben jetzt – für das auf Gedeih und Verderb von offenen Grenzen abhängige Basel die grösste Herausforderung seit Jahrzehnten.
Weshalb über der neuen Legislatur die Frage schwebt: Bleibt die Basler Politgemeinschaft beim Kleingewurstel oder erkennt sie die wesentlichen Fragen der Zeit?
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 8. Februar 2016