Kurz vor der Budgetdebatte von morgen im Landrat hat sich Klaus Kirchmayr in der Tagi-BaZ zur Baselbieter Finanzschieflage geäussert, (hinter Bezahlschranke).
(Der Grüne Kirchmayr war, unbestritten von links bis rechts, über lange Jahre hinweg einer der hellsten Köpfe und einer der kompetentesten Finanzfachleute im sonst doch recht durchschnittlich besetzen Landrat.)
Sein Einwurf deckt sich ziemlich mit dem, was wir in den letzten Tagen hier festgehalten haben.
In der Baselbieter Regierung fehlt es am Willen, an der aktuellen Situation wirklich etwas zu ändern. Speziell die für die strategische Finanzführung verantwortlichen Anton Lauber und Isaac Reber haben mich enttäuscht.
Weil Laubers Steuerprognosen zu optimistisch gewesen seien, überdies die Ausgaben aus dem Ruder laufen – kurz weil Lauber, so kann man Kirchmayrs Analyse zusammenfassen, über keine taugliche Finanzstrategie verfügt, werde sich an der angespannten Finanzlage nichts ändern.
Kirchmayr macht denn ein „strukturelles Defizit“ von jährlich 150 bis 200 Mio. Franken aus. Das ein paar eingesparte Franken da oder dort nicht wirklich was bringen, versteht sich deshalb von selbst.
Mit verschiedenen Massnahmen könnten die Baselbieter Finanzen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden:
- Ausstieg des Baselbiets aus dem finanziellen Engagement für die Uni Basel (BS könnte die Uni mit den OECD-Steuerüberschüssen finanzieren) im Tausch z.B. des FHNW-Pakets des Stadtkantons.
- Optimierung des gemeinsamen Gesundheitsraums in die Richtung, wie sie Thomi Jourdan in einem Diskussionspapier vorgegeben hat.
- Und schliesslich noch die BLKB. Kirchmayr will nicht nur den gesamten Bankrat in die Wüste schicken, sondern gleich noch den CEO der Bank. Er wirft ihnen „gravierende Fehlleistungen“ vor. Der alt Landrat untermauert diese Forderung mit dem Hinweis, dass die BLKB seit Jahren das schlechteste Ergebnis vergleichbarer Kantonalbanken vorlege: „Sie müsste 40 bis 60 Millionen Franken pro Jahr mehr verdienen“, um nur schon das Ergebnis der schlechtesten der Vergleichsbanken zu erreichen.
Schliesslich knöpft sich Kirchmayr noch seinen Parteikollegen im Regierungsrat, Isaac Reber vor. In der Baudirektion sei punkto Investitionen „wenig Dynamik spürbar.“
Die Rebersche Trägheit kostet Geld, viel Geld. Kirchmayr:
Eine Studie der OECD zeigt, dass einem Staat pro Jahr, in dem eine 100-Millionen-Investition aufgeschoben wird, circa 20 bis 40 Millionen an Einnahmen entgehen.
(Kann jeder selbst ausrechnen, was der abgelehnte Rheintunnel durchs Volk (2.6 Mia.-Investition) und das auf den Nimmerleinstag verschobene Herzstück (9 Mia.-Investition) die Wirtschaft und den Kanton kostet.)
Seine Lösung: Das Baselbiet braucht ein grundsätzliches Neu-Design des Investitionsprozesses. Schneller und effizienter muss die Parole lauten.
Woraus unschwer die Folgerung zu ziehen ist: Es braucht in der Baselbieter Regierung neue Kräfte, die angesichts der verfahrenen Situation nicht bloss das Etikett einer Partei vor sich hertragen, sondern entsprechendes Knowhow mitbringen.
Sonst wird das nichts.
PS: Interessant, nein, bezeichnend ist, dass ein solcher Artikel in der Tagi-BaZ gerade mal 5 Leserkommentare provoziert.
D. Lete meint
A propos BAZ-Kommentare: es sind mittlerweile nur noch vier. Einer wurde in der Zwischenzeit gelöscht. Und zwar derjenige, der sich kritisch zur BLKB äusserte…
Daniel Flury meint
Aber was denn? Im Riebliland blühen die Landschaften.
Ämmel für die, die sie besitzen.
Der Rest, der darf gerne weiterziehen.
angrynun meint
Ihr Beitrag, auch der kirchmayrsche, bewirkt, wie alle Ideen von aussen, nichts ausser einem trotzigen Schulterschluss in Lieschtl. Geschlossene Gesellschaft. Wobei, das tendenziell Grossspurige der Kirchmayr Corp. wirkt selbst auf vergleichbar Denkende oft arg abschreckend. Kein Argument gegen Fakten, klar.
unterbaselbieter meint
Gut zusammengefasst. Das Baselbiet ist wirklich nichts besonderes mehr. Auch finanziell….
Dass ein solcher Artikel in der Tagi-BaZ nur gerade 5 Leserkommentare hervorbringt, sagt viel.
Es zeigt auf, wie uninteressant und unbedeutend die Tagi-BaZ in unserer Region ist; dass jedoch nationale Artikel schnell bei 100 oder mehr Kommentaren sind liegt daran, dass diese Artikel auch im Tagi, im Bund usw… erscheinen und so auch in Bern, Züri, im Aargau usw. kommentiert wird (nicht blenden lassen – schweizweit sind dies ebenfalls jämmerliche Lese(kommentar)zahlen und zeigt den minus-Trend bei Tamedia schonungslos auf).
Marcus Denoth meint
Zu ihrem P.S.:
Es zeigt die Relevanz der Zürcher BaZ. Und es gibt im Artikel keine Seitenhiebe gegen andere Nachbarkantone und Linke zu verteilen, so schweigt man besser als Profi-Kommentarschreiber.
Ansonsten: Ja, sie haben recht. Andererseits: Jeder Kanton hat die Regierung, die er verdient. Schliesslich hat die Mehrheit diese so zusammengestellt.
Bezeichnend: Der einzige RR mit einer anständigen Vision kommt aus der Partei, welche weder eine Hausmacht hat, irgendeinen psuedomächtigen Verband oder Gewerkschaften im Rücken oder sonst zu einem regionalen Klüngel gehört, sprich unabhängig agieren kann.
Daraus könnte man seine Lehren ziehen…
angrymonk meint
„Baselbiet first“ im Gesundheitswesen als anständige Vision?
Marcus Denoth meint
Im Verhältnis zu dem, was die anderen Clowns abliefern, ist es eine anständige Vision. Man muss es immer im Verhältnis sehen…
M.M. meint
Schnell mal angry was rausgehauen? Ich erkläre es Ihnen gern, wenn Sie nicht wissen, um was es geht.
Jourdans Stichworte „Stärkung der ambulanten Versorgung“, „Reduktion von Überversorgung“, „Fokussierung der Spitzenmedizin“, Koordinierte Infrastrukturplanung“ und „Optimierung der Gesundheitsregion“ kurz zusammengefasst: Jourdan will mit dem Gesundheitsraum Basel die Gesundheitsversorgung mit einer engen regionalen Zusammenarbeit optimieren.
Was in Basel-Stadt derzeit aufstösst: Jourdan will damit im Gesundheitswesen die Kantonsgrenze schleifen. Er möchte den gefühlten Gesundheitsraum – ich kann als Versicherter das Spital meiner Wahl aufsuchen – in einen tatsächlichen umgestalten. D.h., die Kosten für Baselbieter sollen in Basler Spitälern nicht höher als die der Basler für die selbe Behandlung sein.
Die Differenz bezahlt heute nicht etwa die Krankenkasse des Versicherten, sondern der Kanton, ein gutes Geschäft für Basel, ein ziemliches Problem für die Landschäftler. Denn konkret findet hier eine Quersubventionierung für Basler Patienten statt, zulasten der Baselbieter Steuerzahler.
Wenn Sie das noch in Zahlen haben wollen: Wegen dere unterschiedlichen Baserates (Spitaltarife) zahlt Baselland jährlich rund 2 Millionen Franken (steigend) mehr für Behandlungen in Basel-Stadt, als wenn die Patienten in BL behandelt würden. Daher fordert der Kanton Basel-Landschaft von Basel-Stadt eine Ausgleichszahlung von 750’000 Franken pro Jahr.
Sollte Basel-Stadt sich weigern, das Gesundheitsraumkonzept zu diskutieren, kommt in der Tat „Baselland first“. Weil die Mittel, die da ohne Nutzen abfliessen, beträchtlich sind. Und das Unispital auf der anderen Seite dringend auf die Baselbieter Patienten angewiesen ist, Stichwort Fallzahlen.
Ergo: zuerst kundig machen und dann raushauen. 🤡