Seit gestern ist im Landkanton die Schule als Wahlkampfthema vom Tisch. Auch wenn die zweite Kandidatin der FDP noch hurtig auf diesen Zug aufgesprungen ist, mit dem Landratsentscheid, beim Lehrplan 21 mitreden zu wollen, ist die SP-geführte Bildungsdirektion aus dem Schneider.
Dafür steht seit gestern nun ein anderes Thema auf der Liste der Wahlkampfthemen, das den Bürgerlichen und auch der SP noch gehörig Kopfweh bereiten werden: Die im nächsten Jahr steigenden Krankenkassenkosten im Landkanton von über 5%.
Wir haben gestern das Thema in einem Gastkommentar erläutert lassen: Baselland könnte auf einen Schlag 17% Spitalkosten einsparen. Statt einer satten Prämienerhöhung, welche den Mittelstand mit Kindern einmal mehr trifft, könnten nächstes Jahr die Krankenkassenprämien gesenkt werden.
Nirgends steigen die Prämien 2015 so stark wie in Baselland.
Herr Schaftroth von der glp hatte dazu am Montag eine dringliche Interpellation eingereicht. Die Regierung, respektive der zuständige Regierungsrat Weber, hatte bis zur Landratssitzung zweieinhalb Tage Zeit, sich eine mehr oder weniger gescheite Antwort auszudenken.
Was die gar nicht mussten, sich was auszudenken, denn die Antwort lag schon seit Wochen in der Schublade. Schliesslich musste man nach dem Verwaltungsgerichtsurteil damit rechnen, dass die Fallpauschale auch im Landkanton zu reden geben wird.
Herr Weber (SVP) las also vom Blatt, dass „das Kantonsspital Baselland den Charakter eines Zentrumsspitals mit entsprechend komplexen Fällen habe“ , weshalb eine höhere Fallpauschale berechtigt sei. Klartext: Und damit auch steigende Krankenkassenprämien im Landkanton.
Weil die Baselbieter bekanntlich bei allem „auf Augenhöhe mit Basel-Stadt“ agieren wollen, haben sie in der Tat praktisch den gleichen hohen Tarif festgelegt wie der Stadtkanton fürs Unispital. Allerdings, für alle anderen Spitäler im Kanton Basel-Stadt gilt der wesentlich tiefere Tarif von 9’900 Franken und niedriger.
Man muss gar nicht lange um den heissen Brei herumreden: Bei den hohen Baselbieter Fallpauschalen handelt es sich um nichts anderes als um Subventionen für das Kantonsspital Baselland. Denn würden die Fallpauschalen aufs Niveau des St. Galler Gerichtsurteils gesenkt, bedeutete dies das Aus für das Bruderholzspital.
Das ist denn auch der Grund, weshalb die SP so beharrlich schweigt und die bürgerliche Politik mitträgt: Auf dem Spiel stehen immerhin 1’600 Arbeitsplätze für Mitarbeiter aus 45 Ländern. Wenn man jedoch weiss, dass in der Schweiz mehrere tausend Arbeitsplätze im Gesundheitswesen wegen Fachkräftemangel nicht besetzt werden können, muss man sich um das Personal dieser Branche keine Sorgen machen.
Der Punkt ist jedoch ein ganz anderer.
Es ist nicht auszuschliessen, dass die Herren Lauber und Weber sich darauf geeinigt haben, dank den hohen Fallpauschalen eine neue Geldquelle für den klammen Kanton zu erschliessen, denn das Kantonsspital Baselland ist hochprofitabel. 2013 konnte der Betrieb sein operatives Ergebnis (Ebitda) mit den drei Standorten Bruderholz, Liestal und Laufen von 30,8 auf 36,2 Millionen Franken steigern.
Diese Gewinne kann man nach abschöpfen, zum Beispiel alles, was über 25 Millionen Franken liegt. Denn Herr Lauber berappt schliesslich über die Fallpauschale praktisch den ganzen Gewinn, in dem er 35 Mio. zuviel ans Kantonspital Baselland überweist.
Doch es ist ja nicht so, dass die bürgerlichen Regieriungsräte Weber und Lauber nicht Willens sind, auch im Gesundheitsbereich Geld zu sparen.
Fünf Franken pro Versicherten und Monat nehmen sie nächstes Jahr denen weg, die Prämienverbilligungen kassieren. Weil im Kanton Basel-Landschaft anders als in anderen Kantonen ein Antrag für Prämienverbilligung gestellt werden muss, bekommen so wenig Einwohner wie in keinem anderen Kanton Prämienverbilligungen.
Kommt jemand zur Sozialhilfe, wird denn auch als erstes nachgeschaut, ob die Prämienverbilligung beantragt worden ist. In vielen Fällen ist dies nicht so, weil viele Berechtigte gar nicht wissen, dass es dies gibt, respektive wie man zum Krankassenprämienzustupf kommt.
Das ist bürgerliche Politik im Landkanton, von der die Bürgerlichen noch mehr wollen: Statt 17% Spitalkosten einzusparen, lässt man die Krankenkassenprämien steigen und nimmt denen, die wenig haben, noch was weg. Nochmals: Das ist bürgerliche Politik aber keine liberale.
Und man fragt sich: Wo zum Teufel bleibt die SP? Siehe oben.
Nun ist es ja nicht so, dass die Bürgerlichen und die SP aus dem Schneider sind. Herr Schafroth kann als nächstes eine dringliche Motion einreichen. Bei der müssen dann alle Landräte Farbe bekennen ob sie steigende Krankenkassenprämien befürworten oder nicht.
Gehen wir davon aus, dass die Mehrheit der Fraktionen diese dringliche Motion ablehnen wird.
Super.
Dann gibt dieses Abstimmungsergebnis eine wunderschöne Steilvorlage für eine Initiative mit dem Text, die Fallpauschale zum Beispiel auf 8’400 Franken festzulegen. Das belebt nicht nur den Wahlkampf, sondern wird zu einem Gegenvorschlag führen.
Mit anderen Worten: die versteckte Subventionierung eines Betriebs, der so, wie er jetzt aufgestellt ist, keine Zukunft hat, wird fallen. Zumal in Sachen Fallpauschalen auch im Kanton Basel-Landschaft demnächst ein Gerichtsurteil zu erwarten ist.
Herr Weber steht dann einmal mehr allein im Regen und Herr Lauber grinst die Sache wie gewohnt weg.
gotte meint
ob kantonsspital, herzstück, margarethenstich oder kultur – die wahlkampfthemen haben leider alle einen bezug zur frage des verhältnisses der beiden basel und die nachrichten der letzten paar tage lassen für diese debatte nichts gutes ahnen. leider lösen sich diese fragen weniger leicht im rauch der höhenfeuer als dies den berufsbaselbietern lieb sein kann. mich beschleicht der verdacht, dass das baselbiet durch das geschrei der selbständigen letztlich einen pyrrhussieg erungen hat.
EJ meint
Sich auf den unfähigsten Politiker (Schafroth) im Kanton abzustützen ist keine gute Idee. Es sind vor allem Basler Politiker, die das Bruderholzspital schliessen wollen. Dann sollen die Baselbieter die Überkapazitäten in ihren Spitälern schliessen. Baselland muss die Betreuung in Basel abgelten, was viel kostet. Ich habe die Nase voll von dieser Schlechtschreiberei und -rederei (Regionaljournal) des Bruderholzspitals. Wer dort behandelt werden musste, ist voll des Lobes. Wohin sollen denn die Baselbieter Patienten? Schwerkrank oder verletzt mit dem Velo nach Basel? Das ist einfach Blödsinn.
Franz meint
Schwerverletzt mit dem Heli nach Basel.
Ca. eine Minute länger.
…gilt in umgekehrter Richtung natürlich auch.
Chienbäsebärti meint
Aber bitte: Schafroth ist ein sehr fähiger Politiker! Er ist (inkl. RR und eidgenössische Delegation) zu den TOP TEN zu rechnen.
Die Spitallandschaft (BS-BL) ist überversorgt. Auch Basel-Stadt sollte mindestens zwei Häuser schliessen!
Es handelt sich keineswegs um eine Schlechtschreiberei. Seit Jahren machen Fachleute, Gesundheitsökonomen und Kenner der Materia auf die Missstände aufmerksam, aber der schäfchenhaltende Dauerlächler in Liestal und seine Entourage nehmens nicht zur Kenntnis.
Blacky meint
Kann man wirklich das ganze Milliardenproblem auf dem Bruderholz nicht mit 100 kg TNT – sorgfältig verbohrt und verdämmt im BL-Spitalphallus – auf einen „Chlapf“ lösen?
Nemesis meint
Kann mir jemand erklären, was das seit Jahren betriebene Schlechtreden des Bruderholzspitals bezweckt? Mich mutet das wie systematische Sabotage an. Wenn das Ziel ist, die Spitalversorgung in Basel-Stadt zu konzentrieren, wird das die Spitalkosten und damit die Krankenkassenprämien wohl kaum dämpfen. Das ständige Gerede von zuviel Spitalkapazitäten nervt, speziell wenn man persönlich mehrfach erfahren musste, dass Patienten bis spätabends im Notfall liegenbleiben müssen, weil auf der Station keine Zimmer frei sind. Ich vermag kein Ueberangebot zu sehen, wo man darauf «hoffen» muss, dass vielleicht doch noch jemand heute und nicht erst morgen stirbt – das ist einfach nur unwürdig. Ist die Vorstellung der Bruderholz-Saboteure, bei einer weiteren Verknappung der Kapazitäten blieben die Leute gesünder und würden sich nicht mutwillig spitalbehandlungsbedürftig stellen?
Schewardnadse meint
Ich kann Ihnen nur beipflichten. Ich verstehe das auch nicht, vor allem weil der Eigenversorgungsgrad im Baselbiet bei rund 55 Prozent liegt. Und was ist mit den Arbeitsplätzen? Und gibt es keine Verunfallten und Kranken mehr, für die der Kanton zahlen müsste, wenn das Bruderholzspital nicht mehr wäre? Ich kann solche Gedankengänge auch nicht nachvollziehen.
Paule meint
Man muss das Bruderholzspital nicht schlechtreden. Fakten belegen die Misere: 24 Millionen Franken Verlust im Jahr 2013. Das Bruderholz überlebt dank Quersubventionierung. http://www.schweizamsonntag.ch/ressort/basel/24_millionen_franken_verlust/
Schewardnadse meint
Genau, und es ist sicher das einzige Spital in der Schweiz, das einen Verlust schreibt!
Schewardnadse meint
Übrigens wurde aus den 26 Millionen minus dann ein Gewinn von 2 Millionen, nur interessierte die richtige Zahl dann niemand mehr. Passte halt nicht ins Konzept!
Phil Bösiger meint
Wenn jetzt Basel-Stadt noch anfangen würde, baselbieter Dissidenten und Dissidentinnen (die „Fusionsturbos“) gegen Devisen freizukaufen, dann würde die Situation vollends an die letzten Jahre der DDR erinnern.
Leere Staatskasse, schlechte finanzielle Perspektiven, eine nicht wahrnehmbare Wirtschaftsoffensive und ein strukturelles Defizit…düstere Zeiten stehen an. OK, die Mauer ist höchstens in den Köpfen, aber dennoch vorhanden.
Nach der erfolgten Unabhängigkeitserklärung vom letzten Wochenende werden trotzdem munter Projekte propagiert, von der Umfahrung Allschwil bis hin zur vertärkten Zusammenarbeit mit fast allen Kantonen (ausser BS) im Umkreis von 100 km – und das mit gänzlich leerem Portemonnaie…..
Nun ja, wenn man ganz fest daran glaubt, sieht man sogar manchmal das Christkind!