Ironie der Asylpolitik auf Gemeindeebene: Im Dezember 2010 lehnte die Arlesheimer Gemeindeversammlung mit nur 2 Stimmen Mehrheit ein Asylzentrum im Industriequartier ab.
Es wäre ein Abklärungszentrum gewesen.
Vorangegangen war eine ziemlich polemische Kampagne eines ad hoc-Komitees, wie es in solchen Fällen halt üblich ist.
Seit Juli ist das Asylabklärungszentrum mitten im Dorf.
Die Jungs aus Eritrea sitzen bei dieser Hitze beim Schwimbi unter einem Baum im Schatten oder schauen den Tennisspielern zu. Für schlechtes Wetter hat die Gemeinde auf der grossen Wiese, wo sonst der Zirkus gastiert, ein Zelt hingestellt.
Keinen kümmert’s.
Markus Schöpfer meint
Ich bin nicht Mitglied einer Kirche. Ich überlasse es den Kirchenmitgliedern darüber zu diskutieren, ob und was die Kirche tun soll. Ich wohne allerdings in einer Gemeinde, und als Einwohner dieser Gemeinde kann ich mich äussern. Bei uns in Allschwil gibt es seit geraumer Zeit ein Asylzentrum. Ich kann der Gemeinde dazu nur gratulieren. Würde jede Gemeinde ein Asylzentrum im Verhältnis zur Grösse/Einwohnerzahl betreiben, wäre das Problem in der Schweiz gelöst. Die Frage, wo Flüchtlinge untergebracht werden, kann man nicht pauschal beantworten. Es sollten einfach die bestehenden Möglichkeiten in einer Gemeinde geprüft werden, und aus den entsprechenden Objekten eine vernünftige Unterkunft geschaffen werden.
Grummel meint
Gewöhnen wir uns daran: Es ist am Stammtisch meistens lauter, als beim Chef im Büro.
Meury Christoph meint
«Die Gemeinde Arlesheim öffnet eine Zivilschutzanlage und nimmt bis zu 100 Asylbewerber auf. Mit Widerstand rechnet der Gemeinderat nicht.» So der Bericht in der BaZ vom 24.6. 2015. Das ist gut so und natürlich grundsätzlich löblich. Damit ist man auch logischerweise auf der Seite der Gutmenschen. Die Realität ist entsprechend, in homöopathischer Dosis, täglich im beschaulichen Dorf zu sehen. Sich damit zu brüsten wäre aber vermessen und sich darüber lustig zu machen ist abwegig und unter dem Niveau. Bei einer Wohnbevölkerung von 9’168 machen diese paar Asylanten einen Bruchteil aus. Zudem erwarte ich von einer Gemeinde im Luxussegment, dass sie ein solches Engagement locker eingeht. Man kann es sich ohne Einschränkung leisten. Arlesheim ist eine der reichsten Gemeinden. 33% der Bevölkerung sind übrigens römisch-katholisch und 31% reformiert. Also ist ein bisschen Nächstenliebe ebenfalls nicht zuviel verlangt. Oder wie sieht eigentlich das Engagement der Kirche bei den Flüchtlingen insgesamt aus. Hat man’s wieder einmal an den Chef delegiert? Der wird’s im Himmel schon richten. Oder wie hält es sein Stellvertreter auf Erden? Ein paar nette Worte am Sonntag? Mit den Milliarden im Hintergrund könnte die Kirche doch locker menschenwürdige Unterkünfte zur Verfügung stellen. Zelte? Sind wir ein zivilisiertes Land oder sind wir versprengte Nomaden? Und wo bleibt die Grandezza und die Menschenwürde?
Grummel meint
Zelte sollen es nicht sein, Zivilschutzanlagen sollen es nicht sein, Kasernen sollen es nicht sein. Was darf es denn sein?
Meury Christoph meint
Wo wohnt ER denn? In einem Zelt? In einer Zivilschutzanlage? Oder in einer Höhle?
Grummel meint
«Der Herr» wohnt bekanntlich in allem. Trotzdem meine konkrete Frage: Wo sollen sie denn untergebracht werden?
Marc Schinzel meint
Grummel liegt richtig: Jammern löst keine Probleme. Lamentos wegen angeblicher Haare in der Suppe kann ich nur von denen ernst nehmen, die rasch und unbürokratisch umsetzbare, vorteilhaftere Alternativen aufzeigen und deren Finanzierung auch nicht einfach Dritten überlassen.
gotte meint
übrigens: mit „sich leisten können“ haben asylzentren rein gar nichts zu tun – die kosten werden vom bund getragen und sind nach ansätzen bemessen, die für private betreuungsfirmen / für die gemeinden sogar noch gewinn abwerfen. das asylwesen belastet eine gemeinde finanziell mit keinem rappen – im gegenteil.
Hans meint
@Gotte: aber sobald sie dann geduldet aufgenommen worden sind (Umschreibung für: sie sind abgewiesen, gehen aber nicht), fallen sie der Gemeinde zur Last. Wie die eritreische Grossfamilie im Züribiet, 600000.- pro Jahr. Eine SVP-Gemeinderätin bei Olten hat doch untersuchen lassen und herausgefunden, dass praktisch alle Scheinasylanten danach direkt zur Sozialhilfe gehen. Wobei ja die Sozialhilfe nicht mal das Teure ist, sondern die ganze Betreuungsindustrie, die in Gang gesetzt wird.
gotte meint
betreuungsindustrie, ja, allerdings, die verdient kräftig. so, wie all die privaten wohnungsvermieter, die für ihre an schweizer unvermietbaren löcher kräftig abkassieren, weil sie den grenzwert genau kennen. wissen sie, auch wenn es menschen gibt, die aus wirtschaftlichen gründen zu uns kommen – ich werde mich als wohlstandsinsulanerin immer und ewig davor hüten, menschen so zu bezeichnen, die bereits als 13 jährige dinge erlebt haben, die wir ureidgenossen seit 10 generationen noch nicht mal mehr vom hörensagen kennen. auch wenn wir in unserer wohlstandsinsel kurz vor dem verblöden sind: bewahren wir doch repsekt und achtung vor anderen menschen.
Chienbäse-Bärti meint
Apropos Worte am Sonntag: wie setzen sich eigentlich die „Millarden im Hintergrund“ zusammen?
Meury Christoph meint
Das Vermögen (Grundbesitz, Immobilien, Geldanlagen und Beteiligungen) der römisch-katholischen Kirche in Deutschland beträgt, nach einer Erhebung des Sozialwissenschafters Carsten Frerk (2001), rund 270 Milliarden Euro.
Für die Schweiz habe ich keine adäquate Erhebung gefunden (Wikipedia).
Chienbäse-Bärti meint
Eben. Wir sind ja (noch) nicht in Deutschland. Übrigens. die Kloster-Gemeinschaft Einsiedeln hat Flüchtlingen Unterkunft und Verpflegung angeboten. Die politische (offenbar SVP-orientierte) Gemeinde ist „not amused“ darüber. Andere Kloster-Gemeinschaften und kirchliche Einrichtungen werden nachziehen.
Meury Christoph meint
Fast eine Milliarde Franken nimmt die katholische Kirche in der Schweiz jährlich ein. Noch höher ist das Vermögen der Kirchgemeinden: Vermutlich mehr als 1,5 Mrd. Franken, so eine konservative Schätzung von «ECO». (2013)
Man hat also die Mittel den grossen Worten Taten folgen zu lassen und in der Flüchtlingshilfe aktiv mitzuwirken.
Das scheint alleweil sinnvoller zu sein, als sich in der Öffentlichkeit mit homophoben Äusserungen profilieren zu wollen…
Chienbäse-Bärti meint
Schätzungen, Herr Meury…. keine facts. Die Kirchen zeigen Taten (siehe oben Einsiedeln). Die Kirche hat sich nicht homhophob geäussert; wenn Sie meinen der Bischof von Chur habe das getan, dann bedenken Sie, dass der allein nicht die Kirche ist!
Und überdies: was das eigentlich mit diese Thema „Asylanten in Arlesheim“ zu tun?
Meury Christoph meint
Sie meinen der frommen Taten & Gerechtigkeit ist auch für die Arlesheimer Katholiken Genügen getan, wenn im 121 Kilometer entfernten Einsiedeln ein paar fromme Benediktiner einem Duzend Flüchtlingen die Hand gereicht haben? Ein Ablass auf kurze Distanz quasi?
Meine Frage war ja vielmehr: Haben die Arlesheimer Katholiken zur Flüchtlingsfrage und zur Frage «Asylanten in Arlesheim» auch etwas zu sagen oder beizutragen?
PS.: Zu besagtem Bischof in Chur und seinen homophoben Äusserungen: Wenn die Kirche damit nicht einverstanden ist, soll sie dies laut & deutlich sagen und sich von Huonder und seinen Äusserungen distanzieren. Ein bisschen grummeln und wegschauen geht gar nicht.
Grummel meint
Die klassische Argumentationslinie der heutigen Linken: «Fordern», ablehnen, mit den Fingern auf andere zeigen. Dann schliesst sich der Kreis und sie «fordert», lehnt ab und zeigt mit den Fingern auf andere.
Konkrete, praktikable Vorschläge: Keine.
Was zum Teufel hat «Rom» mit der Flüchtlinssituation bei uns zu tun?
Chienbäse-Bärti meint
Grummel hat eigentlich alles gesagt.
Allerdings machen auch Linke zur Asyl-Situation beachtenswerte Vorschläge wie kürzlich Rudolf Strahm in der Berner Zeitung. Und was passiert ihm seitdem? — er wird in die rechte Ecke gestellt.
So kommen wir natürlch nicht weiter.
Sie aber haben meine Frage nicht beantwortet: Was hat Huonder mit der Arlesheimer Asylanten-Situation zu tun?
Meury Christoph meint
Grummel hat gar nichts gesagt. Er hat gegen die Linken polemisiert. Der Widerstand gegen Asylzentren kommt aber definitiv nicht von den linken Kreisen. Es ist die SVP oder SVP-nahe Kreise, welche sich querstellen und Einsprachen erheben. Wer hat in Arlesheim das Asylzentrum verhindert? Mit Sicherheit keine Linken.
Für ein Bundeszentrum im Kanton Baselland liegt ein Vorschlag auf dem Tisch. Im Oristal gibt es für ein solches Zentrum optimale Bedingungen. Die SP Baselland hat dieses Zentrum explizit begrüsst.
Simonetta Sommaruga (SP), Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement, ist kraft ihres Amtes verantwortlich für Asyl- und Flüchtlingsfragen aller Art und ist unter Dauerbeschuss der SVP und sämtlicher rechtsnationaler Kräfte. Also wo ist das Problem mit den Linken?
Grummel meint
Ihnen persönlich wurden zwei konkrete Fragen gestellt, nämlich:
«Zelte sollen es nicht sein, Zivilschutzanlagen sollen es nicht sein, Kasernen sollen es nicht sein. Was darf es denn sein?»
«Was hat Huonder mit der Arlesheimer Asylanten-Situation zu tun?»
Beide Fragen haben Sie nicht beantwortet.
Chienbäse-Bärti meint
Zu den „optimalen Bedingungen im Liestaler Oristal“: das ist doch Quatsch! Wenn die SP Baselland so etwas explizit begrüsst, zeigt sie, dass sie keine Ortskenntnisse hat. Es gibt bessere Orte in Liestal. Zum Beispiel das verlotternde alte Kantonsspital (Martin Birmann-Spital) an der Rhenstrasse, dass schleichend in Parkplätze füt Staatsangestellte umgewandet wird.
Noch besser wäre allerdingss die Errichtung eines Asylzentrums im nicht mehr genutzen Teil des Birsfelder Hafenareals. Das würde sogar noch Geld in die klamme Einwohnergemeindekasse spühlen.
Meury Christoph meint
Apropos Chienbäse-Bärti und weiter Optionen für Asylzentren im Baselbiet.
Anfrage von Christoph Meury an den Gemeinderat von Birsfelden, z.H. Herrn Christof Hiltmann, vom 11. November 2014:
«Das Bundesamt für Migration will und muss im Baselbiet ein Asylzentrum einrichten. Die Hölsteiner haben sich dezidiert gegen ein solches Zentrum in der Nähe von Hölstein gewehrt. Allerdings mit äusserst „scheinheiligen“ Argumenten.
Die Suchanfrage richtet sich jetzt also an die Städte im Kanton. Liestal ist genannt worden. Birsfelden wäre denkbar.
Möglicherweise wäre es klug und taktisch geschickt, sich als Gemeinde selber ins Gespräch zu bringen. Man könnte die Formel offensiv kommunizieren: Die Gemeinde erhält von den Anrainer Gemeinden via Finanzausgleich rund 7 Millionen Finanzzuschuss, dafür sind wir dankbar und leisten jetzt auch einen Beitrag ans Gemeinwohl.
Geschickterweise würde ich für das Asylzentrum ein Areal auf dem Gemeindebann von Birsfelden, im Hafen- und Industriegebiet, vorschlagen. Es gibt dort freie Areale. Der Kanton müsste dafür das entsprechende Areal umzonen.» (11. November 2014)
Christof Hiltmann hat das Ansinnen zur Kenntnis genommen und wohlwollend entsorgt….
PS.: Trotzdem gilt: Ein Asylzentrum im Oristal ist sinnvoll und technisch & logistisch machbar.
Chienbäse-Bärti meint
weder noch!
ArlesHeini meint
Besonders sehenswert ist die tägliche Prozession durchs Dorf: vorne die Eritreer mit Leiterwagen in der knallgelben Reflektorweste, gefolgt von den beschrifteten Sozialbetreuern in blauer Weste und schliesslich die uniformierten Sicherheitsbeamten. Später wird Arlesheim mit Staunen und Grauen auf Fotos dieser Strafkolonie und damit auf die endlosen, von der FDP sekundierten Frischluftjahre blicken.
Marc Schinzel meint
Die Dornacher 1-Mann-Pegida ist (noch) nicht angesprungen. Gut so.