
Fundstück:
Hitler systematically disabled and then dismantled his country’s democratic structures and processes in less than two months’ time—specifically, one month, three weeks, two days, eight hours, and 40 minutes.”
Timothy W. Ryback, The Atlantic
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Die Frage taucht aktuell immer wieder auf: Wo ist der nächste Churchill in diesen eigenartigen Zeiten?
Nun, in der europäischen Politik gibt es eine Reihe von Männern und Frauen, die mit ihrem Auftreten beeindrucken und eigene Massstäbe setzen – und die in diesen herausfordernden Zeiten kühlen Kopf bewahren und die richtigen Dinge tun.
An erster Stelle der kurzen Aufzählung ist Wolodymyr Selenskyj zu nennen, eine aussergewöhnliche Führungspersönlichkeit. Entschlossenheit, Charisma und aussergewöhnlichen Mut zeichnen ihn aus. Für mich ist er das Beispiel einer Persönlichkeit, die durch die Umstände eine unmögliche Aufgabe übertragen bekommt und mit ihr über sich hinauswächst.
Mette Frederiksen hat mich mit ihrem Auftritt an der Münchner Sicherheitskonferenz einmal mehr beeindruckt. Der realpolitische Ansatz der Sozialdemokratin sollte anderen Linken – insbesondere bei uns – Vorbild sein. Sie debattierte in München mit Ruhe und Entschlossenheit und mit einer wohltuenden Prise Sarkasmus. Sie hat für Dänemark eben ein ausserordentliche Rüstungsprogramm gestartet: Devise sofort und so viel wie möglich.
Giorgia Meloni, die erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung, beweist politisches Durchsetzungsvermögen und hat sich auf der europäischen Bühne als geschickte Verhandlungspartnerin etabliert. Kritiker, die sie vorschnell in ein ideologisches Raster einordneten und damit unterschätzten, zeigen sich irritiert – ein Zeichen dafür, dass sie deren politischen Erwartungen nicht erfüllt. Meloni ist eine starke Europäerin.
Kaja Kallas,die ehemalige Ministerpräsidentin Estlands und heutige EU-Aussenbeauftragte hat sich durch eine konsequente Unterstützung der Ukraine profiliert. Ihre politische Kommunikation ist sachlich, aber bestimmt, und sie scheut sich nicht, (vor den Kameras) auch unbequeme Positionen zu vertreten. Ich denke, sie irritiert sowohl Trump als auch Putin.
Donald Tusk, der Ministerpräsident Polens, ist ein politischer Leuchtturm an der Grenze zum Kriegsgegner Europas. Ein erfahrener Politiker, der sich sowohl auf nationalem, europäischem als auch auf dem internationalen Parkett zu bewegen weiss (was Schweizer Politikern vollständig abgeht). Zur rechten Zeit, am für Europa strategisch richtigen Ort.
Einmal mehr war ich beeindruckt von Paris – die perfekte Kulisse für Emmanuel Macron, diesen ambitionierten und intellektuell geprägten Präsidenten. In dieser Woche hat er erneut seinen Führungsanspruch in Europa unterstrichen. In unserer Woche in Paris fand der viel beachtete AI-Kongress statt, der die technologische Zukunft in den Fokus rückte. In Frankreich gilt, Industriepolitik (auch Verteidigungspolitik) ist Sache des Präsidenten.
Und schliesslich noch der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo, der bei uns wenig Aufmerksamkeit geniesst. Dabei wäre er für die Schweiz ein interessanter Gesprächspartner, der in der komplexen belgischen politischen Landschaft und den Spannungen zwischen den beiden Sprachgruppen eine geschickte Hand zeigt.
Moment – einen hätte ich fast vergessen: Alexander Stubb, den Präsidenten Finnlands. Seit das Land der NATO beigetreten ist, hat das EU-Mitglied eine deutliche internationale Aufwertung erfahren. Stubb ist ein Wirtschaftsliberaler und sicherheitspolitisch vertritt er eine harte Linie gegenüber Russland.
Mit anderen Worten: Es gibt in Europa eine ganze Reihe aussergewöhnlicher Politpersönlichkeiten, die der Nr. 47 nicht nur intellektuell, sondern auch mit ihrer Art Paroli bieten können.
Und Putin erst recht.
Was Europa jedoch fehlt, ist eine starke Armee.
Marc Schinzel meint
Völlig einverstanden. Europa könnte, wenn es wollte. Mit den richtigen Leuten. Unbedingt mit auf die Liste gehört die finnische Aussenministerin Elina Valtonen. Überhaupt: Die Finnen wachsen über sich hinaus, ganz egal ob konservativ (Valtonen) oder sozialdemokratisch (ehemalige Ministerpräsidentin Sanna Marin). Wir erlebten das schon einmal, bzw. nicht wir persönlich …
fuertesirius meint
Jetzt sind wir wieder soweit und fragen nach Truppenstärke. Können also die Baltischen Staaten und Polen von anderen Europäern mitverteidigt werden ohne Natomandat?
Mein Vorschlag: Putin soll mal Alaska angreifen. Alleine schon wegem Öl.