Es ist ja schon interessant, wie diese AHV-Pensionskassen-Debatte von denen geführt wird, die noch voll im Saft sind. Während die eine Hälfte glaubt, mit 70-Franken-Goodies (bei wem eigentlich?) punkten zu können, behaupten andere, dass für derartige Scherze nun wirklich kein Geld mehr vorhanden sei. Einigkeit herrscht von links bis rechts jedoch darin, dass «wir Alten» in grossem Stil Rentenklau betreiben, weil wir uns partout weigern, uns im Sinne einer «Pension Correctness» umwandlungssatzkonform ins Jenseits zu verabschieden. Einigkeit herrscht darin, dass das Rentenalter für Frauen auf 65 erhöht werden muss. Sonst geht alles den Bach runter.
Ich lasse es jetzt mal bleiben, mich zu wiederholen und von der Infrastruktur, die wir bezahlt haben, den Ausbildungskosten, die wir getragen haben, von den Pensionskassenverlusten beim Stellenwechsel, die wir zugunsten unserer Väter-Mütter-Generation hinnehmen mussten, von den Transferleistungen von uns damals Jungen zur ersten AHV-Generation zu schreiben.
Nein, ich komme gleich richtig zur Sache: Das Gejammer der derzeit und hoffentlich noch für ein paar weitere Jahre voll im Saft stehenden Jungmänner (von Frauen liest man kaum etwas zum Thema), geht mir ziemlich auf den Wecker. Und zwar deshalb, weil es ihnen an Fantasie, nein, am Willen fehlt, statt ihrer völlig unbegründeten Angst vor einem Alter ohne Geld konkrete Lösungen auf den Tisch zu legen und für diese halt auch politisch zu kämpfen. Weil sie von uns kein Geld mehr bekommen werden, sondern diese Sache nun selbst unter sich ausmachen müssen. Es gäbe zwei Lösungen.
Die eine, wenig realistische: Die zweite Säule wird zum persönlichen Spartopf erklärt, d. h., es gibt so lange Geld, wie welches vorhanden ist. Befreit von einem politisch festgelegten Umwandlungssatz könnte jeder monatlich so viel Rente beziehen, wie er/sie fürs Leben glaubt brauchen zu müssen. Eigenverantwortung ist das Stichwort dazu.
Die zweite Lösung ist die einzig mögliche, um diese Diskussion ohne Ende auf Jahre hinaus zu erledigen: Das vor Jahrzehnten völlig willkürlich festgelegte Rentenalter 65 wird abgeschafft. Sowohl für Männer als auch für Frauen. Sowohl für Bauarbeiter als auch für Uniprofessoren. Denn dieses ist Dreh- und Angelpunkt der sich schon seit Jahren im Kreis drehenden Rentendiskussion.
Stattdessen kann sich jeder ab – von mir aus – 60 aus dem Berufsleben verabschieden und sonst was machen. Jederzeit und unabhängig von einem Stichtag. Er oder sie muss dann keine Rentenkürzung mehr hinnehmen, weil es den Bezugspunkt «65» nicht mehr gibt.
Hingegen wird auf den Tag des Rentenbezugs individuell die statistische Restlebenszeit errechnet, was eine relativ einfache versicherungsmathematische Aufgabe ist. Der errechnete Faktor ist dann satzbestimmend für die Pensionskassenzahlungen aus der zweiten Säule und legt die Rentenhöhe der AHV fest. Dänemark und Holland gehen bereits diesen Weg. Abweichungen oder Abfederungen vom Grundprinzip für diese oder jene Klientel überlassen wir der aktiven Generation.
Apropos Rentenklau: Abgeschafft würde mit diesem modifizierten Rentensystem auch die Ehegattenrente. Ich sehe nun wirklich nicht ein, weshalb wir monatlich auf 1400 Franken verzichten müssen, wenn sowohl sie als auch ich so viel in die AHV-Kasse eingezahlt haben, dass jeder von uns die Maximalrente erreicht.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 23. September 2013.
Baresi meint
Meinen Sie mit «Abweichungen oder Abfederungen vom Grundprinzip für diese oder jene Klientel überlassen wir der aktiven Generation.» z.B. die Frage, ob jeder der mit/ab 60 arbeitslos ist/wird, nicht mehr wählen kann und sich aus dem Arbeitsleben in die AHV verabschieden muss? Falls ja, genau das hätte mich nun interessiert.
@ Berger. Wenn die Ehegattenrente abschaffen, dann bitte auch gleich ein Steuersystem einführen, bei dem der Zivilstand und die Lebensform auch keine Rolle mehr spielt.
Grummel meint
Die «Kleinen» jammern nicht: Die sind diesem System komplett ausgeliefert.
Henry Berger meint
Die von Ihnen im letzten Abschnitt erwähnte Ehegattenrente ist im Prinzip skandalös. Die monatliche Einbusse von Fr. 1’400.- gegenüber einem Konkubinatspaar ergibt in 15 Jahren (d.h. vor Ende der Lebenserwartung) einen Betrag von Fr. 252’000.- Ich kenne effektiv Paare die haben sich nur aufgrund dieser Diskriminierung scheiden lassen und leben nun halt als Konkubinatspaar zusammen.¨
Wieso wird dies nicht mehr thematisiert?