Es gibt bislang keinen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag was die Entnahme von Gas aus dem Gasspeicher Haidach betrifft. Bislang sind das Absichtserklärungen.
Das sagt nicht Frau Sommaruga, sondern Herr Söder.
Bayern hat das selbe Problem wie die Schweiz: Industrie und Haushalte sind auf Gedeih und Verderb auf einen Gasspeicher angewiesen, der sich im Ausland befindet.
Im Fall Bayerns in Österreich.
Weil Österreich angekündigt hat, den Gasspeicher nächsten Winter für die Inlandversorgung selbst nutzen zu wollen, ist man in Bayern mehr als alarmiert: Söder will, dass Bayern genauso mit Gas aus diesem Speicher versorgt wird, wie Österreich.
Die Forderung Söders müsste bei den sommerpausenden Bundespolitikern die Alarmglocken schrillen lassen.
Denn die Schweiz hat bislang weder mit Deutschland (noch mit Frankreich) einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag abschliessen können.
Drei Viertel des in der Schweiz verbrauchten Gases kommen aus Deutschland.
Selbst wenn Deutschland tatsächlich ernsthaft wollte, was angesichts der Forderungen Söders an die Bundesregierung ziemlich bezweifelt werden kann, hat die EU-Kommission das letzte Wort.
Gemäss geltendem EU-Recht, sind „die Mitgliedstaaten verpflichtet, ihre zwischenstaatlichen Energieabkommen mit Drittstaaten vor deren Abschluss der Kommission vorzulegen“. Die Mitgliedstaaten müssen „die Stellungnahme der Kommission in allen Punkten berücksichtigen“.
Die EU will damit sicherstellen, „dass zwischenstaatliche Energieabkommen die Versorgungssicherheit der EU und das Funktionieren des Binnenmarkts nicht gefährden.“
Womit wir mitten drin sind, im europäischen Minenfeld.
Sicher hilfreich für ein Okay der EU-Kommission zu Verträgen mit Deutschland und Frankreich ist die gestrige Verlautbarung des Bundes: Wir sind neutral Äh – uns fehlt die Rechtsgrundlage, dass die Schweiz ab dem 1. August dem 15%-Sparaufruf der EU folgen kann.
Ironie aus.
PS: Dazu passend ein Online-Titel unter dem in der Schweiz beliebten Hashtag „Wir lachen uns ins Fäustchen“: Der Gas-Notfallplan der EU hilft der Schweiz.
PS II, Konklusion: Der Ernst der Lage wird in der Schweiz offensichtlich nicht erkannt.
Wädi meint
Nun hat Simonetta Sommaruga in 10v10 die Dinge beim Namen genannt: wir werden wohl ebenfalls 15% Einsparungen beim Gasverbrauch gegenüber dem Vorjahr vorsehen müssen und der Bundesrat wird dies in den nächsten Wochen beschliessen. Alle anderen Meldungen aus den Amtsstuben mitsamt dem Argument der fehlenden Gesetzesgrundlagen sind einfach nur dumm und zeigen den bedenklichen Wissensstand dieser Insulaner.
Denn die mit unseren Nachbarländern abgeschlossenen Solidaritätsabkommen werden nur zum Fliegen kommen, wenn wir dieselben Bedingungen, Einschränkungen sowie Auflagen wie die EU-Länder anwenden. Genau dies untersucht derzeit die EU-Kommission, wenn sie die bilateralen Solidaritätsabkommen der Schweiz mit den Nachbarländern prüft. Das für den kommenden Winter für die Schweiz gespeicherte Gas liegt nämlich in Lagern in den NL, in D und F; es fliesst über die Pipelines nur in die Schweiz, wenn die Nachbarn und die EU dazu Ja gesagt haben.
Leider sind die guten, alten Zeiten vorbei, in welchen die Schweiz sagen konnte, wir zahlen für die Energie halt einfach einen etwas höheren Preis (wir können uns dies ja als reiche Volkswirtschaft leisten), dann erhalten wir Strom, Gas oder Öl problemlos. Denn die Verfügbarkeit von Energie hängt immer mehr auch von Pipelinekapazitäten und Zugang zu Speichern zum richtigen Zeitpunkt ab. Und entscheidend wird auch sein, ob man in den (EU-)Krisengremien zumindest als Beobachter am Katzentisch dabei ist und so seine Interessen einbringen kann.
Roger Fischer meint
Unheimlich, diese Passivität. Wir dürfen mangels gesetzlicher Grundlage gar nicht sparen… Wie wäre es mit der Anwendung von Notrecht (dringlicher Bundesbeschluss). Aber Bundesrat und Parlament sind halt in den Sommerferien. Die EU wird das mangelnde Sparverhalten der Schweiz dann im Winter (negativ) kompensieren.
Andres Egger meint
Die Schweiz ist extrem von Erdgas abhängig.
Bereits am 14.12.2012 fragte Ständerat Raphaël Comte den Bundesrat: „Wie schätzt der Bundesrat das Potenzial des Erdgasvorkommens in der Schweiz ein? Kann dadurch die Energiestrategie des Bundesrates in gewissen Punkten beeinflusst werden?“
Am 27.2.13 antwortete der BR abschliessend: „Zurzeit ist es nicht Sache des Bundesrates, Sondierung und Nutzung von Erdgasvorkommen in den betroffenen Regionen zu fördern.“
Seither gabe es dennoch private Initiativen, nach Erdgas zu suchen. Und letzteres wurde auch gefunden: im Neuenburger Jura, im Wallis, Im Tessin, sogar im Mittelland. Der politische Druck der Grünen und von Umweltverbänden verunmöglichten aber weitere Abklärungen.
Noch nicht einmal Gasspeicher hat die Schweiz.
Und nun wird’s brentzlig. Die Doofen meinen: Der Ukraine-Krieg ist schuld! Und die Sanktionen. Und die EU.
Was auch immer: Handlungsbedarf hätte schon lange bestanden.
Und Bern schläft noch immer.
Rampass meint
Dass ein „völkerrechtlich verbindlicher Vertrag“ Gaslieferungen garantieren soll, ist etwas blauäugig, siehe die blockierte Maskenlieferung vor 2 Jahren. Gilt auch für das „Stromabkommen“: ohne Strom ist auch das ausgefeilteste Abkommen das Papier nicht wert.
Die sogenannte „Energiewende“ ist gescheitert. Es ist höchste Zeit, die Technologieverbote und Moratorien aufzuheben. Fracking-Gas aus den USA ist ok, Fracking in D und CH aber verboten. Das mag irgendwelche linksgrünen Gemüter „beruhigen“, verlogen ist es trotzdem.
Falls das Gas ausfällt, zieht der Rampass für ein paar Monate in eine Ferienwohnung mit Ölheizung und Cheminée. So im Stil Work@Grindelwald.