Das war eine Sternstunde des Landrates letzte Woche, als er mit einem Mehr von gerade mal drei (freisinnigen) Stimmen einem einmaligen Beitrag von 700 0000 Franken ans Theater Basel zugestimmt hat.
«Das ist ein ganz toller Entscheid des Landrats, wir freuen uns sehr darüber», wurde dessen Verwaltungsratspräsident nach der Abstimmung in der Basler Zeitung zitiert. Und der künftige Intendant will das Geld vom Land für ein Schauspiel- und ein Opernprojekt auf dem Land verwenden.
30 Prozent der Baselbieter und 55 Prozent der Städter sahen bereits einen dünnen Silberstreifen am Horizont aufleuchten. Scheint ja doch zu klappen, mit dieser vermaledeiten Zusammenarbeit. Zumindest unter den Intellektuellen der beiden Basel.
Doch spätestens jetzt muss ich einräumen, dass dieser Begriff «Sternstunde» ironisch gemeint ist.
Denn die Sache ist die, dass diese 700 000 Franken, die Hälfte von dem, was die Verantwortlichen pro Jahr gefordert hatten, wohl nie ans Theater Basel überwiesen werden.
Die Abstimmung war deshalb eine Sternstunde dieses Parlaments, weil sie eine Inszenierung für den Balkon war oder anders gesagt: ein Demonstratiönlein der Guten im Saal.
Der Budgetentscheid des Landrats ist nämlich nichts anderes als die Äusserung eines Wunsches: Die Regierung möge doch bitte dem städtischen Theater ein paar Hunderttausend Franken aufs Konto überweisen.
Wer die letzten vier Jahre mitverfolgt hat, der kommt nicht um die resignierte Feststellung herum, dass die Volksvertreter ganz offensichtlich nichts mehr lieben als Abstimmungen ohne Sinn und Nutzen.
Denn die Regierung kann mit diesem Entscheid nun machen, was sie auch immer will, ihn zum Beispiel auf die lange Bank schieben.
Was die naheliegendste Reaktion der Regierung in dieser Zusammensetzung sein wird, schliesslich war sie bis auf vermutlich einen gegen das Budgetpostulat des SP-Vertreters.
Auf alle Fälle muss man kein Hellseher sein, wenn man voraussagt, dass bis nach den Wahlen im nächsten Februar gar nichts geschieht.
Möglicherweise wird es bis nach der Sommerpause des nächsten Jahres dauern, bis nämlich der frisch gewählte Landrat in der x-ten Sitzung erneut auf dieses Thema trifft. Also im Herbst 2015.
Denn die Regierung kann alles tun, nur eines nicht: die 700 000 Franken so mir nichts dir nichts ans Theater überweisen.
So etwas wie eine Geschenkidee sieht nun mal die Baselbieter Verfassung und Gesetzessammlung nicht vor. Ergo muss die Regierung einen gesetzeskonformen Antrag ans Parlament ausarbeiten.
Dann wird nochmals abgestimmt. Wie gesagt irgendwann mal 2015, wo ein Nein das wahrscheinlichste Ergebnis sein wird.
Weil die Vorlage ziemlich sicher dem fakultativen Referendum unterstellt wird, könnte es gar zu einer Volksabstimmung kommen. Die nötigen 1500 Unterschriften werden im Handumdrehen gesammelt sein.
Zumal dieses Thema perfekt zum Finanzpatriotismus der restlichen 70 Prozent passt. Eine Volksabstimmung wegen lausigen 700 000 Fränkli, oh mein Gott!
So ist denn zu befürchten, dass das «seit vielen Jahren erste positive finanzielle Zeichen an das Theater aus dem Kanton Baselland» (der Leiter Abteilung Kultur des Kantons Basel-Stadt), in gut einem Jahr oder so zu einer erneuten Belastung in der Beziehung der beiden Schwesterkantone führen wird.
Merke: Sternstundeninszenierungen sollte man den Profis am Theater überlassen.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 17. Dezember 2014.
Redbüll meint
@MM: Like-Button bei Comments find ich witzig. Frage: Wäre es möglich, auch einen Dislike-Button hinzuzufügen? (muss ja nicht gleich ein „hate“-Button sein …;-). Fuer die Schreibfaulen aber dennoch gerne (schnell)-Motzenden.
M.M. meint
Zufrieden?
Redbüll meint
Hoppla, werter MM, cool, das ging ja rassig. Vielen Dank. Wenn ich nicht irre, haben Sie in ein paar Minuten das hingekriegt, was Facebook immer noch nicht hat, oder haben will…?
A.Schaffhauser meint
Der Tagi-Artikel zielt in eine komplett andere, spannende Richtung, Herr Meury. Vorschlag: sich kürzer fassen, dafür gründlicher lesen.
A.Schaffhauser meint
Ob Herr Meury und die anderen Subventionsjammeri den klugen, zukunftsweisenden Essay über (zeitgemässere) Alternativen zur konventionellen Stadttheaterförderung (gestern im TAGI) zur Kenntnis genommen haben?
Meury Christoph meint
Sie werden staunen, wir lesen sogar ab und an Zürcher Zeitungen. Sie liegen aber falsch, wenn Sie meinen, dass der Artikel die Beteiligung des Kantons Zürich an der Kultur grundsätzlich zur Disposition stellt. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob auch andere Subventionsmodell möglich sind.
Ich darf Ihnen aber in Erinnerung rufen, dass das Zürcher Opernhaus 1994 kantonalisiert wurde und seither vom Kanton subventioniert wird. Als Nummer eins der kantonalen Subventionsempfänger erhält die Zürcher Oper von der öffentlichen Hand (Kanton Zürich) jährlich 80 Millionen Franken. Das sind zur Zeit über 85% der Kultursubventionen, die der Kanton ausrichtet.
Wir reden hier also von ganz anderen Dimensionen und weder im Umfang noch im Engagement ist die Zürcher Situation mit Basel vergleichbar.
Wenn im Baselland über Kultursubventionen debattiert wird geht es nicht um das Subventionsmodell der betroffenen Institutionen, sondern um die Beteiligung des Kantons und um die Abgeltung von kulturellen Dienstleistungen, welche die Stadt Basel für die Bevölkerung erbringt. Zur Zeit beträgt das baselstädtische Kulturbudget 118’755’041.- Franken (2013). Da wirken sich die Beiträge des Baselbiets doch eher bescheiden aus. Da kann man fürwahr nicht von Subventionsklönerei reden. Da reden wir eher über eine BL-«Geiz-ist-geil»-Kulturpolitik.
Meury Christoph meint
Die Einschätzung von M.M. passt ungemein gut zu meinen eigenen Überlegungen. Ja, beim derzeitigen politischen Klima werden die 700’000 nie in Basel ankommen…
http://www.tageswoche.ch/de/2014_49/kultur/675003/Auf-den-neuen-Baselbieter-Kulturchef-wartet-ein-Kamikaze-Job.htm
BL Kulturpolitik
«Auf den neuen Baselbieter Kulturchef wartet ein Kamikaze-Job»
Tageswoche 5.12.2014
Kultur hat in der Baselbieter Regierung keine Lobby mehr. Das wird sich auch mit der im Februar neu gewählten Regierung nicht ändern. Das sind schlechte Aussichten für den Nachfolger oder die Nachfolgerin des abtretenden Kulturchefs Niggi Ullrich.