Heute Interview mit einem Journalisten von RSI zu den Verkehrsinitiativen in Basel-Stadt.
Er hat mich wegen dieses Beitrags angerufen: „2030 wird nichts mehr so sein wie heute“ und der Passage „….Und man damit [Verbrennungsmotoren] ab 2030 nicht mehr in die Stadtzentren fahren darf.“
Zusammengefasst sieht die aktuelle Lage wie folgt aus:
- Der Verbrennungsmotor ist ein Auslaufmodell. Die deutschen Autohersteller werden keine neuen Benzin- und Dieselmotoren mehr entwickeln. Die letzten derartigen Vehikel werden voraussichtlich 2035 aus dem Verkehr gezogen.
- Der Elektromotor wird den Verbrennungsmotor ersetzen. Ob dieser irgendwann mal statt mit einer Batterie mit Wasserstoff angetrieben wird, ist keine wirklich wichtige Frage.
- Dieser Trend ist umumkehrbar, weil die Automobilhersteller Milliardensummen in den Wechsel investieren.
- Wer noch skeptisch ist: hier geht es nicht in erster Linie um Ökologie sondern um Kapitalismus. Wer nicht mitzieht, ist weg vom Fenster.
- Für Investoren gilt: Hat der Markanteil einer neuen Technik ~14% (Kipppunkt) erreicht, ist die alte dem Untergang geweiht. Weil die neue Technik über den Investitionszeitraum hohe Zuwachsraten verspricht und ergo die alte nur noch Marktanteileinbussen.
Das wird ab 2025 der Fall sein. (Wir erleben das gerade bei der Solar- und Windenergie, die jetzt kostengünstiger Strom liefern als Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke.) - Ein E-Auto ist kein Auto im herkömmlichen Sinn mehr, sondern eine rollende Digitalplattform, quasi ein Handy mit Rädern. Nicht die Ingenieurleistung beim Motorenbau wie bis anhin ist das Kerngeschäft der Automobilhersteller, sondern neu die Fähigkeit, effiziente Betriebssysteme à la Apple, Google oder Tesla zu entwickeln.
- Ich sage, dass 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr in die Stadtzentren fahren dürfen, weil sie die dann gültigen CO2-Normen nicht mehr erfüllen werden, (ab 1.1.2020 95g CO2/km, ab 2030, 38% weniger). In der Schweiz liegt der Wert derzeit bei 137.8 g CO2 pro Kilometer. Vorläufer des 2030er-Verbots sind die aktuellen Dieselfahrverbote.
Weil die Automobilhersteller die neuen Normen nicht erreichen werden, drohen ihnen in Europa ab nächstem Jahr Bussen von mehreren Milliarden Euro, ausser sie verkaufen als Kompensation sehr viele E-Autos. - Der Streit in Basel um Parkplätze und Individualverkehr ist eine sowohl von Links-Grün als auch vom Gewerbeverband/Bürgerliche geführte Diskussion von gestern, d.h. irrelevant.
- Zwei Trends: Die Demographie – die Alten, die vorwiegend noch neue Autos kaufen, geben ihr Auto irgendwann aus Altersgründen auf. Die Jungen wollen kein Auto mehr besitzen, weil das keine Prestigefrage mehr ist. Was beide verbindet: Man will einfach nur Zugang zu Mobilität.
Dieses Bedürfnis werden neue Sharing-Modelle befriedigen (die BLT könnte zum Beispiel ins Autosharing-Geschäft einsteigen.) - Autos stehen zu 95 Prozent ihrer Zeit einfach nur auf Parkplätzen rum. Sharing-Mobility bedeutet mehr Bewegung und damit auch einen reduzierten Parkplatzbedarf.
Was ich nicht verstehe, dass der Kanton Basel-Stadt und der Gewerbeverband nicht stärker ihre gemeinsamen Interessen betonen. Schliesslich subventioniert derzeit der Kanton jedes E-Handwerker-Auto mit bis zu 5000 Franken. Wenn der Gärtner vorfährt oder der Päckliservice, dann soll das nicht mit einem Dieselfahrzeug geschehen, sondern mit einem E-Fahrzeug. Wollen die Kunden.
Als flankierende Massnahme hätte man die respektable Subvention mit einem Fahrverbot für alte Lieferwagen ab 2025 flankieren können, plus mit speziell gekennzeichneten E-Autoparkiermöglichkeiten für Handwerker und Dienstleister.
Tim Meier meint
Natürlich verkaufen die deutschen Autobauer auch ausserhalb von Europa Autos . Dort wird noch sehr lange auf Verbrenner gesetzt werden.
Fahrverbote in Stadtzentren werden wegen der Stickoxidemissionen und nicht wegen CO2 verhängt. CO2 hängt vom Verbrauch und nicht vom Kat ab.
Bei all diesen tollen Visionen mit Wärmepumpen und E-Autos muss immer noch mehr Strom aus der Steckdose kommen. Vorher muss er aber ins Stromnetz gespiesen werden. Nur mit AKW abschalten, Strom-Importen und Gebäudedämmung ist das nicht machbar. In Deutschland steigen die Strompreise auf das weltweit höchste Niveau. Wie das trotz der angeblich kostengünstigen Solar- und Windenergie möglich ist, wird laufend ausgeklammert. Fragt sich, ob das am mangelndem technischen Verständnis oder an der Haltung der Journalisten liegt.