Das Wort „Bankgeheimnis“ schreckt die Leute heutzutage ungefähr so auf, wie früher eines dieser zahlreichen Wörter aus der Fäkalsprache, die heute wie selbstverständlich zur Alltagssprache gehören.
Das Wort „Weissgeldstrategie“ erlangt in diesen Tagen gar den Status eines „Maria-Mutter-Gottes“ aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg.
Was so fleckenlos und ordentlich daherkommt, ist im Grunde genommen nichts anderes, als amtl. bew. Geld, das für eine gewisse Zeit bei einer Bank deponiert werden darf. Unter strenger Beobachtung der Finanzbehörden. Denn es handelt sich um anrüchiges Geld, weil es dieses Mehr an Geld ist, das man gerade nicht zur Finanzierung des Alltags braucht.
Gutes Geld ist jedoch nur das, welches am Ende des Monats weg ist.
Deshalb will Herr Hollande die grossen Einkommen – die über 100’000 Euros – und die ganz grossen – die über eine Mio. Euros – kräftig besteuern. Seine Kommunistenbrüder in Frankreich fordern gar eine Besteuerung von 100%. Weil Herr Hollande deren Stimmen braucht und die Mitte nicht ganz verärgern will, begnügt er sich mit 75%.
Gehen wir doch kurz dem Neusprech-Ausdruck „Weissgeldstrategie“ auf den Grund. Es umschreibt, dass wer mehr verdient, als er zum Leben braucht, unter Generalverdacht des Betrugs gestellt werden soll. Das ist das eine.
Das andere ist die Disziplinierung einer Branche durch die Politik. Weil man, anders als in Frankreich, die Banken in der Schweiz nicht verstaatlichen kann, will man zumindest beim Geschäftsmodell politisch dreinreden. Mit der Absicht die Banken kleinzuschrumpfen und die hohen Einkommen gleich damit. Der alternative Hollande-Weg. Boni müssen sowieso weg.
Weissgeldstrategie – das ist in etwa so, wie wenn man der Schweizer Armee die Waffen belässt, aber nur noch Platzpatronen bewilligt.
Also: Investmentbanking – raus aus der Schweiz, weil mit der Moral der Mitte bis linksaussen nicht vereinbar. Also: Zufluss von Neukundengeldern nur noch, wenn der Heimatstaat das Geld mit Stempel und Siegel amtl. beglaubigt hat. (Der nächste Schritt ist dann die Domestizierung der Inländer.)
Ich meine, liebe unter 50-Jährige, ihr habt im Gegensatz zu mir noch ein paar Jahrzehnte vor euch, in denen ihr Kohle schaufeln müsst für eure Familien, eure Biomüesli, den Umstieg von Atom auf Nachhaltig, Kinderkrippen für alle, die Ferienreise in den Süden und so weiter und so fort und dazu noch für eure eigene Altersvorsorge.
Wie zum Geier wollt ihr das eigentlich finanzieren? Mit Körbeflechten? Ah ja, stimmt. Mit neuen Technologien wie dem Bau von Solarzellen und so.
Einfach nochmals kurz die Fakten:
Das Wealth Management (vulgo Bankbetreuung der reichen Säcke aus aller Welt und von ein paar in der Schweiz) bringt eine jährliche Wertschöpfung von 15.5 Mia. Franken. Im Bankensektor arbeiten 141’900 Frauen und Männer. Die gleichen Leute, die wegen 50 entlassenen Arbeitern Mordio schreien, sagen bei den Banken, ach was soll’s, wenn 20’000 weg sind, hat’s ja noch immer 120’000 Arbeitsplätze.
Das ist sich übers Essen beschweren. Mit vollem Mund.
Genau dazu noch eine Zahl: 2010 erbrachte der Bankensektor 11,2 Mrd. Franken an Steuereinnahmen, was 10% aller Steuereinnahmen entspricht. Aber was soll’s. Brauchen wir nicht – oder?
Also, dann geht mal hin und sägt schön am Ast auf dem ihr sitzt. Ich verabschiede mich demnächst auf die Parkbank.
PS: Hier noch eine Statistik, die zeigt, in welchen Branchen der Schweiz gutes Geld verdient wird, sprich – wo gute Steuerzahler arbeiten.
Markus Saurer meint
Das grösste Ärgernis ist doch die bundesrätlich-offizielle Bezeichnung „Weissgeldstrategie“, die jetzt die Schwarzgeldstrategie ablösen soll. Damit wird eingeräumt, dass die Schweiz vorher illegal drauf war… die US-Anwälte wetzen die Messer für Class Actions. Masochistische Schweiz. Aber die Bundesräte kümmert das alles nicht so…
merlinx meint
Wieder mal eine rauschende Partitur, die Sie da in die Tasten gehauen haben!
Und dass die SBVg den Part des Gefangenenchors übernehmen darf, ist wirklich eine noble Geste.
Wenn in einem Bereich gerechnet werden kann und soll, dann hier. Das Zahlenmaterial beeindruckt.
Am Ende sollte es sich für einen rechnen, weil man ein Leben lang fleissig war und Überdurchschnittliches geleistet hat.
Auch nicht weiter arbeiten und zahlen für die, welche nicht arbeiten wollen, obwohl sie könnten.
Zuerst Rechnen und dann Gerechtigkeit.
Apropos Hollande, das ist doch das Programm „Nöte und Noten“, der will doch nur für die alten reichen Säcke, die immer müssen, neue Vespasiennes bereitstellen … non olet …
Nun, ich meine ja auch, dass man zur Hühnerschar, welche jetzt noch die goldenen Eier legt, irgendwie Sorge tragen sollte, all die Füchse, die nachts am Gitter schnuppern …
Als erstes sollte eine Buntgeldstrategie eingeführt werden, das entspricht dem Leben, der Wirklichkeit, den Menschen am ehesten, jeder ist und hat und macht sein eigenes Geld.
Dann sollten die Finanzdienstleister weniger ins Casino gehen, sondern innovativer werden und zusammen mit den Politikern überlegen, wie diese Geldströme wieder so zum Fliessen gebracht werden könnten, dass endlich die vielen ausgetrockneten Böden zum Blühen gebracht werden könnten.
Vielleicht sollten die „reichen Säcke aus aller Welt“ zu Sonder-Schweizern ernannt werden, man könnte sie auch Drohnen-Schweizer nennen:
Die in einer zeitlich beschränkten Nichtstun- und Mästungsphase entstandenen Riesenvermögen werden von ihren schwer daran tragenden Besitzern abgekoppelt und in einer feierlichen Befruchtungsphase wieder dem grossen Organismus beigefügt …
(aus Alchemie des Geldes, Kap. 6, Hochzeit)