Huijujui herrscht da aber eine Aufregung im Basel-Land. Wegen der Landratspräsidentin. Und schön doch, dass die Meinungen gemacht sind: Köpft sie.
Ich halte es aus der Erfahrung vieler überstandener Winter so, dass wenn die ganze Meute kläffend in eine Richtung läuft, ich einfach mal stehen bleibe. Und mich frage: WTF ist eigentlich los?
Da sind zum einen die Medien, die im Tagestakt neue „Enthüllungen“ präsentieren, um die Arbeitsthese zu untermauern, dort in Lausen werde gelogen und betrogen. Schon seit Jahren. Und die Moralkeule schwingen, ich meine ausgerechnet die Medien.
Da lesen wir dann solche Schlagzeilen wie: Landratspräsidentin betreibt ihr B & B illegal
Bhuaa, denkt man da als unbescholtener Bürger und fragt sich, warum das Bauinspektorat oder sonst eine Amtsstelle diesen Betrieb nicht sofort dicht macht? Hallo: illegal!
Ein Herr Durrer, Vizegemeindepräsident von Lausen, sagt am 10. Oktober in der bz zum „illegalen“ B&B, er erwarte jetzt vom Bauinspektorat Weisungen, „wie die Gemeinde eventuell ihre Reglemente anpassen muss.“ Was die Gauglers, sprich deren Anwalt aus einer berühmten Baselbieter Anwaltskanzlei, in der gestrigen Pressemitteilung zum Satz bringt: „Die Gemeinde Lausen hat ihrerseits in einer Stellungnahme zu Handen der Medien ausgeführt, dass sie möglicherweise bestehende Regelungen neu prüfen bzw. formulieren müsse. Voraussetzung sei aber eine Klärung der rechtlichen Grundlage.“ Was wiederum die BaZ dazu bringt, beim Lausener Gemeindeverwalter Thomas von Arx nachzufragen, der offensichtlich weder die bz liest noch mit seinem Vizegemeindepräsidenten geredet hat und sich deshalb überrascht gibt: „Wir haben keine Ahnung, was sie zu einer solchen Behauptung bewegt. Die Darstellung ist falsch.“ Was wiederum der BaZ die willkommene Kapitelüberschrift liefert: „Frei erfunden“
So läuft das. Und noch immer ist dieses B&B gemäss BaZ illegal, was Herr von Arx offensichtlich auch nicht weiss.
Und da ist das Ehepaar Gaugler, Kleingewerbler aus der Kleingemeinde Lausen, von denen ich jetzt nicht unbedingt einen Gebrauchtwagen kaufen würde. Frau Gaugler ist dank der Politik auf einen Stuhl gehievt worden, von dem behauptet wird, auf dem sässe „die höchste Baselbieterin“.
Wer auf dem Stuhl sitzt, so die allgemeine Meinung, furzt nicht lautstark sondern lässt höchstens und gesittet mal einen fahren, sprich: Die Frau Gaugler macht einfach nicht das, was die Medienmenschen gerne hätten. Wenn die den Rücktritt fordern und den immer gleichen das Mikrofon hinstrecken, von denen sie wissen, dass sie auch „Rücktritt“ rufen, und die Frau Gaugler sich als renitent erweist – dann ist das die bestmögliche Fortsetzung der Geschichte von morgen.
Deshalb lieben die Medien die Frau Gaugler.
Selbstverständlich: Hätte den Gauglers ein Kommunikationsprofi zur Seite gestanden, wäre anders kommuniziert worden. Aber jetzt handeln sie authentisch. Die sind so. Das mag man gut finden oder auch nicht, aber nochmals: die sind genau so, wie sie sind, die Gauglers.
Und weil sie so ist, wie sie ist, ist Frau Gaugler seit 2005 immer wieder in den Landrat gewählt worden und deshalb haben sie 64 Landräte vor ein paar Monaten zur „höchsten Baselbieterin“ gewählt.
Wenn dieser, in Anführungsstrichen, Skandal eines beweist, dann dies: Das Baselbiet ist der exemplarische Fall einer Mediokratie, der Herrschaft der Mittelmässigkeit. Weshalb eben nicht die sich gerne intellektuell gebende Bio-Bäuerin Maya Graf die perfekte Repräsentantin dieses Systems ist, sondern Frau Gaugler.
In diesem Sinn: Möge sie uns noch lange erhalten bleiben, denn da rückt nichts Besseres nach.
Nemesis meint
«Illegal» kann der Betrieb bisher kaum gewesen sein, wenn die Mietschlichtungsstelle in einem Fall – auch gemäss Medienberichten – einen dreijährigen Kündigungsschutz verfügt haben soll, das wäre sonst als Beihilfe zu qualifizieren… Wie diese Konkurrenz angeblicher Verfügungen amtlicher Stellen aufgehen soll?
Das wirklich Tragische an der Sache ist, wie einige von Frau Gauglers Landratskolleg/inn/en auf die Medienhetze aufgesprungen sind und bar jeder Faktenkenntnis auf Basis blosser Medienberichte kommentieren und fordern, was das Zeug hält. Es wird lamentiert, die Glaubwürdigkeit des Landrats leide wegen Frau Gaugler – noch mehr leidet das Ansehen des Parlaments aufgrund der fortgesetzten Aeusserungen einzelner seiner Mitglieder. Speziell G.S. sollte vielleicht mal an seine Situation vor einem Jahr zurückdenken, bevor er vorschnell mit Steinen wirft. Sämtlichen Akteuren wären mal ein paar Schritte zurück zu wünschen.
Welcher Landrat hat den Mut, diesem Heissluftballon die Luft rauszulassen, damit das Parlament einfach in Ruhe seine eigentliche Arbeit machen kann? Könnte es nämlich problemlos, obschon ein ziemlich gewöhnlich erscheinendes Verwaltungsverfahren gegen die Präsidentin hängig ist, sie steht nicht unter Mordverdacht.
Den Medien wiederum sei gesagt, dass solche Skandalisierungs-Stories den Lesern inzwischen zum Hals raushängen. Früher wurden C-Stories im Sommerloch zu Triple-A’s hochgepusht, aber jetzt steht ja schon die Weihnachtsdeko in den Läden… Wo ist bloss der seriöse Recherchier-Journalismus geblieben? Unsere regionalen Medien scheinen sich einen Wettlauf um dessen definitive Abschaffung zu liefern :-((
gotte meint
es ist schon erstaunlich, dass nur plötzlich „die medien“ in der verantwortung stehen sollen. und noch viel erstaunlicher ist, wie hier ein „normales verwaltungsverfahren“ bagatellisiert wird. sorry, ein „normales verwaltungsverfahren“ ist nicht einfach weniger schlimm als ein strafverfahren – in beiden fällen geht es um den vorwurf, dass man sich nicht an die gesetze hält. ob diese gesetze gut oder schlecht, sinnvoll oder überflüssig sind, spielt hier wie dort keine rolle. und ja, an der landratspräsidentin klebt der vorwurf, dass sie sich über die gesetze des kantons, dessen gesetzgebender gewalt sie vorsteht, hinweggesetzt hat. und das nicht einsieht. ich kann bei bestem willen keine sau sehen, die hier durchs mediendorf gejagt würde.
strunk meint
Die Öffentlichkeit möchte sich ja ein qualifiziertes Urteil zum Fall bilden – aber solange die Gauglers das alles entscheidende Dokument zurückhalten, öffnen sie den Raum für jegliche Spekulationen. Man kann bedauern, dass es überhaupt Spekulationen gibt, aber es gehört nun mal zur politischen Realität, dass man jegliche Schwächen des Gegners zum eigenen Vorteil zu nutzen versucht. In ihrer Position sollte Gaugler das wissen und dies in ihrer Kommunikationsstrategie einbedenken.
M.M. meint
Hatte einen technischen Fehler, deshalb konnte man heute nicht sofort kommentieren. Keine Zensurabsicht. Man bittet das geneigte Publikum um Verständnis.
Meury Christoph meint
Auch wenn die Medien «Die Sau täglich durchs Dorf treiben», läge es doch an der Politik hier Remedur zu schaffen. 64 Landrätinnen und Landräte haben die Landratspräsidentin gewählt, ergo müssen sie sich jetzt hinter diese Wahl und damit die Landrätin Gaugler stellen, oder sie müssen die Fortsetzung des Mandats in Frage stellen. Auf Tauchstation zu gehen, um abzuwarten was passiert und wie sich Frau Gaugler entscheidet, ist verantwortungslos. Die Landrätinnen und Landräte beweisen dadurch nur Führungsschwäche.